Der neueste Hirnfurz zum Konziljubiläum
Erst dachte man, die Idee sei einer durchzechten Nacht geschuldet, in der bewusstseinsverändernde Substanzen eingenommen wurden. Das Motto der Party könnte gelautet haben: Wie halluzinieren wir uns das Jubiläum schön? Aber nun stellt sich der Jux als Projekt heraus, das gerade noch gefehlt hat: Die Konzil-Wiese soll tatsächlich zum mittelalterlichen Kräutergärtlein werden
Die Konstanzer können alles außer Jubiläum. So eine Einschätzung, die sich allmählich durchsetzt in der Stadt. Der Rasen vor dem Konzil scheint begehrt zu sein für allerlei wirre Ideen. Zuerst wollte Baubürgermeister Kurt Werner die Grünfläche zubetonieren, um Platz zu schaffen für den Nachbau einer mittelalterlichen Lädine. Das Projekt ist mittlerweile gestrichen und endgültig in der Hafenmole versenkt. Nun aber kommen eifrige Gärtnerseelen um die Ecke und werben dafür, an Ort und Stelle einen Kräutergarten zu errichten.
Nichts gegen Rosmarin, Lavendel oder Johanniskraut, aber der Platz vor dem Konzil taugt dafür nicht. Jahr für Jahr tummeln sich dort während der wärmeren Jahreszeiten mehrere hunderttausend Menschen und nutzen die Grünfläche als Erholungsangebot im öffentlichen Raum. Ein mittelalterlicher Kräutergarten würde in den Münstergarten passen, aber Dekan Trennert-Helwig wehrt sich dagegen, denn er befürchtet den Einfall randalierender Horden auf seine beschauliche Scholle.
Die Initiative, vor dem Konzil Kräuter zum Wachsen zu bringen, stammt von den Organisatoren des Badischen Landesmuseums, die auch für die große Landesausstellung zum Konziljubiläum zuständig sind. Jene öffnet ihre Pforten in rund einem Jahr und über fünf Monate werden dann im Konzilgebäude Exponate ausgestellt, die den Besuchern die Geschehnisse während des Konstanzer Konzils (1414 bis 1418) näher bringen sollen. Der Kräutergarten wird gepriesen als zusätzliche Attraktion zur Ausstellung. Über einen anderen Ort will man auch gar nicht diskutieren, wie man der Konzeptvorlage entnehmen kann: „Da der Garten nur im direkten Umfeld des Konzilgebäudes Werbung für die Landesausstellung macht und zugleich ein begehbares Objekt der Ausstellung ist, kommen andere Standorte für das Badische Landesmuseum nicht in Betracht“.
Mit der Planung des Kräutergartens beauftragen will man die Diplombiologin Eva Eberwein, die sich seit einigen Jahren um den Erhalt des Hermann-Hesse-Hauses in Gaienhofen kümmert. Ob ihre privat guten Kontakte zur Familie Siebenmorgen – Prof. Harald Siebenmorgen ist der Direktor des Badischen Landesmuseums – bei der Auftragsvergabe wohl eine Rolle spielen werden?
Eberwein hat ein Konzept entworfen, das wohl auch der gemeinderätlichen Arbeitsgruppe Konziljubiläum am kommenden Freitag vorgelegt wird. Auf etwa 400 Quadratmeter Rasen soll spätestens ab Januar 2014 der Garten mit Heil-, Gemüse- und Gewürzpflanzen angelegt werden und auch ein kleiner Baumgarten darf nicht fehlen. Als Einfassung des Gartens ist an einen Flechtzaun aus Holz und Weidenruten gedacht. Damit würde, so Eberwein, ein „Ort des Innehaltens, Verweilens, Beschauens, Entschleunigens im touristisch sehr stark frequentierten und turbulenten Umfeld der Mole“ entstehen. Schöner kann man Widersprüche wohl kaum formulieren.
Profitieren von der Kräuterfläche soll auch Manfred Hölzl, Pächter des Restaurants im Konzil. Geht es nach den Vorstellungen von Eva Eberwein, dann darf sich Gastronom Hölzl über die Kräuter hermachen, um damit „mittelalterliche Speisen“ kulinarisch zu verfeinern, die er angeblich mit Beginn des Konziljubiläums seinen Gästen anzubieten gedenkt. Man kann es sich jetzt schon ausmalen: Manch` Gast wird wohl stutzig werden, wenn er, wartend auf sein mittelalterliches Süppchen, mit ansehen muss, wie gerade ein Vierbeiner das Beinchen hebt und fröhlich sein Wasser im nahe gelegenen Kräutergarten abschlägt. Guten Appetit.
Der Gemeinderat wird darüber zu entscheiden haben, ob aus diesem Projekt tatsächlich etwas wird und die Stadt tatsächlich die Wiese vor dem Konzil dafür opfert. Eines ist aber jetzt schon klar: Der Kuriositäten-Ordner Konziljubiläum platzt bald aus allen Nähten und ein Ende dieser seltsamen Sammlung wider alle Vernunft ist noch lange nicht in Sicht.
Autor: H.Reile
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