Das neue Schwaketenbad ist auf dem Weg
Bei seiner letzten Sitzung nahm der Konstanzer Gemeinderat eine erste Weichenstellung für das neue Schwaketenbad vor. Man ist mehrheitlich fest gewillt, ein neues, wesentlich größeres Bad zu errichten, das für die nächsten 30 bis 50 Jahre konzipiert ist. Allein die zu erwartenden jährlichen Betriebskosten könnten diese Pläne noch schrumpfen lassen.
Der erste Schritt ist getan, und die Planung kann beginnen. Es findet ab sofort eine europaweite Ausschreibung nach der Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen (VOF) statt, und Architekten sind aufgerufen, Pläne für ein neues Schwimmbad einzureichen. Gefordert werden zwei Varianten: Die Variante 4 (sie heißt so, obwohl es nur noch zwei Varianten gibt) sieht ein Bad vor, das ähnliche Becken hat wie das bisherige Bad und zusätzlich noch ein zweites Schwimmerbecken mit sechs 25-Meter-Bahnen bietet. Außerdem soll das Bad die ohnehin schon für das alte Schwaketenbad geplante zweite Wasserrutsche sowie ein Lern- und Kursbecken fürs Schwimmenlernen, Aquajogging und ähnliche Angebote erhalten. Eine angedachte 50-Meter-Bahn ist aus dem Spiel, weil sie für Schulen und Vereine unzweckmäßig und zudem unverhältnismäßig teuer ist. In Variante 4 würde sich die Wasserfläche von bisher 842 auf 1370 Quadratmeter erhöhen.
Mehrbedarf ist da
Zusätzlich sollen die Architekten auch noch eine abgespeckte Variante 1 planen, einfach für den Fall, dass die zu erwartenden jährlichen Betriebskosten der Variante 4 zu hoch werden – und ein wenig Taktik ist auch dabei (s. u.). Der weitere Zeitplan sieht übrigens für den 18.7.2016 das Preisgericht vor, das die eingereichten Entwürfe bewertet, und am 29.9. soll der Gemeinderat den Bau des neuen Bades in der dann favorisierten Variante beschließen.
Die Notwendigkeit für ein größeres Bad ist unbestritten: Immerhin stieß das alte Schwaketenbad längst an seine Grenzen und hatte seine Besucherzahlen in den letzten 10 Jahren noch einmal verdoppelt, auf zuletzt 200 000 Gäste pro Jahr. Auch Vereine, Schulen und Hochschulsport melden Mehrbedarf an, und die Konstanzer Schwimmerinnen und Schwimmer hätten gern längere Öffnungszeiten. Bisher war das Bad unter der Woche oft für Schulen und Trainings reserviert und daher für den Normalmenschen nur zeitlich eingeschränkt zugänglich. Man denke bei größeren Becken aber auch an den gesteigerten Hausfrieden unter Konstanzer Dächern, wenn an verregneten Wochenenden einzig und allein ein ausgiebiger Ausflug ins Schwimmbad den Nachwuchs so weit ermatten kann, dass er schließlich Ruhe gibt. All‘ das braucht Platz.
Versicherung zahlt
Die Baukosten, die sich natürlich erst dann halbwegs beziffern lassen, wenn man sich im Herbst für eine der von den Architekten eingereichten Planungen entscheidet, bereiten der Stadtverwaltung kaum Sorgen. Das alte Schwaketenbad war versichert, und Robert Grammelspacher, Geschäftsführer der Bädergesellschaft Konstanz, rechnet mit mindestens zwölf Millionen Euro Versicherungssumme, die dann für den Neubau verwendet werden können.
Bedenklicher stimmt ihn und die Gemeinderätinnen und -räte, dass bei einer Vergrößerung des Bades die jährlichen Betriebskosten deutlich steigen werden. Eins sei vorweg geschickt: Hallenbäder wie das Schwaketenbad sind nicht kostendeckend zu betreiben und müssen von den Kommunen bezuschusst werden. Der jährliche Zuschuss für das Schwaketenbad müsste voraussichtlich um rund 800 000 Euro auf etwa 2 500 000 Euro steigen, wenn man das größere Bad verwirklicht, und dies trotz voraussichtlich höherer Besucherzahlen. „Mehr Bad kostet auch mehr Geld,“ sagte Oberbürgermeister Uli Burchardt, „und die Finanzdiskussion muss bis zum Sommer geführt werden.“
Dies könnte der größeren Variante 4 noch den Hals brechen. Aber das will eigentlich niemand.
