Der neue OB und das grün-rote Desaster
Dieser klare Vorsprung überraschte auch den Gewinner. In leicht verlegener Siegerpose stand Uli Burchardt im Blitzlichtgewitter schwitzender Fotografen. Sabine Reiser war das Wahlkampflächeln aus dem Gesicht gefallen, sie rang mit den Tränen. Auch Sabine Seeliger schien konsterniert und fassungslos. Nach 32 Jahren hat Konstanz erstmals wieder einen CDU-Oberbürgermeister. Verlierer sind in allen anderen Lagern zu finden, die Liste ist lang und umfangreich.
Die grüne Kandidatin Sabine Seeliger hat im Vergleich zum ersten Wahlgang nochmal zugelegt, doch es reichte nicht. Mit ihren rund 7600 Stimmen lag sie weit hinter dem Ergebnis von Horst Frank, der vor acht Jahren mit über 11 000 Stimmen im zweiten Wahlgang das Rennen für sich entschieden hatte. Klar ist: Seeliger konnte das grüne Klientel trotz größter Anstrengungen nicht hinter sich versammeln. Vielen lindgrünen Konstanzern war sie zu dunkelgrün, wie schon Südkurier-Lokalchef Jörg-Peter Rau vor Wochen unterschwellig hämisch schrieb. Auch die FGL-Fraktion stand nicht geschlossen hinter ihr, im Gegenteil. Drei Rätinnen verweigerten Seeliger die Gefolgschaft und sorgsam gestreute Intrigen durchzogen das grüne Geflecht. Spätestens seit dem KKH-Desaster ist die grüne Fraktion gespalten. Da half auch der teure Einsatz eines Moderators nicht, den man zwecks Befriedung im Frühjahr 2010 aus Freiburg hatte anreisen lassen.
Der grüne Lack der FGL ist ab
Die FGL ist nur noch ein Abklatsch dessen, was sie mal war. Man übt sich in der Begutachtung auszubauender Dachgaupen oder sorgt sich um die zu kurzen Grünphasen bei Fußgängerampeln und um den Baumbestand im Büdingen-Gelände. Bei wirklich wichtigen Entscheidungen stimmte die FGL zum großen Teil mit dem bürgerlichen Block. Der grüne Lack ist ab, und das schon lange. Dass auch Horst Frank als noch amtierender Oberbürgermeister eine innige Feindschaft mit Seeliger pflegt, ist hinlänglich bekannt. Der magere Hinweis von Seeligers Wahlkampfmanager Marco Walter, ein OB und Wahlausschuss-Vorsitzender könne und dürfe sich offiziell nicht für seine potentielle Nachfolgerin aus dem eigenen Lager aussprechen, ist natürlich dem innerparteilichen Gezänk geschuldet. Frank hätte eher seinen grünen Lieblingsschal gefressen, als für Seeliger Wahlkampf zu machen.
Sabine Seeliger wusste das und sie reagierte mit inhaltlichen Kompromissen, um aus dem konservativen Lager zusätzliche Stimmen zu ziehen. Ein kleines Zwischenhoch verspürte sie, als die nach dem ersten Wahlgang ausgeschiedenen OB-Bewerber Kaltenbach, Luithle und Tartsch zu ihrer Wahl aufriefen. Dabei hatte vor allem Tartsch kurz zuvor noch laut getönt, dass er alles dran setzen werde, um eine grüne Oberbürgermeisterin zu verhindern. Aus Seeligers vorgeschlagener City-Maut wurde somit ein Mäutchen, ihren Widerstand gegen die B 33 relativierte sie. Ob sie damit gut beraten war, wird noch länger für Diskussionen sorgen. Sabine Seeliger hat dennoch einen couragierten Wahlkampf betrieben. Auf fast allen Podien überzeugte sie mit Sachverstand und fundiertem Wissen über die Konstanzer Probleme. Damit war sie Reiser und Burchardt oft meilenweit voraus. Sie hätte ein besseres Ergebnis verdient. Es wäre schade, wenn sich das politische Talent enttäuscht zurück ziehen würde, denn ihre Niederlage haben andere zu verantworten.
