Dicke Backen, viel Arroganz und neue Wohnungen

Wir werfen den Blick auf ein kommunalpolitisches Forum, das alles andere als jung ist, aber im Schattenboxen seinesgleichen sucht. Dazu: Manchmal geht es nicht ohne Druck, um Immobilienbesitzer zur Vernunft zu bringen. Und: Die Stadtwerke stellen sich stumm zum Thema Bustarife. Laut dagegen dürfte es werden, wenn die AfD bekannt gibt, in welchen Städten im Landkreis Konstanz sie ihr geistiges Brackwasser bei den kommenden Kommunalwahlen anbieten möchte.

Dicke Backen und viel heiße Luft

Gerade in Vorwahlzeiten mühen sich manche Parteien und Wählerinitiativen verstärkt um Aufmerksamkeit. Geschenkt. Wie sich aber das sogenannte Junge Forum Konstanz (JFK, Durchschnittsalter über 50, halbwegs jung sind nur die MitarbeiterInnen hinter den Kulissen) aufbläht, ist schon mutig. Auf ihrer FB-Seite bezeichnen sie sich als „Politik-Enthusiasten“, die sich über „globale und zukunftsorientierte Ansätze“ austauschen und dabei auch die Interessen der „Unterprivilegierten“ immer im Auge hätten. Davon allerdings hat man bislang nur wenig gemerkt, denn in der Regel nicken die vier RätInnen der zwangsjuvenilen Truppe mit wenigen Ausnahmen das ab, was die Verwaltung vorschlägt. Wofür die JFK eigentlich steht, blieb der interessierten Öffentlichkeit bislang verborgen. Doch das hindert die sehr von sich Überzeugten nicht daran, sich genüsslich in dick aufgetragener Selbstüberschätzung zu wälzen: „Stets denken wir an die Zukunft dieser einmaligen Stadt“ oder: „Das Konsensprinzip und die Wertschätzung, mit der wir miteinander umgehen, sind einzigartig“. Geht’s noch?

Kein Anschluss unter dieser Nummer

Vor knapp zwei Wochen wollte die Linke Liste (LLK) von den Stadtwerken wissen, mit welchen Kosten man rechnen müsse, wenn das Busticket in Konstanz nur noch 1 Euro kosten würde. Diesen Schritt hat Radolfzell bereits vollzogen und, trotz düsterster Prognosen im Vorfeld, damit auch Erfolg. In unserer Nachbarstadt gibt es sogar einen vergünstigten Tarif, der die Fahrt für 50 Cent ermöglicht. Etwa 40.000 Euro lässt sich Radolfzell dieses Angebot an ihre BürgerInnen monatlich kosten und erhofft sich damit unter anderem eine Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs. Ob das eintritt, ist zur Zeit noch nicht zu sagen, deutlich zugenommen haben allerdings die Fahrgastzahlen. Ähnliche Überlegungen gibt es europaweit auch längst in anderen Städten oder dementsprechende Maßnahmen bis hin zum Nulltarif wurden bereits umgesetzt. Doch die Konstanzer Stadtwerke halten es nicht für nötig, auf diese einfache Frage einer im Gemeinderat vertretenen Fraktion zu antworten. Das nennt man wohl Arroganz. Ebenso verhält es sich mit der Anfrage der FGL, die anregte, zumindest samstags gratis die Busse nutzen zu können. Antwort der Stadtwerke: Auch keine.

Das Zweckentfremdungsverbot greift

Zumindest ein wenig. Zwei Beispiele: Jahrzehntelang stand die prächtige Villa in der Neuhauserstraße 19, die der Familie Nissenbaum gehört, leer und rottete erbärmlich vor sich hin. Die Gesetzeslage aber ist klar: Wenn Wohnraum länger als sechs Monate leer steht, gilt er als zweckentfremdet, und im Extremfall können deshalb Bußgelder bis zu 50 000 Euro verhängt werden. Das hat nun auch den Besitzer der unter Denkmalschutz stehenden Villa dazu veranlasst, sie wieder Wohnzwecken zuzuführen. Klar, günstige Wohnungen werden dort nicht entstehen, aber immerhin bleibt ein Stück Konstanzer Architekturgeschichte erhalten.

Auch in der Brauneggerstraße 25 tut sich was. Der Eigentümer des mehrstöckigen Gebäudes im Paradies, Uwe Rauhut, hat sich nach langen Jahren des Leerstands und auch aufgrund massiven Drucks der Verwaltung, entschieden, seine Immobilie wieder bewohnbar zu machen. So zumindest die aktuelle Information. Über beide Objekte hat seemoz mehrfach berichtet.

Hauptsache, der Stoff fließt

Es ist müßig, über Sinn oder Unsinn des Konstanzer Oktoberfests zu schwadronieren. Die importierte Bayernseuche auf Klein Venedig, die vorgestern ihr bierseliges Ende fand, freut vor allem einen: den Festwirt Hans Fetscher. Auffällig auch die Tatsache, dass das Konstanzer Oktoberfest eine Woche vor dem Münchner Original eröffnet wird und dann auch noch länger dauert. Den Zeitraum seiner umsatzträchtigen Sause kann Fetscher selbst bestimmen, „wenn dieser im Rahmen des Lärmschutzkonzeptes (…) möglich ist und auch sonst der Gemeingebrauch auf dem geplanten Veranstaltungsgelände nicht übermäßig beeinträchtigt wird“, wie das Bürgeramt auf seemoz-Anfrage bestätigte. Die Frage nach Großveranstaltungen in Konstanz, dazu gehört natürlich auch das Seenachtsfest, wird noch im Oktober im Gemeinderat diskutiert. Will man weiterhin auf Events setzen, die halb Baden-Württemberg und den benachbarten Thurgau nach Konstanz locken? Oder fährt man die Massenveranstaltungen mit all ihren unangenehmen Begleiterscheinungen (Verkehrsinfarkt, Umweltbelastungen) auf ein erträgliches Maß herunter und erarbeitet Konzepte, die auch die Bedürfnisse der Einheimischen mehr in den Vordergrund rückt?

Braun dräut es am Horizont

Die Kommunalwahlen 2019 stehen an und man muss wohl damit rechnen, dass die AfD in einigen Städten antreten wird. Engen und Stockach sind im Gespräch, aber auch Singen und Konstanz. Vor allem unterm Hohentwiel rechnen sich die rechten Hassprediger gute Chancen aus, denn bei der letzten Landtagswahl erreichte ihr Kandidat Wolfgang Gedeon in einigen Singener Stadtteilen weit über 20 Prozent. Die einstige Arbeiterstadt gilt nun als eines der braunsten Nester im Land. Der rechtsextreme Hardliner sitzt im Landtag, wenn auch als fraktionsloser Abgeordneter, denn einige AfD-ler wollen, zumindest vordergründig, mit Gedeon nicht in einen Topf geworfen werden. Bei der vergangenen Bundestagswahl erzielte der AfD-Kandidat Walter Schwäbsch, ebenfalls ein strammer Rechtsaußen, in Konstanz ein Zweitstimmenergebnis von 6,8 Prozent. Hält die AfD diesen Anteil, und davon ist leider auszugehen, säßen die rechten Brunnenvergifter mit zwei oder drei Leuten im Konstanzer Gemeinderat. Noch schlimmer könnte es in Singen werden. Dort bekam die AfD bei der letztjährigen Bundestagswahl knapp 17 Prozent der Zweitstimmen und lag damit fast gleichauf mit der SPD. Da darf einem jetzt schon dunkelbraun vor Augen werden.

H. Reile