Betriebskosten steigen
Die Beschlussvorlage für den Gemeinderat hatte gefordert, die Mehrkosten über Mehreinnahmen auszugleichen. Kurzum: Die Eintrittspreise sollen steigen. Robert Grammelspacher schlug etwa vor, das Rabattsystem zu durchforsten und auch den Bäderpass zu ändern (Grammelspacher grummelte bei dessen Erwähnung hörbar), der Vielschwimmern für 250 Euro und Familien für 310 Euro jährlich beliebig viele Eintritte in Konstanzer Schwimmbecken ermöglicht.
Insbesondere Anke Schwede (LLK) konnte sich mit der geplanten kompletten Finanzierung der Mehrkosten über höhere Eintrittspreise nur bedingt anfreunden und beantragte erfolgreich, nur eine anteilige Finanzierung über höhere Eintrittspreise zu beschließen. „Es kann nicht angehen,“ sagte sie, „dass die Mehrkosten nur durch eine – vermutlich drastische – Erhöhung der Eintrittspreise finanziert werden sollen. Außerdem regen wir an, InhaberInnen des Konstanzer Sozial- bzw. Pflegefamilienpass den kostenfreien oder stark ermäßigten Eintritt in das Schwaketenbad zu gewähren. Eine Abschaffung der Bäderpässe und eine Absenkung der Altersgrenze für die Zahlungspflicht für Kinder kommen für uns nicht in Frage. Die Stadt Konstanz hat eine Daseinsvorsorgepflicht gegenüber ihren Bürgerinnen und Bürgern, das heißt, sie muss auch das Schwimmen in öffentlichen Hallen- und Freibädern zu erschwinglichen Preisen ermöglichen.“ Auch Gisela Kusche von der FGL machte sich für bezahlbare Eintrittspreise speziell für Familien stark.
Taktische Varianten
Letztlich ist die kleinere Variante 1, die niemand im Rat ernsthaft will, wohl deshalb in der Ausschreibung geblieben, weil dies der Stadt Konstanz taktische Vorteile verschafft. Die Verwaltung plant offensichtlich, insbesondere mit der Universität, die das Bad für den Hochschulsport intensiv nutzt, über erheblich höhere Zuwendungen zu verhandeln und auch Vereine stärker zur Kasse zu bitten. „Alle, die Wünsche haben, sollen sagen, welchen Beitrag sie zu deren Verwirklichung leisten können,“ nahm Uli Burchardt die institutionellen Nutzer des Schwaketenbades in die Pflicht. Sollten also Vereine wie Universität zwar Ansprüche an den Neubau stellen, sich aber als zu knauserig erweisen, kann man ihnen immer noch mit der kleinen Variante 1 drohen, vor allem deshalb lässt man diese Variante jetzt in der Ausschreibung. Erpressung ist das natürlich nicht, aber taktisch nicht ungeschickt. Wie hieß es doch so treffend im ‚Paten‘? „Ich mache ihm ein Angebot, das er nicht ablehnen kann.“
Im Gemeinderat gab es 36 Ja-Stimmen für die europaweite Ausschreibung zur Planung des neuen Schwaketenbades in der größeren plus der kleineren Variante, lediglich Roland Wallisch (FGL) und ein CDUler enthielten sich.
O Pugliese
Die zu erwartende Stadterweiterung am Hafner macht ein größeres
Bad notwendig.Dabei soll die soziale Komponente (s.o.)hohe
Priorität haben.Das heißt zahlbar für alle und nicht nur für das
zahlungskräftige Spaßpublikum.Ausserdem eine bessere Begehbarkeit der Becken mit Stufen und nicht steilen Hennenleitern.
Ich vermisse das Bad sehr und hoffe daß es endlich mal voran geht.
