Das Streichkonzert wird schmerzhaft, aber öffentlich

Man merkte die Absicht – und war erfreut: Die Konstanzer Verwaltungsspitze will neuerdings den Eindruck vermeiden, Sparbeschlüsse würden unter Ausschluss der Öffentlichkeit beratschlagt. Und ein zweites Signal war den Bürgermeistern auf der eilig einberufenen Pressekonferenz wichtig: In der Stadtkasse herrsche zwar Ebbe, aber anderswo sei ‚Land unter‘. „Verglichen mit vielen vergleichbaren Kommunen jammern wir in Konstanz auf hohem Niveau“, so OB Frank in der Bewertung der Gemeinderats-Klausur vom vergangenen Wochenende.

Die Haushaltsklausur war nötig geworden, da der Stadt im nächsten Jahr ein Defizit von 24 Millionen Euro droht. Neben geringeren Einnahmen aus der Gewerbesteuer – von 62,6 Mio.€ in 2009 auf 47 Mio.€ in 2010 – kommt hinzu, dass Konstanz in diesem Jahr viel weniger Geld aus dem Finanzausgleich erhält. Zumal keine „wahnsinnige Verschuldung“ der Stadt angestrebt werde, wie OB Frank betont. Die Netto-Neuverschuldung soll 2011 rund sieben Millionen und 2012 immer noch 2,9 Millionen Euro betragen.

„Drei schwierige Jahre stehen uns bevor, aber schon 2012 geht es wieder aufwärts“, verkünden Horst Frank, die Bürgermeister Claus Boldt und Kurt Werner sowie Stadtkämmerer Hartmut Rohloff wie aus einem Munde. Und machen sich wie der Öffentlichkeit schon wieder Mut. Bis dahin aber wird kräftig zur Kasse gebeten: Grund- und Gewerbesteuer, aber auch Kurtaxe und Vergnügungssteuer, Abwasser- und Bestattungsgebühren sollen erhöht, 1,1 Mio Euro am Personal allein bei der Stadtverwaltung eingespart und etliche Bauprojekte „gestreckt“ werden.

Bis zu 150 Euro mehr für den Familienvater

Während sich Stadträte und Verwaltungsspitze auf der Klausurtagung über diese Eckpunkte offensichtlich weitgehend einig waren, gibt es weiterhin Streit über die Höhe der Erhöhungen. Zum Beispiel bei den Steuern: Eine Aufstockung des Hebesatzes bei der Grundsteuer um 100 Punkte würde einen Familienvater im Einfamilienhaus bis zu 150 Euro jährlich an Mehrkosten bescheren; im Gespräch ist eine Erhöhung um 75 Punkte. Oder bei der Gewerbesteuer: 10 Punkte mehr beim Hebesatz spült 720.000 Euro zusätzlich in den Stadtsäckel – im Gespräch ist wohl eine Anhebung von 10 bis 20 Punkten, allerdings wurde auch die Forderung nach einer 30-Punkt-Erhöhung laut. Bei beiden Steuerarten übrigens liegt Konstanz im unteren Drittel der Abgabenlast aller Gemeinden in Baden-Württemberg. Beachtenswert in diesem Zusammenhang ist die Forderung von Horst Frank, die Gewerbesteuer für Freiberufler zu öffnen, was zu ändern aber nicht in kommunaler Kompetenz liegt.

Steigen die Preise für Bus und Fähre?

Auch Einrichtungen wie die Technischen Betriebe, das Theater, die Philharmonie, die Musikschule, die Bäder, das Stadtmarketing und die Tourist-Information sollen einmalige, wohl nur für 2011 geltende, Einsparungsbeiträge leisten. Die Preise für Strom, Gas und Wasser hingegen werden nicht angehoben werden – ob es Preiserhöhungen bei Fähre und Bus geben wird, will das Management der Stadtwerke noch nicht verraten. Da aber die Tochterbetriebe der Stadt – so auch Wobak und Stadtwerke – zu höheren Abführungen an die Stadt verpflichtet werden sollen, muss mit höheren Preisen auch für Pendler und Schüler im öffentlichen Nahverkehr gerechnet werden.

Vereine und Initiativen werden verschont, Schulen aber müssen warten

Die Verwaltungsspitze betonte mehrfach, dass bestehende Strukturen grundsätzlich erhalten bleiben sollen. Dies schließe die Beibehaltung der Zuschüsse für Vereine und Initiativen ein. Deutliche Prioritäten will man zudem („wie schon in der Vergangenheit“) in den Bereichen Bildung und Soziales setzen. So sollen die Schulen und der Ausbau der Betreuungsplätze für unter Dreijährige deutliche Investitionsschwerpunkte bleiben. Konkret heißt das jedoch, dass die Mittel für die Planung der Pestalozzischule sowie für die Planung der Turnhallen der Theodor-Heuss-Realschule und das Suso-Gymnasium erst 2012 stattfinden. Der Bau zusätzlicher Schulräume für die Geschwister-Scholl-Schule soll dann in den Jahren 2013/2014 passieren.

Auch weitere Baumaßnahmen sollen zurück gestellt werden: Investitionen wie die Begegnungszone am Bahnhof oder der Haltepunkt Sternenplatz rücken in weite Ferne oder werden zunächst nur bruchstückhaft realisiert.

Festhalten will man hingegen an der Investitionsentscheidung für das Klinikum. Originalton Bürgermeister Boldt: “Wir streben schnellstens einen ausgeglichenen Haushalt im Krankenhaus an“. Und: „Eine Rücknahme der Entscheidung, das Vinzentius-Haus ins Klinikum zu integrieren, steht nicht an“. Zudem: „Eine kommunale Zukunft für das Klinikum hat Priorität – die private Schiene ist für uns keine Option.“ Die Kooperationsverhandlungen mit Friedrichshafen und Singen seien auf gutem Weg; erste Entscheidungen könnten ab November im Kreistag erwartet werden.

In Zukunft wird öffentlich diskutiert

Nächste Station für das Streichkonzert ist die Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses bei seiner öffentlichen Sitzung am 7. Oktober. Immer wieder betonten die Bürgermeister, dass die Klausursitzung keine Haushaltsberatungen ersetzen könnten. Die nämlich fänden im öffentlichen Rahmen statt. Dies betrifft sowohl die Vorberatungen in den Ausschüssen wie auch die entscheidende Gemeinderatssitzung, in der dieser Haushalt verabschiedet wird. Bürgerinnen und Bürger sind bereits jetzt zu diesen Sitzungen eingeladen.

Bravo. Die Mäkelei der Medien (zuerst auf SeeMOZ am 22.7.) wirkt manchmal doch. In Zukunft werden Sparmaßnahmen auch in Konstanz öffentlich und kostenschonend diskutiert.

Autor: Hans-Peter Koch