Die SPD stellte sich taub
Womit wir schon bei den Konstanzer Sozialdemokraten wären. Jämmerlicher und kleingeistiger kann man wohl kaum auftreten. Brigitte Leipold, Jürgen Puchta und Herbert Weber sprachen sich öffentlich für Sabine Reiser aus, Hanna Binder unterstützte Sabine Seeliger und Jürgen Leipold, Jürgen Ruff und Sonja Hotz legten ihre Stirn in Falten und verschwanden darin. Dabei hatte Europaminister Peter Friedrich seine angeblichen GenossInnen am Bodensee vor dem zweiten Wahlgang noch gebeten, der grünen Kandidatin den Rücken zu stärken. Doch die Konstanzer SPD stellte sich taub. Auch nach Reisers schäbigem Versuch, die WählerInnen zu täuschen, kam nichts. Reiser und ihre PR-Frau Waltraud Kässer hatten öffentlich behauptet, sechs von sieben Mitglieder der SPD-Fraktion stünden hinter Sabine Reiser. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätten sich Leipold, Ruff und Hotz laut und vernehmbar, und nicht nur auf seemoz, gegen diese Vereinnahmung wehren müssen. Aber sie zogen es vor, den Dingen ihren unheilvollen Lauf zu lassen. Eine ganz schwache Vorstellung der Konstanzer SPD, die auch Auswirkungen haben könnte auf die Kommunalwahlen 2014. Da steht eine dicke Rechnung aus.
Sabine Reiser hatte mit dieser deutlichen Niederlage nicht gerechnet. Nach dem ersten Wahlgang noch vorne, landete sie nun weit abgeschlagen auf dem zweiten Platz. Nach groben Schätzungen hat sie mindestens 80 000 Euro in den Sand gesetzt. Auch der dritte Anlauf, ein politisches Spitzenamt zu erobern, ging in die Hose. Langsam entwickelt sich die Stuttgarter Regierungsrätin innerhalb der CDU zur weiblichen Ausgabe von Oswald Metzger, der auch regelmäßig mit seinen Kandidaturen scheitert. Man kann Reiser attestieren, dass sie unermüdlich und höchst motiviert gekämpft hat. Aber ihre Auftritte wirkten oft gestanzt und zu einstudiert. Vielen KonstanzerInnen ging es auch schlichtweg auf den Keks, dass man alle naselang über die CDU-Kandidatin stolperte und das Gefühl hatte, Frau Reiser steht hinter jedem Eck, rund um die Uhr bereit zur Attacke. Dieses PR-Konzept wirkte aufdringlich und überzogen. Manchmal ist eben weniger doch ein bisschen mehr. Schwach auch, dass sie bis zum Wahltag an der Lüge festgehalten hat, die SPD-Fraktion stünde mehrheitlich hinter ihr. Das hat Stimmen gekostet. Sabine Reiser und ihre Freundin und Beraterin Waltraud Kässer werden Gesprächsbedarf haben.
Der flotte Konservative mit etwas Öko-Touch
Nun also Uli Burchardt. Der Unternehmensberater wird am 10. September offiziell in sein Amt eingeführt. Dass er lediglich von rund 17 Prozent der Wahlberechtigten zum OB gekürt wurde, ist nicht sein Problem. Burchardts Stimmen kommen aus fast allen Lagern, auch aus dem grünen. Es ist vornehmlich der saturierte Mittelstand, der den netten Förster und Marketingexperten an die Spitze der Verwaltung hievte. Für diese Wählerschicht war Seeliger zu grün, dann doch lieber einen flotten Konservativen a la Andreas Renner mit etwas Öko-Touch. Das sollte reichen.