Die Stadt Uster/Schweiz, zweieinhalbmal kleiner als Konstanz (eine Fahrstunde nach Uster), baut ein neues Hallenbad für 38 Millionen Franken. Nun kann man weder „kleiner“, noch „Schweiz“, mit Konstanz/Deutschland vergleichen. Vor 30 Jahren stürzte übrigens in der zürcherischen Gemeinde für viele Badegäste tragisch endend das Dach des alten Sportbades ein. Nun wird ein 50 m-Becken zum derzeit bestehenden kleinen Familien- und Sportbad gebaut (10 Schwimmbahnen, 700 Zuschauersitzplätze, 50 m in 2 x 25 m aufzuteilen). Das Interesse an olympischen 50 Metern korrespondiert dabei mit dem CH-Schwimmverband, der sich in Uster einen „Stützpunkt“ einrichten möchte. Auch das ist wiederum nicht mit Konstanz zu vergleichen – es sei denn, der Universitätssport oder Sparta u.a. haben schwimmsportlich grössere Ambitionen.
Wenn von Betriebskosten gesprochen wird, so bezieht sich das besonders auch auf Energiekosten. Uster legte den Bürgern zur Abstimmung zwei Varianten vor: Eine „normal“ Energie verbrauchende Lösung und eine teurere Variante mit deutlich besserer Energieeffizient. Die Abstimmenden bevorzugten die teurere Lösung, um auf Dauer über einen geringeren Energieverbrauch die Betriebskosten nicht ausufern zu sehen. Diese Einsicht kann auch zu einer guten Konstanzer Lösung mit beitragen.
In Kreuzlingen war unlängst die Erweiterung des bestehenden Egelsee-Hallenbades (Thermal!) von den Abstimmenden nicht goutiert worden. Das ausgereifte städtische Projekt sah wie in Uster ein 5o m-Becken vor. Mit der Abstimmungs-Gegenpropaganda: „Lieber die Steuern senken“, nahm das Schicksal dann seinen Lauf! Nun möchte sich die Schulgemeinde alleine an den Bau einer – seltsamen – 33-Meter-Anlage machen. Dies nur zur Information, was sich in der Nachbarstadt in Sachen „Wasser“ tut. Vielleicht kann man sich austauschen in einem Komplex, der von einer Bevölkerung, von Institutionen und Räten, Mut verlangte, seit es Bäder gibt, um etwas Gescheites auf die Beine zu stellen! Dass damit eingebettet auch das Soziale seinen Stellenwert bekommen muss, ist heute selbstverständlich.
Herr Grammelspacher, ein Mann, ganz nach dem Geschmack OB Burchhardts. Er denkt „wirtschaftlich“ auf Kosten der Bevölkerung. Das Alter für Zahlungspflicht bei Kindern abzusenken ist ebenso asozial wie die Mehrausgaben komplett über die Eintrittsgelder wieder einzunehmen oder gar die Bäderpässe abzuschaffen, die vorwiegend Familien oder RentnerInnen in Anspruch nehmen. Ältere Menschen nutzen diesen Pass vorwiegend, um durch regelmäßiges Schwimmen fit zu bleiben oder um den Alltag abwechslungsreicher zu gestalten. Häufig sparen diese sich das Geld von einer kleinen Rente ab oder erhalten den Pass als Geschenk von der Familie, denn ein „Schnäppchen“ ist er nun auch nicht gerade. Der Bäderpass soll Einheimischen schließlich einen kleinen Vorteil verschaffen. Ich werde das dumpfe Gefühl nicht los, dass hier eine weitere „Attraktion“ für unsere Schweizer Freunde geplant wird, denn für diese sind unsere Entrittspreise, auch erhöht, „Peanuts“. Frau Schwede und Frau Kusche sollen sich auf keinen Fall „unterbuttern“ lassen, schließlich ist der Gemeinderat gewählt, um sich für die Bedürfnisse und Interessen der Bevölkerung einzusetzen. Auch wenn der Großteil dies seit 2012 immer mehr zu vergessen scheint. Oder müssen diesmal die Konstanzer Senioren laut werden?