DER Schandfleck mitten in der Stadt
Schon einmal haben wir auf seemoz darauf hingewiesen: Das Gebäude der ehemaligen Ruppaner-Brauerei, das sich von der Hussenstraße bis zur Oberen Laube erstreckt, ist in einem völlig verwahrlosten Zustand. Blinde Fenster, bröckelnde Fassaden, Dreck und Müll auf einer riesigen Fläche im Herzen der Altstadt. seemoz war vor Ort und hat sich einen Eindruck verschafft. Ein Rundgang mit beeindruckenden Bildern von Wolfram Mikuteit.
Wüsste man nicht, wo man sich befindet, dann fühlte man sich beim Betreten des Areals zurückversetzt in frühkapitalistische Zeiten gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Lange schon ist vielen KonstanzerInnen der elende Zustand dieser innerstädtischen Brache ein Dorn im Auge. Doch der Protest dagegen wird (noch) im Flüsterton geführt, denn die Besitzer dieser Immobilie, Karl-Bernhard Ruppaner und Wolfgang Scheidtweiler, zählen zu den einflussreichsten Honoratioren der Stadt. Und mit denen verscherzt man es sich nur ungern. Vieles wäre hier möglich. Zum Beispiel: Wohnungsbau.
Aufmerksam geworden auf die untragbaren Zustände ist die zuständige Verwaltung. Die Eigentümer wurden unlängst aufgefordert, zumindest eine Wohnung mit insgesamt zehn Zimmern wieder dem Wohnungsmarkt zuzuführen. Die Frist läuft noch bis Anfang Mai. Kommen Ruppaner und Scheidtweiler dieser förmlichen Anordnung nicht nach, droht ein empfindliches Bußgeld wegen des Verbotes der Zweckentfremdung von Wohnraum. Auch seemoz hat schon vor Monaten bei Ruppaner nachgefragt, welche Pläne er mit der Immobilie hat. Eine Antwort steht noch immer aus, man übt sich auch gegenüber der Stadtverwaltung in nonverbaler Kommunikation. Doch aussitzen lässt sich das Thema auf Dauer wohl kaum.
H. Reile (Fotos: Wolfram Mikuteit)
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Mehr zum Thema:
25.10.16 | Ruppaner wegen Zweckentfremdung unter Druck
Vor_Jahren_stand_dieses_Haus_zum_Verkauf._Ich_habe_das_auch_besichtigt.Die_Eigentümer_wollten_einen_sehr_hohen_Kaufpreis_für_diese_Ruine.
Kevin, ganz großes Kino! Sorry Holger – der Punkt geht eindeutig an Kevin!
„……huhuuh , huhuuh,..“! Anita Pallenberg in dem Lied “ sympathy for the devil“ von den Stones.
Ja, wer schafft es die Casba zu decodieren? linke Indie-Idylle? magischer Ort von Dissidenz/Subversion, Authentizität und großen Gefühlen? What can a poor boy/girl do, than playin´ rock´n -roll.
Love & Respekt, Hasta la victoria, ihr wißt, wer ihr seid.
Verantwortungsbewusste Eigentümer kümmern sich um ihren Besitz – dies haben Ruappaner und Co. eindeutig nicht getan. Mit einer frühzeitigen regelmäßigen Sanierung/Renovierung hätte man den Charakter dieser Ansammlung von Häusern in seiner Gesamtheit sicherlich so erhalten können, dass es deren Charme keinen Abbruch getan hätte, Mieten/Pacht wären in gesundem, „sozial verträglichen“ Maße angeglichen worden. So hätte es im Idealfall laufen können. Stehen die Häuser eigentlich unter Denkmalschutz oder können sie aufgrund einer evtl. nicht mehr möglicher Sanierung abgerissen werden? Dies wäre nicht das erste Mal, dass Häuser dem Verfall preisgegeben werden, um sie dann durch letztendlich rentablere Neubauten zu ersetzen. Tja, und das Jammern hat seinen Grund, Beispiele rücksichtloser Nachverdichtung, ohne den Bedarf an sozialem Wohnraum angemessen zu decken, gibt es genug: Cherisy, Petershausen, Jakob-Burckardt-Straße, das Torhaus-Areal, das künftige Vinzentius und die geplante Döbele-Bebauung, die „malerisch schöne“ links- und rechtsrheinische Uferbebauung usw. , das ist für mich schon Grund zu jammern.
