Der Klima-Blog (89): Mehr als nur quatschen
Am Sonntag begann die 27. Weltklimakonferenz im ägyptischen Badeort Scharm el-Schaich. Dort wird bis 18. November präsentiert, debattiert, verhandelt – und hoffentlich auch Wegweisendes beschlossen. Damit die Politiker:innen nicht völlig ahnungslos ins Treffen stolpern, gibt es in vielen Ländern vorher Jugendkonferenzen. Konstanzer Aktivist:innen haben Ende Oktober die deutsche Tagung in Lüneburg besucht.
Wusstest du schon, dass Indigene rund achtzig Prozent der Biodiversität schützen? Dass in der EU nur ungefähr ein Prozent der Batterierohstoffe produziert werden? Dass es bei einem Bürger:innenantrag meist 5 von 100 wahlberechtigte Personen braucht, die unterschreiben? Nein? Dann komm das nächste Mal mit uns zur „Local Conference of Youth“ (LCOY)! Dieses Jahr waren wir vom 28. bis zum 30. Oktober in Lüneburg.
Was auf den ersten Blick wie eine neue Hunderasse klingt, ist eine nationale Jugendkonferenz, auf der sich junge Menschen mit der Klimakrise und deren Auswirkungen mit Expert:innen austauschen. Dieses Jahr fand die 5. Jugendkonferenz dieser Art statt. Sie wurde durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert, was die Teilnahme, Übernachtung und Verpflegung kostenlos machte. Insgesamt trafen rund 1200 Menschen, viele davon Student:innen, Schüler:innen oder Azubis, in der Leuphana Universität Lüneburg auf 150 Expert:innen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft. Das Orga- und Fragenteam der Konferenz bestand aus über 80 ebenfalls jungen Menschen, die Vorbereitung dauerte ein Jahr. Programm-Highlights wurden live übertragen und sind auch auf Youtube einsehbar. Kann es eine Wirtschaft ohne Wachstum geben? Was hat es mit Neokolionalismus auf sich und warum fällt der Begriff so oft im Zusammenhang mit der Klimakrise? Schaut auf Youtube in die Videos rein! Es lohnt sich!
Reden, reden, reden – alles Politikersache?
Konferenzen wie diese finden rund um den Globus statt. Die erarbeiteten Ergebnisse werden dann zur COY, der internationalen Jugendkonferenz, weitergegeben. Die COY gibt ihre Ergebnisse dann wiederum an die offizielle UN-Klimakonferenz der Weltgemeinschaft weiter. Dort kommen Vertreter:innen der Vertragsstaaten des globalen Klimarahmenabkommens (UNFCCC) zusammen, um zu diskutieren, zu verhandeln und zu beschließen. Über unsere Zukunft! Auf der 21. Klimakonferenz wurde 2015 das Pariser-Abkommen unterzeichnet und das 1,5 Grad-Ziel beschlossen. Die Konferenz ist also definitiv kein No-name! Hoffen wir auf ähnliche Schritte dieses Jahr – auf der 27. Weltklimakonferenz, die vergangenen Sonntag in Ägypten begann.
Seit einem Viertel Jahrhundert schon findet jährlich die offizielle Klimakonferenz der Weltgemeinschaft statt, um gemeinsam gegen den Klimawandel und dessen Auswirkungen vorzugehen. Dort sehen wir dann unsere Politiker:innen in Aktion – hoffentlich zumindest. Historisch gesehen stehen die Chancen nicht so schlecht: Durch die Anerkennung der Konferenz wurde die völkerrechtliche Basis für globalen Klimaschutz geschaffen. Doch das ist nur Politiker:innensache, wenn wir nicht repräsentiert sind! Wir wollen mitreden, wenn unser Überleben auf dem Spiel steht.
Wer drückt den Feueralarm?
Zurück nach Lüneburg. Das Klimapolitik-Puzzle fügt sich langsam zusammen, uff, uns raucht der Kopf vor lauter Input. Auf eine positive Weise. Die besten Helfer sind dabei der angeregte Austausch mit Expert:innen, Wissenserweiterung und die Vernetzung mit anderen Teilnehmer:innen. Ach ja – und gutes Essen! Danke dafür, LCOY.
Und was erwarten wir nun von der COP27? Klare, zielgerichtete Beschlüsse und Bekenntnisse. Fortschritt. Und dass der Diskurs unsere Klimapolitik international voranbringen wird (und zwar schnell!) und dass sich der 6. November 2022 vom 18. mehr als nur in der Tageszahl unterscheiden. Unser Haus brennt. Können wir endlich ernsthaft versuchen, es zu löschen? Oder müssen wir echt erst den Feueralarm drücken?
Text: Isabelle Lindenfelser von der seemoz-Klimaredaktion
Bilder (Workshops bei der LCOY-Konferenz in Lüneburg): LCOY-Team
PS: Kommenden Donnerstag, 10. November 2022, 19.30 Uhr, referiert Manuel Oestringer – Klimacamp-Blog-Autor und FFF-Konstanz-Mitglied – im Bürger:innensaal Konstanz über das Thema Klimagerechtigkeit. Mehr Infos gibt es hier.