Die Eliteschüler der Nation

Konstanz jubelt über den Titel „Elite-Uni“! Wirklich ganz Konstanz? Nicht nur Studierende, nicht nur in Konstanz, kritisieren, dass die Exzellenzinitiative gerade für Studenten kaum Verbesserungen bringe. Vielmehr drohten Forschung und Lehre weiter entkoppelt zu werden, und die Betreuung der Studierenden würde zum Anhängsel des Universitätsbetriebs. „Schluss mit der Elitenbildung“ fordert dann auch der AStA der Uni Konstanz. Denn auch Hörsäle kennen nicht nur Muster- und Eliteschüler.

„Unverhohlenes Ziel der Exzellenzinitiative ist eine so genannte funktionale Hierarchisierung der Hochschulen, bei der einzelne Universitäten zu Forschungsleuchttürmen aufgewertet und andere zu Massenausbildungsstätten degradiert werden sollen. Dies zeigt sich schon daran, dass vier Universitäten (TU München; LMU München; RWTH Aachen; Universität Heidelberg) fast ein Drittel der gesamten Fördersumme der 1. Runde auf sich vereinigt haben“, erläutert Sandro Philippi, hochschulpolitischer Referent im AStA.

Und weiter: „Die Exzellenzinitiative schafft dabei die Unterschiede, die sie zu messen vorgibt. War das hiesige Hochschulwesen für eine grundsätzliche Gleichwertigkeit in Lehre und Forschung bekannt, soll nun mittels ungerechter Verteilung der Gelder Ungleichheit produziert werden. In der nun anlaufenden zweiten Förderrunde können diese als Legitimationen für weitere Förderungen herangezogen werden.“

Die Exzellenzinitiative bestimmt, auf welche der ungefähr 350 Hochschulen der Bundesrepublik Deutschland die für diesen Förderzeitraum vorgesehenen 2,7 Milliarden Euro verteilt werden. Insgesamt werden so im Zuge der Exzellenzinitiative 4,6 Milliarden Euro ausschließlich für Forschungsprojekte vergeben. Dabei profitiert vor allem eine kleine Gruppe von Universitäten, die über ökonomisch verwertbare Forschungsausrichtungen verfügt

„Der Effekt dieses Eingriffs hat sich inzwischen gezeigt: Drittmittelgeber orientieren sich an den Ergebnissen der Initiative und geben denen mehr, die ohnehin schon begünstigt wurden. Die Drittmittelquote wiederum wird bei der Entscheidung über die zweite Förderrunde einen bedeutenden Einfluss haben. Im Ergebnis wird dabei das Matthäus-Prinzip angesteuert, bei dem immer diejenigen viel erhalten, die ohnehin schon viel haben. Was das mit Gerechtigkeit zu tun haben soll, ist mir schleierhaft“, ergänzt Claudia Tutino, Mitglied des Außenreferats der Studierendenvertretung.

Auch föderale Differenzen werden hierbei eher verstärkt als abgebaut. So ist auffällig, dass vor allem Universitäten aus Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen hohe Geldsummen über die Exzellenzinitiative einspielen konnten. Auf der Strecke gebliebene Länder versuchten nun, ihrerseits Förderprogramme aufzubauen. Welche Bundesländer dafür Gelder haben, dürfte klar sein.“

Hintergrund: Die jetzt vergebenen 2,7 Milliarden Euro werden den Siegern des Elitewettbewerbs bis 2017 zur Verfügung gestellt, das sind rund 800 Millionen Euro mehr als in der ersten Runde von 2006 bis 2011. Der Anteil des Bundes am Förderprogramm beträgt 75 Prozent, die restlichen 25 Prozent müssen von den Ländern aufgebracht werden. Dass der Länderanteil ein Nachteil sein kann, zeigte sich schon bei der ersten Runde. Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) hatte damals betont, dass die Befürchtung, ein Bundesland könne diese Summe nicht dauerhaft garantieren, natürlich die Chancen eines Bewerbers aus diesem Land deutlich verringere. Folge: Sechs der neun »Leuchttürme« wurden in Baden-Württemberg und Bayern aufgestellt (ND)

„Auch auf die Lehre hat das gemeinsame Projekt von Bund und Ländern verheerende Auswirkungen. So wird ausschließlich Forschung gefördert. Um allerdings förderbar zu werden, müssen personelle und materielle Ressourcen in erfolgversprechende Bereiche umgeleitet werden. Das führt zu einer einseitigen Konzentration der Mittel und trägt dazu bei, dass es in den angeblichen Eliteuniversitäten zu Engpässen kommt“, stellt Patrick Bredl, Mitglied des Senats- und Rektoratsausschusses für Lehre und Weiterbildung, klar.

„ Damit in der Forschung gute Leistungen hervorgebracht werden, kommt es verstärkt zu Freistellungen in der Lehre. Schon bei Berufungsverfahren zeigt sich, wie Forschung zunehmend an Gewicht gegenüber der Lehre erhält“

„Statt durch finanzielle Verknappung, wie sie in den letzten Jahrzehnten stattgefunden hat, die Hochschulen in unternehmerische Logiken zu drängen, sollten die Grundmittel der Hochschulen drastisch erhöht werden. Nicht zwanghaft Profilbildung sollte relevant sein, um Mittel zu vergeben, sondern soziale Bedürfnisse und gesamtgesellschaftlicher Fortschritt“, fordert Johanna Heuer, Präsidentin des Studierendenparlaments und sagt: „Die zunehmende Ökonomisierung von Bildung und Wissenschaft resultiert aus Verwertungslogiken, die den vorherrschenden Gesellschaftsverhältnissen entsprechen. Es gilt diese Strukturen zu überwinden“

Autor: PM/hpk

Kontakt: Sandro Philippi, Tel.: 01746151666; U-AStA der Uni Konstanz, Fach D56, 78457 Konstanz; Tel.: 07531/88-2517, -2516, Fax: 07531/88-3158; Mail: <asta@uni-konstanz.de>

http://www.asta.uni-konstanz.de

 

Weitere Links:

Zweifelhafter Geldsegen (Neues Deutschland, 16.06.12)
Konzentration auf die Lehre
 (Frankfurter Rundschau, 15.06.12)