Das Seenachtfest soll neu erfunden werden
Der neu gewählte Gemeinderat trat gestern zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen und hielt anschließend gleich seine erste „normale“ Sitzung ab. Der OB sinnierte dabei über ein neues Konzept für das Seenachtfest ab 2020, und das wohl kaum um des lieben Klimas willen. Ein ganzes Jahr lang wollen etliche Gemeinderätinnen allerdings nicht mit einer sanitären Lösung für das Schänzle warten, denn den dortigen Anwohnern (und nicht nur denen) stinkt es schon seit geraumer Zeit ganz gewaltig.
Dass das Schänzle vor allem von KonstanzerInnen vielfältig genutzt wird, ist nicht neu. Ebenso wenig neu ist, dass zu diesen Nutzungen auch die als öffentliche Bedürfnisanstalt zählt. Mochte der römische Kaiser Vespasian in Bezug auf die Abgaben für Stehendpinkler noch leichthin „non olet“ („das riecht nicht“) gesagt haben, so gilt das für die menschlichen – und tierischen – Hinterlassenschaften am Schänzle ganz und gar nicht. Die olfaktorische Belästigung erreicht gerade in den Sommermonaten ein nicht mehr duldbares Maß. Ein offener Brief von Tobias Engelsing brachte jetzt wieder Bewegung in die Angelegenheit und den Gemeinderat.
KOD gegen Kot
Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn hatte den Ernst der Stunde und des Volkszorns offenkundig nicht recht erkannt, als er ein wenig selbstgefällig in die Runde warf, dank des intensiven Einsatzes der Sheriffs des KOD (Kommunalen Ordnungsdienstes) sei die Lärm- und Fäkalbelästigung schon erheblich zurückgegangen. Nach seiner Darstellung sei es zudem nicht ganz einfach, dort Toilettenwagen aufzustellen, da es an den dazu nötigen Anschlüssen fehle. Und Dixieklos würden erfahrungsgemäß doch nur demoliert oder umgeworfen, was das Elend eher verschlimmere als heile. Aber er wolle sich bis nächsten Sommer etwas überlegen.
Das war den Stadtvätern und -müttern aber deutlich zu wachsweich, und so forderte denn unter anderen Holger Reile (LLK), die Toilettenhäuschen wenigstens mal auszuprobieren, und zwar pronto. Am Ende sagte das die Verwaltung auch zu, und Oberbürgermeister Uli Burchardt regte an, die Dinger vielleicht einfach gut im Boden zu verankern.
Ein nettes Detail zu diesem Thema warf der Gemeinderats-Novize und erfahrene Stadtführer Daniel Groß (CDU) in die verblüffte Runde: Richtige Toilettenwagen, die etwas die Stadtwerke Konstanz vermieteten, seien langfristig vorgebucht, so dass die Stadt darauf für eine schnelle Lösung nicht setzen könne. Erst wird die Bahn immer unpünktlicher, und dann gibt es auch noch keine Klos. Armes Deutschland!
Ein wichtiges Thema in Sachen Schänzle kam dieses Mal leider nicht zur Sprache: Das aus hygienischen und moralischen Gründen unerlässliche Totalverbot für Hunde, die sich ja dank ihrer angeborenen Dämlichkeit nicht auf die Klos verfügen können, um ihr Wasser abzuschlagen, sondern weiterhin lustvoll-verschlagen die Wiese und die anliegenden Vorgärten vollstrullen werden. Wie gesagt, sie können nichts dazu, denn sie haben einfach nur ein paar Evolutionssprünge verpasst.
Keine Titanic
Auf dem über Advent im Konstanzer Hafen vertäuten Weihnachtsschiff wird es keine Verkaufsstände und keine ausladende Deko geben. Die Feuerwehr hat ihr Veto dagegen wegen mangelnder Fluchtmöglichkeiten bei einem Feuer eingelegt, und die Verwaltung wird tun, was die Feuerwehr ihr empfiehlt. Also wird auf dem Schiff auch in Zukunft Gastronomie zu finden sein, aber mit Verkaufsständen an Bord ist in Zukunft nichts (mehr).
Seenachtfest ohne Absperrungen
Es ist – so darf man vermuten – nicht der Sorge um das Klima geschuldet, dass das Seenachtfest auf der Kippe steht, sondern eher der Unzufriedenheit der Veranstalter. Zumindest legte das eine Einlassung von Uli Burchardt nahe. Er verkündete, dass das Seenachtfest 2019 wie gehabt „mit einem der größten Seefeuerwerke Europas“ stattfinden werde (zaghafte Buhrufe aus dem rot-rosa-grünen Lager), während der Vertrag für 2020 wohl auf Wunsch der Veranstalter aufgelöst werden kann.
Das soll aber nicht das Ende des Seenachtfestes bedeuten, sondern dessen Neuerfindung durch die smarten MitarbeiterInnen von Eric Thiels Marketing und Tourismus Konstanz GmbH. Dem Oberbürgermeister schwebt dabei ein selbstorganisiertes Volksfest ohne Eintritt und Absperrungen vor, bei dem auch das Kulturamt mitwirken soll. Doch beim Gedanken an Kultur wird vielen Menschen ja (zurecht!) übel, deshalb denkt der OB auch an einen DJ, der dann vielleicht doch Eintritt kostet und zusammen mit Horden tanzwütiger Nachtschwärmer die Beschallung der Innenstadt übernehmen darf.
O. Pugliese (Foto: Walter Rügert, Stadt Konstanz)
Bild: Nina Röckelein (FGL), Wolfgang Müller-Fehrenbach (CDU) und Uli Burchardt (Knopf im Ohr) baten die Mitglieder des neuen Gemeinderates zum Fahneneid.
Die Stadt Konstanz veranstaltet eine Umfrage im Internet zum Seenachtfest. An der Umfrage können Sie hier teilnehmen.
Wurde aber auch Zeit !
Ich finde es auch jedes Jahr befremdlich wenn bei einem „Stadfest“ gefühlt halb Konstanz in der Schmugglerbucht vorm Zaun steht um sich das Feuerwerk anzuschauen. 23 euro Eitritt pro Nase (ab 12) sowie Touristen-Preise für Essen, scheinen wohl doch zu viel gewesen zu sein um sich die diversen regionalen Blaskapellen anzuhören.
(In meiner sehr viel ärmeren Heimatstadt Gernsbach gibt es auch jedes Jahr ein Stadtfest mit Fressbuden, Gauklern, Blasmusik und Feuerwerk. Eintritt frei!)
„Doch beim Gedanken an Kultur wird vielen Menschen ja (zurecht!) übel“.
Wenn selbst Menschen, die schreiben können, so an jeder Art kultureller Bildung vorbeigeschrammt sind, steht es wahrlich schlecht darum. Was ein dumpfes, langweiliges Leben, so ganz ohne Musik, Theater, Kunst, Film, Tanz …