Der Protest der Buchhändler

seemoz-Buchhandel_ari2Über 4000 Buchläden im ganzen Land verkleben heute ihre Schaufenster: Mit ihrer Anti-TTIP-Plakataktion protestieren sie gegen das transatlantische „Freihandelsabkommen“, das derzeit zwischen EU und den USA hinter verschlossenen Türen ausbaldowert wird. Auch etliche Buchgeschäfte in Konstanz und Umgebung beteiligen sich an der Aktion. seemoz sprach mit Andreas „Ari“ Rieck vom Konstanzer Buchladen „Zur Schwarzen Geiss“.

Der Börsenverein des deutschen Buchhandels hat für den Tag der Kulturellen Vielfalt am heutigen Donnerstag eine Anti-TTIP-Plakataktion organisiert, an der über 4000 Buchhandlungen teilnehmen. Der Verein sieht in TTIP eine Gefahr für die Buchpreisbindung und den stationären Buchhandel. Und da hakt Ari schon ein: „Das ist der kleinste gemeinsame Nenner, auf dem man sich im Börsenverein geeinigt hat“, meint der Co-Geschäftsführer der Buchhandlung am Konstanzer Obermarkt, „aber wir von der Geiss lehnen TTIP ab, weil dieses Machwerk die verfassungsrechtliche Ordnung infrage stellt.“

Auch wenn die Forderung des Börsenvereins zu kurz greift (der Börsenverein verlangt lediglich, dass die Buchpreisbindung aus den TTIP-Verhandlungen herausgenommen wird), besteht die Gefahr, dass US-amerikanische Verlage gegen die Buchpreisbindung vor den TTIP-eigenen Schiedsgerichten klagen könnten. Rieck sieht die Gefahr eher von Newcomern des Verlagsgeschäfts kommen: „Amazon und andere könnten eine Wettbewerbs-Verzerrung monieren“.

Die Buchpreisbindung ist eine gesetzliche Preisbindung für Bücher und ähnliche Produkte. Sie schreibt den Verlagen (beziehungsweise den Buchimporteuren) vor, für jedes Buch einen unveränderbaren Preis festzusetzen, der dann für alle Buchhandlungen verbindlich ist. Dieser Eingriff in die „freie Marktwirtschaft“ wird vor allem damit gerechtfertigt, dass dem Buch als Kulturgut eine Sonderstellung zukomme und die Buchpreisbindung ein vielfältiges Buchangebot sowie eine  Versorgung durch kleinere Buchhandlungen gewährleiste. Entsprechende Regelungen gelten in elf EU-Staaten. Im deutschsprachigen Raum verfügen Deutschland und Österreich über eine gesetzlich vorgeschriebene Buchpreisbindung, in der Schweiz ist der Buchpreis 2012 frei gegeben worden (aus wikipedia).

Und damit das deutsche Buchpreisbindungs-Gesetz zu Fall bringen, fürchtet Ari, der an ähnliche Versuche auf EU-Ebene vor über zehn Jahren erinnert: „Damals wurde zur Abwehr solcher Forderungen die bis dahin freiwillige Regelung in einem Gesetz festgeschrieben“. Das hat ganz wesentlich zum Erhalt kleinerer Buchhandlungen, aber auch zu einer literarischen Vielfalt beigetragen. Denn nur unter dem Schutzschild der Preisbindung können Spezial-Verlage auch Arbeiten weniger erfolgreicher Autoren publizieren. Die Verarmung der Buch-Landschaft und das Aussterben des traditionellen Buchhandels gerade in angelsächsischen Staaten scheint Beweis genug.

Solche Befürchtungen haben auch viele Kunden, die sich auf der Protest-Plattform des Buchhandels äußern, darunter auch zahlreiche KonstanzerInnen: http://www.buchhandel-statt-freihandel.de.

„TTIP ist für die Konzerne“, bringt es Buchhändler Rieck auf den Punkt. „Darum unterstützen wir das Konstanzer Bündnis gegen TTIP (https://www.facebook.com/KonstanzgegenTTIP) und machen am heutigen Aktionstag mit“.

hpk/Foto: pw

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