Der Professor mit der Schokopistole
Man könnte herzhaft lachen über diesen Scherz, wenn nicht eine treudeutsche Amtsrichterin mitspielte. Darsteller in diesem Spektakel: Ein Professor aus Berlin, attac-Aktivisten aus Lindau, eine Richterin vom Bodensee und eine Reporterin aus Lindau. Vorwurf: Aufruf zum Banküberfall mit Schokoladenpistolen. Schauplatz dereinst: Die Deutsche Bank in Ravensburg. Schauplatz demnächst: Das Amtsgericht Lindau
Der Professor ist Peter Grottian (s. Foto), bekannt für seine provokanten bis spaßigen Aktionen im Politikumfeld zwischen Stuttgart 21 und Berliner Sozialprotesten. Den hatte die Lindauer attac-Gruppe um Lothar Höfler im Juni letzten Jahres zu einem Vortrag (Titel: „Wie kommen wir Bürgerinnen und Bürger aus der Geiselhaft der Finanzindustrie?“) auf die Insel Lindau eingeladen. Der Termin in der Schmiedgasse an einem sonnigen Freitagabend war gut besucht, die örtliche Presse berichtete dreispaltig.
Der pensionierte Professor sprach zunächst von den Sparkassen, Genossenschafts- und Privatbanken, die einst Spargelder einsammelten und sie als Kredite an Handwerker, Industrie und Privatpersonen immerhin auch gewinnbringend weiter gaben. Bis sie das Geschäft mit Investments, Hegding, Devisen- und Rohstoffspekulation für sich entdeckten. Seitdem spielen Spareinlagen und Kleinkredite kaum mehr eine Rolle – Finanzaktionen rund um den Globus geraten stattdessen regelmäßig außer Kontrolle, die Steuerzahler nicht nur in Deutschland müssen immer häufiger für solche windigen Geschäfte und deren Verluste einstehen. Und Grottian stellte die Frage, ob nicht mit anderen, neuen Arten demokratischer Kontrolle von unten die ökonomischen und politischen Eliten zu wirksamen Maßnahmen und Kontrollen zu zwingen wären.
Banküberfall anderer Art
Schon die Reporterin der „Lindauer Zeitung“, Regionalausgabe der „Schwäbischen Zeitung“ aus Leutkirch, meinte in ihrem effektheischenden Bericht über die Grottian-Rede in vorauseilendem Staats-Gehorsam, dass solche Aktionen für die Teilnehmer zu unangenehmen Folgen – bis hin zu Strafbefehlen – führen könnten. Denn Grottian sprach doch tatsächlich von „öffentlichem Druck“, von „zivilem Ungehorsam“. Und irgendwie erinnerte das an spaßige 68iger-Aktionen, als Fritz Teufel „zum Sprengen der Banken“ aufrief – und dann mit Gießkannen vor den Bankportalen erschien. Grottian hingegen dachte darüber nach, „mit Schokoladenpistolen und ohne Maskierung“ die Banken heimzusuchen.
Tatsächlich besuchten dann attacis der Bodenseeregion, mit Megaphon, Transparenten – „Soll die Wirtschaftskrise zur Sozialkrise werden?“ – und Flyern und ohne Masken ausgestattet, am 29. September 2011 anlässlich des bundesweiten attac-Bankenaktionstages die Filiale der Deutschen Bank in Ravensburg; gemächlich wie normale Kunden betraten die attac-Mitglieder die Schalterräume; ihr Sprecher Lothar Höfler hielt eine kurze Rede; die Angestellten staunten; die Geschäftsleiter ließen sich nicht blicken; die Polizei vor Ort blieb tatenlos.
Verhandlung nächsten Mittwoch
Nur die Lindauer Amtsrichterin wurde tätig: Sie verfügte gegen Peter Grottian einen Strafbefehl über 3900 Euro wegen Anstiftung zum Hausfriedensbruch. „Dabei“, so empört sich die Lindauer attac-Gruppe in einer damaligen Pressemitteilung, „gab es weder Hausverbote noch polizeiliche Maßnahmen. Alles lief friedlich ab.“
Professor Grottian hat gegen diesen Strafbefehl seinen Widerspruch eingelegt. Verhandelt wird der Fall, der mittlerweile bundesweites Medienaufsehen erregt, vor dem Lindauer Amtsgericht, Stiftsplatz 1, am Mittwoch, 18. Januar, 15 Uhr, Saal eins.
Autor: hpk
Das Amtsgericht Lindau hat Peter Grottian von der Aufforderung zum Hausfriedensbruch heute freigesprochen.
Die Republik dürfte sich mal wieder über den Südwesten kringelig lachen. Hier noch ein Gespräch mit Grottian über den „etwas anderen bewaffneten Widerstand“, das die Süddeutsche geführt hat – und das bereits neugierig macht auf die nächste Aktion „mit 270 Schokoladenpanzern“:
http://www.sueddeutsche.de/panorama/prozess-posse-in-lindau-der-professor-und-die-schoko-pistolen-1.1261275
Jawoll! Stillgestanden! Ruhe im Glied! Die Politik präventiver Einschüchterung und Diffamierung von Bürgern und die Beschneidung von verbrieften Bürgerrechten und Meinungsfreiheit findet in der Exekutive wie in der Judikative zunehmend untertänigst vorauseilende Hilfswillige.
Da wird gerne einmal mit der ganz großen Paragrafenkanone zurückgeschossen, wenn es einer wagt, die Schokopistole auch nur zu erwähnen. Wehe, es traut sich einer aus der Deckung, und outet sich als Staatszersetzer, womöglich mit satirischer Munition im Colt!
Der oder die soll die geballte Staatsmacht zu spüren bekommen, wäre doch gelacht, wenn wir diese unbotmäßigen Wutbürger nicht zur Räson brächten??
Ich fordere hiermit auf, solche Ausgeburten der Demokratur mit gut gefüllten Pipipistolen zu benetzen: Piss off!
Berichterstattungen der CDU Schwäbischen kennen wir in Ravensburg zu gut, vor allem wenn sie Folgen damit erreichen wollen.
gez. Roland Regolien http://www.rrpublizist.com
Veröffentlicht bitte den Namen dieser Richterin! Die sollten viele mal „besuchen“! Das sind genau diese UN-Rechtstypen, die in vorauseilendem Gehorsam versuchen,not-wendige Widerstandsaktion für ein fast schon faschistisch werdendes System „abzustrafen“! Man sollte dieser UN-Rechts-Xanthippe das Grundgesetz um die Ohren hauen, das Widerstand gegen Unrecht zur Pflicht macht. Auf die Verhandlung und das Urteil darf man gespannt sein.
Vor mehr als 50 Jahren betrat Prof. Dr. NN das AudiMax der Uni NN, eine „Einführung in das Recht“ für angehende Juristen, Volks-und Betriebswirte, Ingenieure zu geben. Nach einem Blick auf die 500 Studenten fragte er sich: „Ob hier einer drunter ist, der ein ordentlicher Jurist wird?! Auf das heftige Pfeifen und Zischen meinte er: „Na, schauen Sie sich doch die Gesetze und die Urteile an.“ Begeistertes Trampeln.
Dem ist nichts hinzuzufügen.