Nein, direkt versprochen hat er nichts während der vergangenen Wochen. Aber Burchardt hat Begehrlichkeiten geweckt, an die ihn seine WählerInnen und so gar nicht uneigennützigen UnterstützerInnen nach kurzer Eingewöhnungszeit nachhaltig erinnern werden. Dazu brachte Burchardt überwiegend Projekte in die Diskussion ein, die entweder schon verwirklicht wurden oder einfach nicht realisierbar sind. Der Mann steht vor einem Riesenberg und wird schnell merken, dass die Luft da oben ziemlich dünn ist. Ich bezweifle weiterhin, ob Uli Burchardt dieser Aufgabe gewachsen ist, würde mich aber – zum Wohle aller – gerne vom Gegenteil überzeugen lassen.
Nur: Die Zeit drängt und Worthülsen und Floskeln werden uns nicht weiter helfen. Ende des Monats fällt eine Vorentscheidung über die Zukunft des Klinikums. Was tun, wenn Singen aussteigt? Wie sehen die Alternativen aus? Wie weiter mit dem Kompetenzzentrum? Was passiert bei Centrotherm? Wo soll auf die Schnelle Wohnraum nicht nur für StudentInnen geschaffen werden? Bewegt sich Entscheidendes in der Verkehrsfrage, oder werden wichtige Projekte auf die lange Bank geschoben? Wie arbeitet sich der neue OB in den Doppelhaushalt ein, dessen Beratung vor der Tür steht? Fragen, die auf durchdachte Antworten und rasche Umsetzung warten. Wolkenschieberei und Wahlkampf war gestern. Jetzt geht es ans Eingemachte.
Autor: H.Reile
zu Gelbfüßler, die habe ich bereits vorher in anderen Kommentaren zu Wahlkampfartikeln formuliert und es besteht in all der Kommentarflut sowieso schon die Gefahr sich ständig zu wiederholen. Herr walter hat aber sehr wohl an dieser Stelle einiges dazu formuliert. So habe ich das auf den Sinnzusammenhang begrenzt. Wenn Sie Interesse haben mit mir über das Thema ausführlicher zu sprechen, bin ich gerne bereit dies zu tun. Ich weise sie darauf hin, dass ich im Gegensatz zu anderen, hier unter meinem vollen Namen kommuniziere. Was die Wahlkampffehler angeht, beziehungsweise die unglückliche Wortwahl City Maut, gebe ich Ihnen recht. Obwohl ich Frau Seliger persönlich sehr schätze, gab dies letztlich den Ausschlag für mich, die zweite Kandidatin mit fundierten Visionen zu ökologischen Themen zu unterstützen, die das jenseits von ihrem Parteibuch, glaubhaft und transparent vertreten hat. Etwas, was im Südkurier wiederum komplett unter ging, aber auch hier. Herr Burchardt blieb bei diesem Thema vergleichsweise blass und unbestimmt. Ich hoffe sehr für Konstanz, dass es ihm gelingt auch in diesem Bereich unsere
Stadt vorwärts zu bringen. Der Wahlkampf ist gelaufen, meine Enttäuschung über die Presseberichterstattung bleibt, ansonsten wünsche ich dem neuen OB, trotz meiner Kritik, viel Glück.
Lieber Herr Walter,
es hat keinen Sinn die verlorene Wahl jetzt beim SK zu suchen. Ich finde, dass Sie und Ihr Team um Frau Seeliger strategisch politische Wahlkampffehler gemacht haben. Bereits zurzeit, als Fr. Seeliger noch Stadträtin war, ist sie mit ihrem City-Maut-Vorschlag als Exotin betrachtet worden. Mit solchem, damals schon konträren verkehrspolitischen Vorschlag, geht man nicht in die Wahl einer Oberbürgermeisterin.
Und wenn man mit einer überzeugten Meinung den überdimensionalen Ausbau der B33 nicht gut findet, kann man dies so sehen, aber die nun schon seit langem gefallenen Würfel um die Realität dieses Ausbaus, kann man nicht als zukünftige Oberbürgermeisterin entgegen stehen bzw. rückgängig machen.