Den Termin heute Abend habe ich mir selbstverständlich vorgemerkt, es wird Zeit für konstruktiven Gegenwind.
Jetzt ist es offiziell. Hier kommt dm Nummer 7 rein.
Liebe Nadja,
vermutlich meinen Sie die Gebäude der Firma Ravensberg. Eigentlich sind es zwei Firmen – eine Chemiefabrik und eine Immobilienfirma. Ich wünsche keinem, in die Fänge einer der beiden zu geraten. Mit deren Taten könnte man Fernsehserien füllen, wenn es hierzulande freie Medien und eine unabhängige Justiz gäbe.
Lieber Kevin
Danke für dein Kommentar! Ich kann dir nur zustimmen.
Jetzt aber mal ne Frage- wo genau befinden sich diese 10 leer stehenden Zimmer? Vielleicht sollte man das mal in der alternativen Szene bekannt machen und auf eine Hausbesetzung (welche meiner Meinung nach gut dorthin passen würde) hoffen?
Frage zwei: weiss irgendwer was mit dem riesen Gebäude am Petershauser Bahnhof ist? Das steht auch leer und sieht eindeutig schlimmer aus.
@Normen, Nix, Kulke, Bernecker und einige andere:
Ja, das Casba ist ein Gegenstück zur Mainstream-Kultur in dieser Stadt und auf jeden Fall erhaltenswert. Aber dort mal wieder ein Bier zu trinken und sympathisch-verträumt darauf zu warten, dass eines Abends die Türe aufgeht und Bukowski, der Mann mit der Ledertasche, mit versoffener Stimme einen Eimer Hefeweizen bestellt und Kevin Coyne seinen Song „The world is full of fools“ anstimmt – das wird nicht reichen. Wie wäre es denn mit folgender Vorgehensweise: Gründung einer Interessensgemeinschaft Ruppaner mit allen Initiativen auf dem Areal (wie ist es beispielsweise um die Miet/Pachtverträge bestellt, wie um deren Rechtssicherheit?) – Koalitionen schmieden – das Gespräch mit Verwaltung und politischen Gremien suchen – öffentlich die Eigentümer auffordern, ihre Pläne auf den Tisch zu legen – dort geht nur deshalb nichts voran, weil Ruppaner und Scheidtweiler unterschiedliche Vorstellungen haben, wie das Areal vergoldet werden könnte – Alternativen formulieren, zusammen mit anderen, an einer menschenfreundlichen Stadtgestaltung Interessierten an einen Tisch setzen, Möglichkeiten ausloten, auch wenn sie anfangs vage erscheinen. Morgen, Montag um 20 Uhr im Treffpunkt Petershausen ist das bei einer Veranstaltung genau das Thema uswusf..Will heißen: Alleine nostalgische Schwärmerei hilft genauso wenig wie das Verharren im Jammermodus, dass die Stadt sowieso im Eimer ist und ihre negative Entwicklung nicht mehr zu stoppen sei. Diese defätistische Einstlellung ist zu dürftig und bringt keinen weiter, außer man hängt der Lebenseinstellung nach: Ich leide, also bin ich.
Es muss ja auch noch eine Alternative zwischen Schandfleck und durchgestyltem Yuppiequartier geben….
Vielleicht hilft hier mal ausnahmsweise mal ein Blick über den großen Teich. Motto: „Make Konstanz more Portland again!“
https://youtu.be/7X46ISfQSfg
Wolfram und Kevin:
Fotos schon gestern begeistert betrachtet, Text gerade erst gelesen, hat meinen Tag verschönt! Halleluja, was für eine Sprache
Fotos und Text gehören zusammen wie Arsch auf Eimer – Identität hat viele Gesichter. In Konstanz wird sie Stück für Stück zerstört.
Bitte, bitte nicht die Stadt ´ranlassen, womöglich mit der Wobak, dann wird´s weder was mit alternativen Wohnmodellen noch mit günstigem Wohnraum noch können all die bisherigen Mieter Casba, Rockcafé, Tanzschulen etc. ihre Räumlichkeiten zu (für diese!) bezahlbaren Mieten (be-) halten. Schlechte Beispiele dafür gibt es wahrlich genug. Mein Vertrauen in vernünftige, wirklichkeits- u. bürgernahe Entscheidungen ist schlichtweg nicht mehr vorhanden. Die Minderheit der „Bürgerversteher“ hat keine Chance.
