Der 8. März ist ein Weltfrauen(kampf)tag

Weltweit ähneln sich die Leben von Frauen dadurch, dass sie betroffen sind von Ungleichbehandlung und Diskriminierung, gesellschaftlichen Rollenzuweisungen und existentiellen Bedrohungen von Männern. Gleichzeitig unterscheiden sich ihre Leben weltweit mitunter sehr stark, durch das Ausmaß der Ungleichheiten, Bedrohungen oder zusätzlicher Diskriminierung aufgrund weiterer Merkmale und Umstände. Frauenrechte sind die größte Herausforderung der Menschenrechte, da ihre Verletzungen einer global tradierten Normalität unterliegen. Zudem sind Frauen zwar keine Minderheit, aber die größte marginalisierte Gruppe.

Frauen kämpfen weltweit selbst für ihre Rechte, das sind kleine oder große Kämpfe. Manchmal sind es auch „kleine“ Zeichen, die die große zerstörerische Wirkung männlicher Machtdemonstrationen zeigen. Im September 2022 wurde die 22-jährige, aus der kurdischen Provinz stammende Jina Amini von der iranischen Sittenpolizei verhaftet und totgeschlagen, weil sie den gesetzlich vorgeschriebenen Hidschāb nicht richtig trug. Ein Stück Stoff, ein kleines Zeichen, das über Leben und Tod einer Frau entscheiden kann.

Jin, Jiyan, Azadi : Der Kampf um Frauenrechte ist vereinend

Der Tod von Jina Amini hat im Iran nicht anhaltende Proteste ausgelöst, die getragen werden von vielfältigen Teilen der iranischen Bevölkerung; das ist erstmalig. Die Proteste stehen unter dem Motto kurdischer Kämpfer:innen „Jin, Jiyan, Azadi“ (Frauen, Leben, Freiheit), weil die Befreiung einer Gesellschaft nur mit der Befreiung von Frauen einhergehen kann, so ein Leitspruch der kurdischen Kämpfer:innen. „Jin, Jiyan, Azadi“, aus kurdischen Kampfgebieten stammend, wurde letzten Winter auch auf das Brandenburger Tor projiziert.

Das ist schön. Schöner wäre eine konsequente Unterstützung der iranischen Kämpfe für Frauen- und Menschenrechte und eine Unterstützung der kurdischen Kämpfe in Nordsyrien gegen den Islamischen Staat und die Angriffskriege des türkischen Militärs. Oder gar die Entkriminalisierung der kurdischen Freiheitsbewegung in Deutschland, die eine starke Frauenbewegung enthält. Derweil nimmt die Gewalt gegen die Menschen im Iran zu, aktuelle Meldungen berichten von systematischen Vergiftungen von Mädchen in Schulen. Und in Nordsyrien bombardiert das türkische Militär munter weiter, trotz Völkerrechtsverletzung, trotz Erdbeben, trotz oder wegen „Jin, Jiyan, Azadi“.

Ein Stück Stoff, ist nur ein Stück Stoff

Ein Stück Stoff, den Frauen tragen oder nicht tragen, den sie richtig oder falsch tragen, ist nie und nirgends nur ein Stück Stoff. Eigentlich gehört es hier nicht hin, erwähnen will ich es dennoch, bevor falsche Schlüsse gezogen werden, wie der, dass Kopftuch und Frauenrechte oder Feminismus unvereinbar seien. Am 1. Juli 2009, erstach ein biodeutscher Rassist im Dresdner Landgericht eine junge Frau aus Ägypten, weil sie ein Kopftuch trug.  Seit diesem Mord ist der 1. Juli der „Tag gegen antimuslimischen Rassismus“.

Frauenrechte – einen Schritt vor und drei Schritte zurück

Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitut Ipsos von 2022 zufolge glaubt jeder dritte Mann, dass Feminismus mehr schade als nütze und, dass die traditionelle Männlichkeit bedroht sei. Zehn Prozent glauben, dass es die Pflicht einer jeden Ehefrau sei, mit ihrem Ehemann Sex haben zu müssen, auch wenn ihr nicht danach sei. Die Umfrage wurde in dreißig Ländern erhoben.

Der Anstieg von sexualisierter Gewalt und Femiziden ist ein Rückschritt. Die Zunahme von Armut und Altersarmut unter Frauen und die immer noch ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen ist ein Rückschritt. Immer noch ist es normal, dass Männer über Frauenrechte entscheiden, ob beim Thema Abtreibung, Sitte und Moral, oder Arbeitsbedingungen – das ist ein toxischer Stillstand. Die Zunahme rechter und offen misogyner Politik und Diskurse (in Russland, der Türkei, Ungarn, Polen, Italien … in Deutschland mit der AfD) ist ein massiver Rückschritt.

Frauenrechte bewegen sich wie alle Minderheitenrechte mal ein Schritt vor und wieder einige zurück. Auch in Ländern, die gesetzliche Gleichstellung anstreben, die die Frauenrechtskonvention oder die Istanbuler Konvention ratifiziert haben, scheitern die konsequenten Umsetzungen bei der Gleichstellung aller Geschlechter. Die Ursachen sind vielfältig. Zusätzlich treffen Krisen, Kriege und Katastrophen Frauen immer stärker und werfen sie zurück.

Krisen, Kriege, Katastrophen

In der Corona-Krise haben geschlechtsbezogene Ungerechtigkeiten weltweit zugenommen, so zum Beispiel die häusliche Gewalt gegen Frauen oder zusätzlich geleistete Hausarbeit von Frauen und Mädchen. Auch dass Frauen bei Kriegen und Katastrophen anders betroffen sind, ist hinlänglich bekannt, dennoch werden ihre Belange nicht berücksichtigt, wie beispielsweise die Schaffung von sicheren Fluchtrouten für Frauen aus Kriegs- und Krisengebieten. Dies haben wir bisher einmalig nach dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs hinbekommen. Aber auch hier werden schon die rechten und opportunen Stimmen wieder laut, und wettern entweder gegen Geflüchtete oder bestreiten mit dem Thema unlautere Wahlkämpfe.

Der 8. März, ursprünglich von sozialistischen Arbeiterinnen initiiert, steht für vielfältige Frauenkämpfe und erinnert daran, dass Frauen und Fintas für ihre Rechte noch lange und vor allem selbst kämpfen müssen, in einer Welt in der wir eigentlich mühelos geschlechtsneutral und gleichberechtigt leben könnten.

Text: Abla Chaya
Foto: https://jup.berlin/frauenrechte