Demonstranten stehen (aber laufen auch) im Regen

Gut 100 Jugendliche und damit deutlich weniger als von den Organisatoren erwartet, demonstrierten am Samstag durch Konstanz. Studentische Organisationen hatten zu der Demo „Wohnraum für alle“ aufgerufen. Die Problematik steht seit Monaten auf der politischen Tagesordnung, wurde von den meisten Medien aber erst vor einer Woche entdeckt. „Wohnraum ist Menschenrecht und keine Ware“, war die politische Losung. 

Pünktlich um 17 Uhr zu Demobeginn setzte der Starkregen auf der Marktstätte ein; die knapp mehr als 100 jungen Frauen und Männer waren im Nu durchnässt – und ihre Manuskripte auch. Das konnte die fröhlich-kämpferische Stimmung jedoch nicht schmälern. Auftaktredner Ryk Fechner, der für die linksjugend[‘solid] sprach, geißelte die städtische Wohnraum-Politik: “Wer als Studi in Konstanz lebt, lebt vom Wohlwollen der Eltern, im günstigsten Fall hat er/sie einen 400-€-Job und im allergünstigsten Fall vielleicht noch BaföG. Es kann nicht sozial sein, dass dieser Mensch von 400,-€, die er/sie netto verdient, allein 300 an Miete abdrücken muss. Das ist Abzocke bei den Ärmsten dieser Gesellschaft“.

Der Protestmarsch führte durch die Innenstadt nach Petershausen in die Gottfried-Keller-Straße, wo seit über einem Jahr ehemalige Studentenbuden leer stehen. Auch ein Beschwichtigungsversuch im „Südkurier“ tags zuvor konnte die Studenten nicht beruhigen. Verschiedene Redner verwiesen darauf, dass hier „bezahlbarer Wohnraum aus Prinzip unbezahlbar gemacht wird“, indem der Bund als Besitzer dieser Wohnblöcke die einstigen Studentenzimmer in Beamten-Wohnungen umwidmet. „Ein zweijähriger Leerstand wertvollen Wohnraums in einer Stadt mit extremer Wohnraumnot ist ein Skandal“.

Endpunkt der Demonstration war das Cherisy-Gelände, auf dem die „Neue Arbeit“ seit Jahren vergeblich versucht, öffentliche und längst zugesagte Gelder für die notwendige Sanierung von Studentenbuden zu erhalten – studentischer Wohnraum ist auch hier akut in Gefahr.

Angesichts solcher Missstände, unter denen nachweislich weit mehr als 15.000 Studentinnen und Studenten in Konstanz leiden, war die Beteiligung an der Demonstration dann doch enttäuschend. Zumal Ryk Fechner, der Auftaktredner, darauf verwies, dass es um bezahlbaren Wohnraum für alle gehe. „Denn in einer Studierenden-Stadt müssen auch Geringverdienende, Schülerinnen und Schüler, Erwerbslose und Obdachlose mit den Folgen von Mietabzocke leben. Es gilt, die Bedingungen aller dieser Bevölkerungsgruppen dauerhaft zu verbessern. Für sie alle sind wir heute auf der Straße.“ Aber nur eine Handvoll von Passanten reihte sich in den Demonstrationszug ein.

Doch die StudentInnen geben nicht klein bei: Weitere Aktionen – und nicht nur Demonstrationen – sind geplant. Abwarten – seemoz berichtet.

Autor: hpk

 

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