Soziokulturelles Zentrum hört sich gut an, entspricht aber ganz und gar nicht der Denke der SV und auch nicht jener eines Rates, der sich mehrheitlich von einem Ober – Meister instrumentalisieren lässt, dem wir Einheimischen völlig wurscht sind und der unsere Stadt für ein einziges Ziel benutzt: er will die „Großstadt“ KN. Die Mittel: rasches Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum, um jeden Preis. Den bezahlen wir. Dieser Weg führt rücksichtslos an vielen Eingeborenen und deren Bedürfnissen vorbei. Eine Minderheit profitiert von maßloser Kommerzialiserung und Vermarktung, dem Ausverkauf unserer Stadt. Es weht ein eiskalter Wind, der mit sich trägt, was Heimat war, vertraut, „unseres“. Konstanz verliert seine Identität, zu Vieles ist bereits verschwunden, was mit unserer Stadt fest verbunden war. Ich fühle mich fremd in Burchard-Stadt. Kein Wunder, dass wir festhalten an dem, was seit vielen Jahren zu unserem Leben gehört, an Nischen und „Verstecken , an Orten, wo wir uns noch „daheim“ fühlen. Wo wir nicht in der Masse der Anonymität verschwinden, in Kneipen, die zu schick sind, um welche zu sein, unter Menschen, die wir nicht kennen. Wo die „Reserviert“-Schilder uns draussen halten und die unverschämten Preise, wo Spontanität keinen Platz hat und auch kein persönliches „Hallo“. In die Casba z. Bsp. finden auch junge Konstanzer ihren Weg, immer dann, wenn sie für Tage zurückkehren aus Berlin oder Hamburg. Was ist denn geblieben von einer „Szene“, die bunt war und vielfältig? Selbstgefälligkeit sehe ich keineswegs bei den Kommentatoren, sondern gepaart mit gefährlicher Selbstüberschätzung in den ewigen Wiederholungen des Herrn Burchhardt über die „positive, nachhaltige Entwicklung“ von Konstanz, in herablassenden Bemerkungen über die 70er Jahre, in denen wohl keiner mehr leben wollte(auch da täuscht er sich übrigens gewaltig), in seiner Ignoranz gegenüber Bürgerbeteilugung u. u. u. . Uns wird nicht nur Lebensraum sondern auch Lebensqualität genommen, diese sinkt rapide, während die Preise in sämtlichen Bereichen explodieren. Es wird Zeit für mehr Zusammenhalt – und mal wieder einen Besuch in der Casba.
@Wolfram
@Kevin
Zunächst ein dickes Kompliment an den Fotografen:
diese morbide Schönheit des Areals haben Sie wunderbar eingefangen.
Kevin-Ihre Liebeserklärung an die Caspa hat lange verschüttete Erinnerungen an legendäre Nächte wachgeküsst.
Danke dafür und Ihre Haltung. Christoph Nix rückt Ihren Text in die Nähe von Charles Bukowski. Ja! Das passt.
Das macht Lust auf einen längst überfälligen Besuch. Vielleicht mit Musik von Tom Waits.Oder doch Punkrock?
Normen
Kevin Kulke hat einen der romantischten Beiträge geschrieben, den ich in den letzten Monaten gelesen habe. Nein, das hat nichts mit Suff zu tun, das ist eine Sprache die an Bukowski erinnert und an die Lieder des wunderbaren Russen Wysotzki.
Da wehrt sich einer gegen die eindimensionale Welt in Konstanz, die alles saniert, überschaubar und beherrschbar haben will und da gibt einer eine Liebeserklärung ab: an die Wirtin, den Fußboden, den Tresen und den Dreck. Mein Gott, so etwas macht Saubermännern Angst, aber die Heiligen und die heiligen Geschichten findet man eben nur im Staub oder im Stall, manchmal steht er in Bethlehem, in Aleppo, aber nicht am Seerhein. Einmal hatte mein Sohn mich mitgenommen in die Casba, alleine war ich zu schüchtern und wie ich meine auch zu alt: es war einer meiner schönsten Abende in dieser Stadt. Toll, dass es junge Leute wie Kevin Kulke gibt…
Einige haben offensichtlich soviel gesoffen – wahrscheinlich in ihrem Biotop – dass „die Politik“ von ihnen nichts befürchten muss.
