Die Legende von den leeren Kassen

Zum zweiten Mal in Folge konnte der Konstanzer Kämmerer Hartmut Rohloff in seinem 2. Quartalsbericht 2015 von „einer deutlich verbesserten finanziellen Situation der Stadt Konstanz“ berichten: 10,7 Millionen Euro mehr als geplant sind im Stadtsäckel. Das Lamento von den leeren Kassen, den nicht angreifbaren Rücklagen und den versiegenden Steuereinnahmen, das der Kämmerer fast wehleidig Jahr für Jahr anstimmt, entpuppt sich zumindest heuer als Legende.  

Ein Lamento übrigens, das kritiklos vom grün-konservativen Lager in der Stadt übernommen wird. So begründete die FGL-Gemeinderätin Dorothee Jacobs-Krahnen erst letzte Woche ihren an sich sinnvollen Vorstoß, mehr auf die Sanierung der Schul-Turnhallen zu achten, mit einem Hinweis „auf die leeren Kassen der Stadt“. Und Südkurier Lokal-Chef Rau lässt seit Monaten keine Gelegenheit aus, auf „die prekäre Finanzlage“ der Stadt hinzuweisen.

Nichts als Angstmacherei, wie die neuesten Zahlen der Kämmerei in ihrem Bericht an den Haupt- und Finanzausschuss (HFA) für seine morgige Sitzung (16 Uhr, Ratssaal) belegen. Danach kann die Schwarze Null – Verzicht auf eine Netto-Neuverschuldung und Ziel aller konservativen Haushalter – lässig erreicht werden.

Mehr noch: Der wohl unerwartete Finanzschub führt dazu, dass alle vorgesehenen Investitionen bis 2018 locker bezahlt werden können. Und dann rutscht der Kämmerei sogar dieser Satz raus: „Dadurch ergibt sich für die Haushaltsplanung 2016 eine vollkommen neue Situation.“ Das könnte stimmen, wenn alle GemeinderätInnen ihre Aufgabe ernst nähmen, für eine kreative Verwendung dieser „Neu“mittel zu sorgen: Angesichts der Mammutaufgaben (nein: nicht die Event-Bude am Seerhein ist gemeint) im Wohnungsbau und bei der Flüchtlings-Unterbringung könnte jeder sinnvoll ausgegebene Euro für die dringend erforderliche Entlastung sorgen. Denn so viel ist klar: Business as usual darf es gerade auf diesen beiden Problemfeldern nicht mehr geben.

Doch der Kämmerer wäre nicht der Sparfuchs, was ihn in bürgerlichen Kreisen so beliebt macht, wenn er nicht in seiner Vorlage darauf hinwiese, dass diese Entwicklung nur Einmalfaktoren zu danken sei – Steuerrückzahlungen. Und überhaupt könne die Verwaltung die an sich schon ehrgeizigen Investitionsvorhaben „gar nicht rechtzeitig abarbeiten“.

Erstaunlich nur, dass eben diese Stadtverwaltung in einer anderer Vorlage für eben diese morgige HFA-Sitzung eine personelle Aufstockung ablehnt. Also doch business as usual, also doch nichts dazu gelernt?

hpk