Wie schon im Beitrag von Seemoz erwähnt, hat Frau Seeliger ihre positiven Karten leider so verspielt. Schade um den bestimmt stressigen Einsatz und die dabei entstandenen Wahlkampfkosten.
Na da sind wir aber froh, dass Seemoz noch ein paar Mitmozer gefunden hat.
Mir gefällt beleihe auch nicht alles im Südkurier. Aber wenn ich die Berichterstattung des Lokalblättles im Nachhinein betrachte, frage ich mich, ob Sie, Frau Herbert-Fischer und Herr Walter, vielleicht eine andere Ausgabe erhalten haben. Wo bitte ist denn Uli Burchardt protegiert worden? Ihr Vorwurf, Herr Walter, ihm sei am vorletzten Tag vor der Wahl über Gebühr Platz eingeräumt worden, läuft doch ins Leere. Die Vorwürfe gegen Burchardt waren doch die massivsten, diese hat der Kurier beleuchtet. Vielleicht etwas spät, aber immerhin. Vorwürfen gegen Reiser und Seeliger sind die Redakteure ebenfalls nachgegangen, wahrscheinlich haben Sie’s überlesen.
Der Südkurier hat, im Gegensatz zu anderen Medien, die Seiten gehört. Das erwarte ich von einem Medium übrigens, dass es mit Berichterstattung nicht nur die eigenen Ziele zu verfolgen versucht. Dafür gibt es einen Fachbegriff aus den 40ern, der mir zuwider ist.
Wenn Kandidaten vernachlässigt wurden, dann waren es wohl eher diejenigen, die später nicht mehr zum Favoritenkreis gehörten. Beim Spitzentrio habe ich beim Südkurier eine Ausgewogenheit wahrgenommen. Das haben meine Arbeitskollegen, durchweg kritische Geister, ebenfalls so gesehen.
Fazit: Es war klar, dass bei drei Spitzenkandidaten Anhänger von zweien später auf die Presse schimpfen werden. Und nachher den Mumm nicht haben, das zu formulieren. In Ihrem Leserbrief, Frau Herbert-Fischer, habe ich zumindest keine Vorwürfe gegen die Berichterstattung des Südkurier gelesen.
zu Ralph Ich habe kein Problem mit offenen Stellungnahmen. Wie der Südkutier über den Wahlkampf berichtet hat, war sehr taktisch, nicht einfach zu durchschauen und wirkungsvoll. Schade und traurig. Es ist nicht mehr zu ändern. Unabhängig davon wünsche ich Herrn Burchardt jetzt einfach viel Erfolg und eine gute Hand für seine Aufgaben. Er wird das brauchen, einfach wird es nicht für ihn werden Unabhängigkeit zu erlangen.
Ich stimme vollkommen überein zu den mehrfach geäußerten Aussagen, dass der Südkurier keine vollkommen unabhängige und neutrale Berichterstattung liefert, insbesondere wenn es um regionalpolitische Aspekte geht. Die Frage ist nur, ob und wie das messbar Auswirkungen auf ein Wahlergebnis hat.
Bei der OB-Wahl vor 8 Jahren war Horst Frank wahrlich nicht auf Schmusekurs mit dem Südkurier und umgekehrt war Tobias Engelsing auch Herrn Horst Frank gegenüber nicht sehr gewogen – mal milde ausgedrückt. Dies fand sich auch ganz eindeutig in der Berichterstattung des Südkuriers wieder, welche Themen und vermeindlichen Fehler von Horst Frank zu diesem Zeitpunkt vom Südkurier publiziert wurden. Gewonnen hat Herr Frank die Wahl trotzdem, oder gerade deshalb – das mag man sehen wie man will.
Darüber hinaus ist auch bei größeren Presseblättern eine eindeutige politische Tendenz zu erkennen. Der Speigel mehr links, der Focus mehr rechts, die taz links, Die Welt rechts, usw.