@ Kevin Kulke
vielen Dank für das Kompliment zu den Fotos und diesem köstlichen Rant überhaupt. Gut gefallen hat mir die Forderung nach dem szenerelevanten Denkmalschutz!
Gruß Wolfram
Lieber Stadtrat Reile,
ihre Argumente sind durchaus überzeugend. Fakt ist: Durch das Zweckentfremdungsverbot wird Druck auf die Eigentümer ausgeübt, das ist erstmal zu begrüßen. Die Verwaltung beschäftigt sich mit Sicherheit hinter den Kulissen bereits mit dem Thema. Umso wichtiger, dass Sie als Stadtrat das Thema jetzt auf die öffentliche Agenda setzen.
Neuer Wohnraum und eine Sanierung sind im Prinzip unumgänglich bei dem Areal. Wichtig ist das Wie: Es darf nicht zu einem gentrifizierten Luxusareal werden! Es darf aber sehr wohl saniert und modernisiert werden. Die Idee eines soziokulturellen Zentrums ist gut, aber das geht nur mit einem Eigentümer und Investoren die dazu bereit sind. Das wird nicht einfach werden.
Ey ich glaub mein Schwein pfeift La Paloma! Wenn’s um die Casba geht, wird es persönlich, deswegen muss ich mir gerade mal die Zeit nehmen und meinen durchschnittlichen Freitagnachmittags Schnaps beiseite rollen:
1. Hut ab an den Fotografen, Herrn Mikuteit. Ihm ist nämlich gelungen etwas einzufangen, was im späteren Verlauf dieses Textes noch mal relevant sein wird. Nämlich Authentizität. Dieser Hinterhof ist am Arsch. Es sieht aus, wie in einer stillgelegten nordkoreanischen Traktorenfabrik und als würden gleich zwei mit UHU-begeelte Messerboys um die Ecke treten, um einen die letzte Mark aus dem Mantel zu schütteln. Famoses Bildgut. Da werden Erinnerungen an Geknutsche hinter Mülltonnen wach. Oder wildes Gekotze unter unglücklich parkenden Autos. Oder nicht enden wollenden Diskussionen, die nicht mal der Türsteher um drei Uhr morgens zu unterbinden wusste. Good times.
2. Wohnraum ist Konstanz ist knapp. Mehr als knapp. Das war scheinbar schon im Mittelalter so (nachzulesen: Die Wanderhure, irgendwo mittendrin). Die Antwort der letzten Jahre war aber immer wieder die falsche. Nämlich das Bedienen eines bereits mehr als bedienten Yuppieklientels, das seinesgleichen mit sich bringt, sich rasch vermehrt und zack – ist die komplette Innenstadt voll von polohemdtragenden Segelschuh Milchvisagen, die dort ihre missratenen Gören an der Leine zum Erlebnisbad führen. Diese Gören werden irgendwann erwachsen und blockieren am Ende an der Uni den Weg zum Bockwurststand, weil sie mit ihren veganen Sojamacchiatos noch zum AIESEC Treffen drängen… könnten ja Plätze in fucking Mailand verschütt gehen.
Der Punkt ist der: die Monstrositäten an der Cherisy haben den ersten Ton in die apokalyptische Trompete geblasen, die uns da bevorsteht. Wohnraum für die Falschen, unter falschen Bedingungen, auf Kosten der Falschen. Denn wenn man die Gegend zwischen Akropolis und Sonne (was liegt da rein geografisch? Richtig – der Himmel) sanierte, ginge etwas verloren. Nein. Etwas würde weggenommen. Nämlich der letzte verbliebene Rest Rock’n’Roll den das Kacknest am Bodensee noch hat.
3. Früher war in Konstanz mal wirklich was los. Doch in den letzten Jahren sind uns ein paar Charakterköpfe und deren Läden abhandengekommen. Und darunter leidet die ganze Stadt. Denn was bleibt, ist nichts als dünnes Plastik. Juristenkneipen und Großraumdisco. Wer sich Pubatmosphäre und ein bisschen raue Hafenspelunke wünscht – der kann nur noch in die Casba gehen. Weiland gab es Läden wie die Corso Bar. Dort war sicher: egal was man an einem Freitagabend so unternimmt, was man gerne trinkt und mit wem – aber ab 3 Uhr morgens trifft man sie alle dort. Der letzte Laden vor Sonnenaufgang. Es war eine einzige Schande, als sie eines Tages fort war. Und so ging es manch anderem Ort in Konstanz im Anschluss. Kau’s. Manuskript. Sogar so verschissene Nulpenkneipen wie der Klimperkasten waren dem schwarzen Tod der Trinkkultur nicht gefeit.
