Der Klima-Blog (88): Wer redet da von „lustig“?

Nun stehen sie wieder im Rampenlicht, die Klimaaktivist:innen der Gruppe „Letzte Generation“. Seit den Aktionen in Museen und Blockaden von Autobahnen, bei denen es – aufgrund mangelnder Rettungsgasse – zu Verzögerungen bei der Bergung einer verletzten Radfahrerin kam, rollt eine Empörungswelle durchs Land: Die Aktionen seien „kontraproduktiv“ (SPD- Bundespräsident Steinmeier), ein strafbares Vergehen (FDP-Justizminister Buschmann) oder führten „in die Sackgasse“ (Renate Künast, Grüne). Doch es gibt auch andere Meinungen – zum Beispiel in diesem Blog.

Neulich habe ich in der Zeitung folgende Zeilen gelesen und mir gedacht: es ist wieder Zeit für einen neuen Beitrag zu den Aktionen der „Letzten Generation“. Unter der Überschrift „Klimaprotest im Bundesfinanzministerium“ stand in den Badischen Neuesten Nachrichten: „Berlins Innensenatorin Iris Spranger kritisierte die falschen Feueralarme etwa im Reichstagsgebäude, in einem Bundestagsbürohaus und bei einem großen Weltgesundheitskongress. Die SPD-Politikerin kündigte Regressforderungen an und sagte: ‚Hier spielt man mit Menschenleben. Das ist nicht lustig und wird von uns auch nicht lustig empfunden‘, so die Senatorin. Es werde mit dem Feuerwehralarm gespielt – Polizei und Feuerwehr gingen aber immer von einem Ernstfall aus.“

23. Oktober: Aktion im Museum Barberini, Potsdam

Tja. Was soll man dazu noch großartig sagen? Mit Menschenleben spielt man nicht. Das würde ich zu hundert Prozent unterschreiben und genau das ist der Grund, warum wir von Letzte  Generation Mitte Oktober den Feueralarm im Bundestag ausgelöst haben.  Und zwar, weil es gerade nicht lustig ist und die ganze Sache mit Klimawandel, Artensterben und Aussterben kein Spaß ist. Nur, dass die Politik das noch nicht so richtig verstanden zu haben scheint. Oder sich mutwillig weiter an der Zerstörung unserer Lebensgrundlagen beteiligt. Es gibt leider keine Klimanotfallknöpfe, die eine Taskforce ausrücken lassen, die alles regelt und uns in den sicheren Bereich zurück bringt.

Was wir jetzt erleben ist ein wissenschaftlich bestätigter Ernstfall. Da dürfen nicht nur Polizist:innen, Feuerwehr und Rettungskräfte von einem Notfall ausgehen, sondern auch Politiker:innen wie Iris Spanger. Müssen sie sogar.

Keine Pflicht zur Tatenlosigkeit

Wir finden das alles auch kein bisschen lustig. Im Gegenteil: Es ist nicht lustig, wenn man mitten vor zunehmend in Rage geratenen Autofahrer:innen auf der Straße klebt. Es ist nicht lustig, von der Polizei in Gewahrsam genommen zu werden. Und es ist ganz gewiss auch nicht witzig, vor Gericht zu stehen.

Aber noch viel weniger witzig ist es, wenn offensichtlich mit Leben gespielt – oder viel eher –  kühl kalkuliert wird. Wenn Profite und Bequemlichkeit über das Wohlergehen von Lebewesen gestellt werden.

Das sind grundsätzlich keine neuen Infos. Da gibt es nichts, was nicht schon lange klar wäre. Nur irgendwie scheint dieser Sachverhalt noch nicht in der Mitte der Gesellschaft angekommen zu sein.

Aber wir sind nicht verpflichtet, dem tatenlos zuzusehen. Wir sind nicht aufgestanden, um jetzt im entscheidenden Moment zu schweigen. Die Zukunft liegt in unseren Händen und es ist an uns, die wir heute leben, das Beste daraus zu machen.

Text: Eileen Blum von der seemoz-Klimaredaktion
Bilder: https://letztegeneration.de/presse/pressebilder/

PS (1): Ein aufschlussreicher Bericht über die Aktionen der Gruppe Renovate Switzerland stand vor zwei Wochen in der linken Schweizer Wochenzeitung WOZ.

PS (2): Am Donnerstag, 10. November 2022, 19.30 Uhr, referiert Manuel Oestringer – Klimacamp-Blog-Autor und FFF-Konstanz-Mitglied – im Bürger:innensaal Konstanz über das Thema Klimagerechtigkeit. Mehr Infos gibt es hier.

Die Klima-Blogs werden von Aktivist:innen des bisherigen Konstanzer Klimacamps verfasst. Sie entscheiden autonom über die Beiträge. Frühere Beiträge dieser Reihe finden Sie, indem Sie ins Suchfeld das Stichwort „Klimacamp-Blog“ beziehungsweise (ab Ende Oktober 2022) „Klima-Blog“ eingeben und dann auf „Suchen“ klicken.