Bringt mich zu dem Schluss, dass die „Medienmacht“ des Südkuriers, wenn man diese negativ sehen will, nicht so groß sein kann. Dies finde ich grundsätzlich erst mal beruhigend. Möge der Südkurier nie BILD-gleich werden, zu unser aller Wohle.
Vielen Dank, Christina Herbert-Fischer, für die Zustimmung.
Das motiviert mich, noch etwas mehr zum Thema Medien und OB-Wahlen zu schreiben:
Unabhängige, überparteiische Medien sind eine der Grundpfeiler einer intakten Demokratie. Sie haben den Auftrag, die Menschen ausgewogen und sachlich zu informieren.
Dies erfordert besonders vor Wahlen eine besondere Sorgfalt in der Berichterstattung, frei von jeglicher manipulativer Absicht. Denn die Wählerinnen und Wähler müssen für ihre Entscheidung die Möglichkeit haben, sich ein umfassendes und objektives Bild der Kandidaten, ihrer Lebensgeschichte, ihrer fachlichen und persönlichen Tauglichkeit und ihrer politischen Inhalte zu machen.
Ist diese Möglichkeit aufgrund einseitiger Bevorzugung von Kandidaten durch die verfügbaren Medien nicht gegeben, folgt ein Gefühl des Getäuschtseins bei den Wählerinnen und Wählern. Zumindest dann, wenn relevante Informationen über Kandidaten erst nach der Wahl zum Vorschein kommen.
Leider machte bei der vergangenen OB-Wahl keines der im Raum Konstanz verfügbaren Medien den Eindruck von unparteiischer und tendenzfreier Berichterstattung:
See-Online unterstützte offenkundig Sabine Reiser (machte dies zu Beginn des Wahlkampfes aber immerhin transparent, so dass der Leser zumindest hierüber Kenntnis haben konnte),
Dornröschen war zunächst klar für Sven Zylla, wirkte nach dessen Weggang allerdings etwas desorientiert und war seitdem bis auf einen massiven Austausch der Kommentatoren weitgehend passiv.
Seemoz hatte eindeutig eine Vorliebe für Sabine Seeliger und griff die anderen Kandidaten teilweise unter der Gürtellinie an. Besonders hatte er es auf Ulrich Burchhardt abgesehen, den er offenkundig verhindern wollte.
Der Südkurier hatte in Ulrich Burchardt schon früh seinen Favoriten gefunden und setzte an mehreren Punkten deutliche Impulse für die Wahl des Kandidaten. Der einflussreichste redaktionelle Impuls des Südkuriers dürfte hierbei die ausgiebige Beschäftigung am Freitag vor der Wahl mit den in anderen Medien vorgebrachten Vorwürfen gegen Burchhardt und seiner Stellungnahme dagegen gewesen sein. Die Richtigstellung wurde durch einen Kommentar ergänzt, der einem Solidaritätsappell gleichkam und zudem unterschwellig die anderen Kandidaten in den Verdacht der Intrige brachte. Diese hatten dann aufgrund der Samstagssperre des Südkuriers für Wahlberichte keine Möglichkeit mehr zu einer redaktionellen Reaktion. Die von den anderen Kandidaten dem Südkurier ebenfalls für Freitag angebotenen Pressemitteilungen wurden in extrem verkürzter Fassung am linken Rand veröffentlicht, wodurch nochmals eine klare Gewichtung zugunsten von Ulrich Burchhardt dokumentiert wurde.
Ich weise auf diese Vorgänge nicht hin, weil ich Ulrich Burchhardt seinen Sieg nicht gönne. Er hat wie die anderen Kandidaten eine engagierte, in Abgrenzung zu diesen eher eine personen- statt inhaltszentrierte Kampagne durchgeführt und mit seiner Ansprache offenbar den Geschmack der Wählerinnen und Wähler besser getroffen als seine Konkurrentinnen. Auch dass er den Südkurier als das einflussreichste Medium der Region stärker als die anderen beiden für sich gewinnen konnte, darf ihm nicht übel genommen werden. Keiner der anderen Kandidaten hätte sich vermutlich dagegen aufgelehnt, wenn es umgekehrt gewesen wäre.