Und zwischen all diesem Elend, stand die Casba stets wie ein Fels in der Brandung aus Langeweile, die Konstanz sonst so holunderblütenumwölkt ausmacht.
Was ist die Casba und Umgebung? Die Casba ist ein Projekt – klassenlos, charaktervoll, authentisch. Sie kennt keine Unterschiede zwischen den Menschen – nur vielleicht zwischen denen die Mama auf den Sack gehen und denen, die sie mag und einer Bienenkönig gleich mit ihrem Geleé Royal füttert. Sprich Jägermeister.
Und ist dieses Eck ein Schandfleck? Zweifelsohne. Nichts anderes darf es sein. Manche Dinge gehören einfach zusammen. Und eine abgefuckte Kneipe gehört in ein abgefucktes Areal und darf in meinen Augen auch gerne Stachel im Fleisch fettgefressener Konstanzer Honoratioren sein.
Die Casba ist eine Legende. Ein mythenumrankter Ort, von dem mit großer Wahrscheinlichkeit 90% aller Geschichten, die man von dort hört gnadenlos übertrieben sind. Sogar der zertrampelte Fußboden dieses Ladens hat eine eigene Erzählung. Wie kann man sich denn allerorten über zunehmende Beschleunigung, Gentrifizierung und neoliberales Glattbügeln beklagen und dann ausgerechnet an einem derartig hervorgehobenen Ort alternativer Selbstzerstörung exakt die gleichen Ideen ansetzen, die schon die Cherisy langsam aber sicher zugrunde zu richten drohen?
Was würde mit Ansage geschehen, wenn man, wie von Holger vorgeschlagen, die ehemalige Ruppaner Brauerei entwickeln würde? Zu Wohnraum umwandeln würde? Die Casba würde sterben. Sie würde zerrieben zwischen Anwohnern und feierwütigen Wahnsinnigen, die in dieser Kneipe den letzten Rückzugsort für ein Lebensgefühl gefunden haben, dass man auch in anderen Städten von ähnlichem Format zunehmend vermissen lässt. Wo man rauchen und sich bescheuert benehmen darf. Wo noch Bierkrüge fliegen. Wo dicht gedrängt zwischen Kickertisch und aufgequollenem Tresen jungen Menschen noch Werte wie Punkrock, Tequila und stehend kotzen vermittelt werden? Wo man jederzeit Zuflucht finden kann, vor dem nebligen Einerlei einer Stadt, die sonst den Charm eines gebügelten Spitzendeckchens aufweist.
Es geht nicht darum dem unvermeidlichen Fortgang der Dinge im Weg zu stehen. Es geht darum ein Biotop zu bewahren, das sonst schlicht verkümmern würde.
Ich möchte daher an dieser Stelle dafür plädieren, das gesamte Areal unter szenerelevanten Denkmalschutz zu stellen.
Casba la victoria siempre.
Hier haben wir ein gutes Beispiel für die Analogie zwischen der kleinen und der großen Politik: Dieses Mal war Konstanz den USA um Jahre voraus. In dieser Stadt gibt es noch so viel zu tun. Die Stadt hatte vor ein paar Jahren einen kleinen Trump erhalten (gewählt!) und er versucht nichts anderes, als der große Trump es auf dem großen Kontinent jenseits des Atlantik tut: alles schnell in Taten umzusetzen. Allerdings nicht, was die Mehrheit der Bürgerschaft will, sondern Handlungen, um welche der letzte OB sich anscheinend nicht gekümmert hatte und, welche das Konstanzer Establishment beabsichtigt umzusetzen, für was der kleine Trump ein unglaubliches Feingefühl hat.
