Datenklau in der Stadtverwaltung
Der Verdacht wiegt schwer: Sind im Konstanzer Sozial- und Jugendamt illegal Personal(neben)akten angelegt worden? Gibt es solche Akten womöglich auch in anderen Ämtern? Geht es nur um Datenschutz oder sind auch andere Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten betroffen? Wer kontrolliert das in Zukunft? Der Personalrat wird aktiv und fordert die Verwaltungsspitze auf, verbindliche Regelungen zu vereinbaren. So viel ist sicher: Dem Datenklau wird in Zukunft ein Riegel vorgeschoben
Ihren Anfang nahm die skandalöse Geschichte schon vor einigen Monaten: Da wurden im Sozial- und Jugendamt der Stadt Konstanz sogenannte Personalnebenakten entdeckt, die offenkundig vom vormaligen Amtschef Jürgen Treude angelegt worden waren – Akten also, die Informationen über Mitarbeiter enthielten, die, so die neue Amtsleiterin Ute Seifried auf Nachfrage gegenüber der Linken Liste (LLK) „da nichts zu suchen haben“: Über Krankheiten, Krankheitsgründe, über andere Fehlzeiten und deren (vermutete) Gründe. Seifried reagierte korrekt und fair, informierte die betroffenen Beschäftigten und gewährte ihnen Einsicht in die geheimnisvollen Akten.
Wo gibt es welche Geheimakten?
Das rief unverzüglich den Personalrat auf den Plan. In seiner „PR-Info“ an alle Mitarbeiter bekräftigte er schon im vergangenen Oktober, dass seiner Rechtsauslegung gemäß nur das Personalamt berechtigt sei, Personalakten zu führen – zusätzliche Aufzeichnungen der Amtsleiter seien nicht zulässig. Mehr noch: In seiner Veröffentlichung äußerte der Personalrat (PR) den Verdacht, dass solche Personalnebenakten auch in anderen Ämtern der Stadt angelegt worden sein könnten.
Das Personalamt sieht das anders: Personalchef Thomas Traber meint, solche zusätzlichen Aktennotizen dürfe es grundsätzlich geben, sie seien zum Beispiel bei Beförderungsfragen oder Entscheidungen zur Höhergruppierung durchaus nützlich. Allerdings ist auch er der Meinung, dass für die Zukunft geklärt werden müsse, was solche Akten enthalten dürfen und wer Zugang zu ihnen haben darf.
Neuregelung wird verhandelt
Oberbürgermeister Uli Burchhardt als Chef der Stadtverwaltung war also gefragt. Auch er sah Handlungsbedarf und wollte zunächst in einer Dienstanweisung die offenen Fragen klären. Das jedoch reichte dem Personalrat nicht: Er will eine Dienstvereinbarung, einen Vertrag zwischen Verwaltungsspitze und Arbeitnehmervertretung also, in der zweifelsfrei geklärt wird: Wer darf solche Personalnebenakten anlegen? Was darf da drin stehen? Wer hat wann Zugang zu solchen Nebenakten? Und auch: Welche Möglichkeiten werden vereinbart, solche Akten wieder zu bereinigen, wenn beispielsweise unwahre Interpretationen darin auftauchen? Die Verhandlungen zu einer solchen Dienstvereinbarung laufen gegenwärtig.
Denn es ist ja durchaus zu fragen, ob nur Fragen des Datenschutzes berührt sind. Oder ob auch Persönlichkeitsrechte der betroffenen Mitarbeiter betroffen sind. Wenn zum Beispiel über Jahre hinweg in bürokratischer Sammelwut sämtliche Mails, sämtliche Schreiben einzelner Beschäftigter abgeheftet werden, muss schon hinterfragt werden, wer warum solches Wissen anhäufen will.
Offensichtlich wird es Zeit, dem Drang nach Herrschaftswissen einzelner Amtsleiter einen Riegel vorzuschieben. Deshalb ist es sinnvoll, dass jede(r) Beschäftigte schon jetzt sein Recht auf Einsicht in seine sämtlichen Personalakten einfordert. Denn es geht um mehr als nur um Datenklau.
Autor: hpk