Trotzdem wünsche ich mir, dass unsere Medien bei zukünftigen Wahlen sachlicher und unparteiischer informieren, zudem auch durch frühzeitige eigenständige Recherchen über die Kandidaten zu einer fundierten Meinungsbildung beitragen und somit ihrer Rolle als wesentliche Säule der Demokratie wieder gerechter werden.
zu Marco, ja und genau dieser Stil von Berichterstattung unserer Regionalzeitung macht mich wütend, weil das von Beginn an genauso gelaufen ist und die Wähler sich kein wirkliches Bild machen konnten. Ich kann das genauso sagen, da ich, auch wenn ich eine Kandidatin unterstützt habe, keine politischen Ambitionen verfolge, keiner Partei und keinem Wahlkampfteam angehörte und damit für niemanden spreche außer für mich selber.
Da im Artikel auf mich Bezug genommen wird, möchte ich hierzu zwei Anmerkungen machen:
Der Wahlkampf von Sabine Seeliger wurde von einem ehrenamtlichen Team unterstützt, dem ich angehörte und wie die anderen auch gewisse Aufgaben übernahm. Einen (bezahlten) Wahlkampfmanager gab es nicht, sondern es wurde gemeinsam geplant und umgesetzt. Dies einfach nur zur Klärung, weil mir der Unterschied zwischen „Wahlkampfmanager“ und Mitglied des ehrenamtlichen Wahlkampagnen-Teams wichtig ist.
Die Information, dass Horst Frank sich aufgrund seiner Funktion als Vorsitzender des Wahlausschusses zu keinem Kandidaten äußern dürfte, fand ich deshalb wichtig, weil der Südkurier noch am Samstag vor der Wahl geschrieben hat, dass Frank keinen Kandidaten empfehle. Und eben nicht die korrekte Erklärung dazu geliefert hat. Womöglich hatte sich der SK dabei auch etwas überlegt, das genau so und nicht anders hervorzuheben. Richtig ist natürlich, dass Horst Frank im Wahlkampf jegliche Sympathiebekundung für Sabine Seeliger vermissen ließ. Die Geschichte der beiden ist ja hinlänglich bekannt.
Die Zerrissenheit der FGL hat Seeliger wirklich tief geschadet. Im Online-Magazin dornröschen.nu wurde dies klar gegen Seeliger als Antiwahlfakt herausgestellt.
Das „dunkelgrün“ aber hat sich Seeliger selbst zuzuschreiben. Ihr Ident war von vornherein das Thema „City-Maut“. Damit konnten uninformierte Wähler nichts anfangen. Da hieß es im Umfeld: Da darf keiner mehr in die Stadt fahren, oder, es wird ein Schlagbaum an den Brücken installiert, so wie es bei der Einfahrt ins Parkhaus einen gibt. Verrückt, dass Seeliger auf diesen Fremdbegriff gesetzt hat. Ihre Erklärungen kamen dann zu spät. Ältere Mitbürger die hier wohnen, sind naturverbunden und wählen gleichzeitig konservativ, damit ihr Umfeld möglich nicht verändert wird. Besonders diese Mitbürger hat Seeliger durch den bei ihnen noch unbekannten Begriff „City-Maut“ verwirrt.
Wahrscheinlich hat ihr die Wahlempfehlung der ausgestiegenen Mitkandidaten geholfen aber auch gleichzeitig geschadet, denn sie wurde daraufhin als Umfallerin bezeichnet, obwohl man sie vorher als grundehrlich eingestuft hatte. Solche späteren Einsichten dürfen nicht während des Wahlkampfs passieren.
Ob Teile der SPD oder der FLG mit ihrem Wahlverhalten sich was Gutes mit der Wahl eines CDU-Kandidaten angetan haben, wird die Zukunft zeigen, ob Burchardt seinem Wahlslogan treu bleibt, ein unabhängiger OB zu sein. Zumindest wird er sich den Gemeinderatsmitgliedern verpflichtet fühlen, die öffentliche eine Wahlempfehlung für ihn abgegeben haben.
