Der gallische Hahn

Die Vorgruppenphase bei der WM in Südafrika schleppte sich ziemlich müde dahin. Nicht nur müde, sondern einfach grottenschlecht präsentierten sich die französischen Balltreter um Franck Ribery und schieden kläglich aus dem Turnier. Der Kabarettist Thomas  C.Breuer hat sich darüber seine Gedanken gemacht. Hier sein launischer Spielbericht.

Der gallische Hahn kräht schon lange nicht mehr, in Südafrika haben wir nur ein Krächzen gehört. Die Équipe tricolore, les bleus, wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen haben sie sich bei der WM präsentiert, da nützte es auch nichts, dass ihr wohl einziger Fan Clément Tomaszewski einen Hahn ins Stadion in Kapstadt schmuggelte und Sportministerin Bachelot mit erzieherischen Massnahmen drohte.

Nein, wild durcheinander haben sie gekräht und sich gegenseitig mit galligen Bermerkungen eingedeckt. Händel in der Nationalmannschaft, kein Wunder, dass sie dermassen gerupft wurde. Mit Zidane vor vier Jahren fing es an. Und neulich fand sich dann Ribéry mit einem Küken in den Niederungen des Boulevards wieder: Ein Hahnenfehltritt sozusagen.

Das lateinische Wort gallus bedeutet sowohl Hahn als auch Gallier. Ihr Obergockel hat sich lange als Hahn im Korb fühlen dürfen, aber weniger lange ist es her, da die grande nation in epischer Breite darüber diskutierte, ob der président de la republique vielleicht ein Hahnrei sei. Mittlerweile hat er weitere Federn gelassen bei den Auseinandersetzungen mit einer alten Glucke aus Deutschland, er schafft es einfach nicht, mit ihr ein Hühnchen zu rupfen. Täglich schwillt ihm der Kamm, dabei streiten sie sich über ungelegte Eier. Hahn können die Franzosen natürlich gar nicht aussprechen, bei ihnen heisst das coq, was insbesondere bei den Engländern nicht selten zur Verwirrung führt.

Was ist los mit diesem Land? Nicht einmal eine Lena haben sie. Stattdessen musste Johnny Hallyday den halben Winter im künstlichen Koma verbringen, im künstlerischen befand er sich schon vorher. Pierre Brice kommt auf kein Pferd mehr drauf. Die Tour de France ist auf den Hund gekommen, was auf französisch bekanntlich chien heisst, und so nennt der Gallier übrigens auch den Hahn beim Gewehr: chien. Kaum ein Rennstall, der noch sauber ist. Le Pen feiert ohne viel Federlesen Wiederauferstehung, das Haushaltsdefizit ist gigantisch, die Wettbewerbsfähigkeit auf Nationalelfniveau. Sie haben dem eigenen Hahn die Flügel gestutzt.

Bleu-blanc-rouge, der Blues mit der Équipe, blankes Entsetzen, rot vor Scham. Tricolore, klingt irgendwie nach einer Krankheit, und vielleicht sollten sie mit den Niederlanden den Namen tauschen: Pays Bas, das passt irgendwie besser. Bonjour, tristesse!

Autor:  Thomas C. Breuer