„Der Krieg ist näher als wir denken“
Immerhin fast 30 Menschen demonstrierten auf Einladung der Linksjugend am Montag im Konstanzer Industriegebiet gegen das Geschäft mit dem Tod. Mit bunten Transparenten harrten sie bei deutlichen Minusgraden vor dem Werkstor von ATM ComputerSysteme, einem Tochterunternehmen der Rüstungsfirma Krauss-Maffei Wegmann, aus. Die Krisengebiete der Welt, so ihre Mahnung, sind nämlich weitaus enger mit der Bodenseeregion verknüpft als häufig geglaubt.
Besonders stark sind die Verbindungen im Moment zwischen Konstanz und dem Nahen Osten. „Hier leben Menschen unter uns, deren Freunde und Verwandte grade in Nordsyrien durch deutsche Waffen sterben“, erinnerte Daniel Schröder, Kreissprecher der Konstanzer Linken, an die hiesige kurdische Gemeinde. Denn derzeit sind Leopard 2-Panzer im Rahmen des völkerrechtswidrigen Angriffs der türkischen Armee gegen die kurdische Region Afrin im Einsatz. Gesteuert werden sie von ATM-Computern aus Konstanz.
Eine Verantwortung sehen die VeranstalterInnen aber nicht nur bei den Rüstungsunternehmen selbst, sondern auch bei der Bundesregierung. Die grundgesetzlich verankerte Entscheidungshoheit des Staates über die Herstellung von Kriegswaffen sei nämlich nicht bloß ein Kontrollrecht, sondern gleichzeitig eine Verantwortung. Am Bewusstsein dafür bei alter und voraussichtlich auch neuer Regierung bestanden für die Demonstrierenden jedoch erhebliche Zweifel.
„Die Freilassung Deniz Yücels war garantiert keine plötzliche moralische Eingebung Erdogans“, befand Schröder und spielte damit auf im Raum stehende Waffendeals zwischen der Bundesrepublik und der Türkei an. Letztere bekundete erst kürzlich wieder ihr Interesse an einer stärkeren Rüstungskooperation.
Für eine friedlichere Welt, so das einhellige Fazit, benötige es jedoch ein konsequentes Eintreten und Mahnen – insbesondere in der idyllischen Bodenseeregion. Weitere Aktionen sind in Planung.
dsc
Vielen Dank für euren Mut. Es ist schwierig Verbündete zu finden, in einer Region, die so von der Rüstungsindustrie und ihren Zulieferern dominiert wird, wo viele eine(n) Mitarbeiter*in aus der Nachbarschaft kennen. Wenn es dann noch als Selbstverständlichkeit gilt, im Natoverband an der russischen Grenze (Ukraine) als deutsche Speerspitze militärische Übungen abzuhalten, dann muss ich doch oft an das Antikriegsmuseum in Berlin denken, das mir zuletzt mit einer Ausstellung in Basel begegnete. Gäbe es am Bodensee eigentlich Räume für so eine Ausstellung? Der wirtschaftliche Erfolg dieser, hauptsächlich vom Staat finanzierten Rüstungsbetriebe liegt sicher deutlich höher, als das was im Tourismus erwirtschaftet wird. Aber vielleicht kommt ja mal eine Kooperation zwischen Kriegsgegnern und Antikriegsmuseum oder ähnlichen Einrichtungen zustande. Wenn die Verbindungen zum Nahen Osten so stark sind, sollte es doch möglich sein den Kriegsschrott zu reimportieren und die Darstellung deutscher Waffentechnologie (nach Gebrauch) jedem Bundesbürger nahezubringen. Ich würde einer solchen Ausstellung jedenfalls einen Besucherrekord wünschen.