Die Wahl ist vorbei, die Wähler haben entschieden. Zweitrangig, wie hoch die Wahlbeteiligung war und egal wie hoch seine Zustimmung wirklich war. Die niedrige Wahlbeteiligung hat bestimmt etwas damit zu tun, dass keiner der Kandidaten und Kandidatinnen ein echter Kracher war. Außerdem wird der Einfluß eines Oberbürgermeisters unterschätzt. Er ist Chef einer Stadtverwaltung. Mehr nicht. Denn Politik wird vom Gemeinderat gestaltet. Also viel Wirbel um wenig Wichtiges. Burchardt muss jetzt zeigen, ob er das Amt ausfüllen kann. Es zählen nicht viele Worte, sondern viele Taten. Das ist bei Unternehmensberatern umgekehrt. Die Zeit schöner Floskeln ist vorbei. Die Entzauberung Burchardts wird nicht lange auf sich warten lassen, was aber egal ist. Er kann eine gute Figur machen, das ist gut für Konstanz. Ein Grüß-Gott-Uli sozusagen. Ich verlasse mich lieber auf unseren Gemeinderat, der die eigentliche Politik für Konstanz macht.
Eine Anmerkung noch zu Seemoz. Ich mochte ihn eigentlich nie. Aber er hat im Wahlkampf kritisch nachgefragt und Bemerkungen in den Kommentaren zugelassen. Auch wenn da manches übers Ziel hinausgeschossen ist. Seemoz werde ich in Zukunft öfters lesen, um mitzubekommen, was im Rathaus passiert.
Für mich entstand der Eindruck, dass sich zwei kompetente Frauen auch gegenseitig Stimmen weg genommen haben. Beide, mit Respekt gesagt, haben einen engagierten Wahlkampf geführt. Ob unser neuer OB grüne Themen wirklich engagiert aufgreift und ihm dabei eine nennenswerte Umsetzung gelingt, wird die Zeit zeigen. Tatsche ist, dass sich beide Kandidatinnen ernsthaft genau mit dem auseinander gesetzt haben. Bei Frau Seliger weiß man das, bei Frau Reiser hätte man es wissen können, wenn irgendwer von der Presse, egal von welcher Seite, sich die Mühe gemacht hätte nach zu haken. Ich verweise damit auf die Veranstaltung vorletzten Sonntag im Barbarossa, Podiumsgespräch von Frau Reiser gemeinsam mit Jürgen Resch. Dort war die Möglichkeit gegeben Fragen zu stellen. Das hatten einige Bürger genutzt und dabei in meinen Augen, dem Rahmen entsprechend, fundierte Antworten erhalten. Bei aller persönlichen Enttäuschung wünsche ich mir jetzt, dass wir als Konstanzer nach vorne sehen und nun dem neuen OB eine Chance einräumen, sich zu beweisen und zu zeigen, dass er nicht von seinen Unterstützern abhängig ist, dass er seine Positionen konkretisiert (was dringend nötig ist) und gute Arbeit leistet.
Lieber Autor,
der Wahlkampf ist vorbei – Sie sagen es! Halten sie sich auch dran?
Nein.
Sie verunglimpfen Ihre journalistische Kollegin W. Kässer und betreiben den Wahlkampf weiter auf Ihrer Ebene. Es geht um Leser im Onlinepyranniabecken…
Ich bin sehr froh, dass die Leser dieses und der anderen zwilichtigen Onlineportale nicht diese Wahl entschieden haben. Ab und zu hatte man bei Ihnen und bei seeonline das Gefühl der neue OB läge bei 10% – aber allerhöchstens…
Wie man sich doch täuschen kann: das Medium Internet wird in Konstanz etwas überschätzt. Auch Seemoz – es bleibt das mozige Sprachrohr eines ziemlich aggresiven linken Gemeinderats – das ist auch gut so!
Danke Seemoz!