@radojevic, dietrich und hellwig,
Man gönne sich doch mal den zweiten Gedanken und schaue über den persönlichen Tellerrand. Zum Beispiel wäre dann evt. zu sichten: Die Stadt verhandelt mit den Eigentümern, kauft es und entwickelt das Areal mit anderen Partnern (natürlich nicht aus der Heuschreckenbranche) in Eigenregie. Sorgt dann unter anderem dafür, dass preisgünstiger Wohnraum und alternative Wohnmodelle entstehen und auch alle bislang dort ansässigen Initiativen und Projekte die Chance haben, ihren Standort zu behalten. Warum kein soziokulturelles Zentrum mitten in der Stadt? Da spricht rein gar nichts dagegen, die Kommune muss eben Geld in die Hand nehmen, Geld, das sie auch hat. Außerdem gibt es für Vorhaben dieser Art Zuschüsse von Bund und Land. Phantasie ist gefragt, Hartnäckigkeit dazu. Vorstellbar ist auf diesem Areal einiges. Aber nur darauf zu hoffen, dass alles so bleibt, wie es ist, ist keine Option. Da spielt man wohl eher den Eigentümern in die Hände, die – davon bin ich überzeugt – nur darauf warten, dass die Grundstückspreise weiter steigen und sie die Brache dem Meistbietenden über die Tischkante schieben. Und dann, Freunde der kuschligen Alternativkultur, wird es ganz schnell Essig sein mit Eurer Selbstzufriedenheit. Und das, nehme ich mal an, liegt sicher nicht in Eurem Interesse. In meinem übrigens auch nicht.
Es ist gut, dass seemoz Zweckentfremdungen von Wohnraum thematisiert. Es darf dabei aber nicht vergessen werden, dass dieses Areal mit der Casba einen der wenigen Orte in Konstanz beherbergt, an dem Menschen auch jenseits von schicken Restaurants und Bars mit hohen Preisen einen Abend verbringen können. Ein Kompromiss, der (günstigen) Wohnraum schafft und mit der Casba einen wichtigen Ort für das Zusammenleben in Konstanz erhält, wäre wünschenswert.
Eben wird noch ums Scala getrauert , soll nun die nächste Bastion einer alternativen Kultur im Stadtzentrum preisgegeben werden :
Es geht hier nicht nur ums Casba, es gibt noch andere Mieter : ein Rockcafe, ein Kulturverein, Modern- Dance und Stepschule – alle auf bezahlbare Flächen angewiesen.
Ein paar -wegen der Lage sicher hochpreisige- Wohnungen mehr würden das Wohnproblem nicht merkbar verbessern, aber die Innenstadt wäre dem Kommerz wieder ein Stück näher gerückt.
Hier gleich Vetternwirtschaft oder Filz zu unterstellen ist simpel, populär und falsch, denn die Akteure und das Problem sind bekannt, die Stadtverwaltung aktiv. Investoren, die ohne auf eine ordentliche Rendite zu hoffen, einige Millionen in die Hand nehmen sind leider selten
Sehr gelungene Satire zum Thema „Sauberer ischs Konstanzerischer“,
für alle , die noch nie dort waren : In dem Block sind Restaurants -> Akropolis, Sonne ; Kneipen -> Casba , Rockbar …. Tanzschule etc pp.
Würde das auch noch luxussaniert gäbe es bald nochmal einen lokalen Stammtisch unter dem Motto : „Damals im Cafe Caos, dem Fischkult, dem Cafe Caro, dem Intershop uswuswusw. Lasst die Gitarren laufen.
Wohnraum zu schaffen ist sicherlich eine wichtige Aufgabe in Konstanz. Die Frage ist dann halt trotzdem wieder: Zu welchem Preis? Man mag diesen Ort als Schandfleck bezeichnen oder eben auch als einen der wenigen Orte in Konstanz, der noch nicht komplett durchgestylt und gentrifiziert ist. Ich persönlich fühle mich da sehr wohl und das geht jeden Abend zahllosen jungen und alten Leuten genauso, die dort mit der Casba auch ein kulturelles und soziales Zentrum haben. Könnte man dort ein paar Wohnungen schaffen? Sicherlich. Ist es gerechtfertigt für Wohnungen eine weitere wichtige, nein, DIE wichtigste Kneipe in Konstanz in ihrer Existenz zu gefährden? Aus meiner Sicht und derer die dort ein paar Mal in der Woche dem muffigen Konstanzer Spießertum entfliehen können ganz sicher nicht.
Honoratioren, Vetterleswirtschaft, Lobbyismus, Filz und Co. – es läuft an vielen Orten so!
Da brauchen „wir“ uns nicht zu wundern, dass es stetig wachsende Politikerverdrossenheit gibt.
Offensichtlich begreifen die Verantwortlichen (immer noch) nicht, dass unsere Noch-Demokratie bei dieser, ihrer Politik „hopps geht“!
Wie blöd ist das eigentlich?