Die Mieträder rollen

In den letzten Tagen waren sie bereits an etlichen Stationen zu bestaunen, die Konstanzer Mieträder, die auf den ersten Blick klein, stabil und knuffig wirken, gehalten im Knallrot der Konstanzer Busse – und sich richtig gut fahren lassen. Gestern wurde das neue Mietradsystem KONRAD dann offiziell eröffnet. An 15 Stationen stehen derzeit 150 Räder bereit, und in absehbarer Zeit sollen auch die TINK-Lastenfahrräder in das System integriert werden.

Mit dem neuen KONRAD holt sich auch Konstanz in die Stadt, was in vielen anderen Kommunen von Mannheim bis Paris bereits seit längerem vertrauter Bestandteil des Stadtbildes, aber am Bodensee noch neu ist: Ein halbwegs flächendeckendes System von Mietradstationen, an denen sich Einheimische wie Touristen schnell einmal auf den Drahtesel schwingen können, um Ziele vor allem im Stadtgebiet oder den Vororten zu erreichen. An 15 Entleihstationen zwischen Döbele, Wollmatingen, Staad und Mainau harren 150 DrahteselInnen geduldig der Dinge, die da kommen sollen. Sie stehen rund um die Uhr zur Verfügung und kosten zwischen 1,00 € für 30 Minuten und 9,00 € für 24 Stunden.

Die Räder können an jeder beliebigen Station ausgeliehen und an jeder beliebigen Station auch wieder abgegeben werden, man/frau muss zur Rückgabe also nicht an die Station zurückkehren, an der das Rad ausgeliehen wurde. Damit ist das System denkbar flexibel. Da sich an einigen beliebten Stationen die Räder stapeln werden, gibt es einen eigenen Fahrradanhänger, mit dem jeweils fünf Fahrräder umverteilt oder zur Reparatur mitgenommen werden können – angetrieben von nur einem Radelnden (siehe Bild oben).

Stadtwerke beauftragen Konstanzer Unternehmen

Träger des Systems sind die Stadtwerke Konstanz, die Pflege der Räder übernimmt das Unternehmen fahrradspezialitaeten aus dem Paradies. Damit schließt sich dieses System an TINK an, das erfolgreiche Mietsystem für Lastenfahrräder, das vom selben Unternehmen betreut wird. Noch ist TINK ein Versuch, aber es soll nach dem Ende der Erprobungsphase in ein paar Wochen zu einer Dauereinrichtung werden und mit dem Mietsystem KONRAD zusammenwachsen. Bereits heute kann man sich mit den Anmeldedaten für TINK auch bei KONRAD ein Fahrrad anmieten. TINK soll in Zukunft einen Zuschuss von 30 000 Euro pro Jahr von der Stadt Konstanz erhalten, und ein weiterer Ausbau vor allem im rechtsrheinischen Gebiet erscheint bei bisher mehr als 8500 Ausleihen pro Jahr sinnvoll.

Der Mietprozess ist relativ einfach: Man muss sich einmalig im Internet registrieren, um sich dann per KonstanzApp oder sms ein Fahrrad mieten zu können. Im Prinzip geht man einfach nur zu einer Station, sucht sich auf dem Smartphone ein Fahrrad aus und meldet dessen Nummer. Das alles geht übrigens auch über eine Landkarte im Internet. Man/frau erhält dann einen Code, mit dem sich das Schloss öffnen lässt. Gibt man das Fahrrad wieder ab, meldet man das auf demselben Wege wieder, und auf dieser Basis erfolgt die Abrechnung und Abbuchung. Zusätzlich bieten die Stadtwerke gegen ein Pfand von fünf Euro sogenannte RFID-Chips an, die man an das Fahrrad halten kann, um es zu öffnen und zu mieten. Diese Chips sind im Energiewürfel der Stadtwerke in der Max-Stromeyer-Straße 21a sowie bei fahrradspezialitaeten in der Schulthaißstraße 1 erhältlich.

Mieträder als Teil der Mobilität

Das neue Mitradsystem ist bisher – kein Wunder, wird es doch von den Stadtwerken betrieben – mit den Konstanzer Bussen verzahnt. Es ist also möglich, mit dem Bus zum Bürgerbüro an der Laube zu fahren, um sich dort ein Lastenrad oder ein normales Fahrrad zu mieten und damit zum Kuhhorn zu radeln. Auch an der Fähre, am Hörnle und an der Universität gibt es KONRAD-Stationen jeweils nahe den Bushaltestellen.

Man darf gespannt sein, wie gut die Mietfahrräder ausgelastet sein werden, denn immerhin verfügen rund 100 Prozent der Konstanzer Haushalte über mindestens ein Fahrrad. Für Pendler ist das Angebot bisher jedenfalls noch wenig attraktiv. Wer von außerhalb nach Konstanz zur Arbeit kommt, kann zwar an den Bahnhöfen Wollmatingen, Fürstenberg und Petershausen (sowie am Parkplatz Bodenseeforum) ein Fahrrad mieten, er kann es dann aber nicht im Industriegebiet abgeben, falls er dort arbeitet, weil es dort bisher keine einzige Station gibt. Er müsste also jeweils für einen ganzen Arbeitstag Mietgebühr ausgeben und das Rad am Abend wieder am Bahnhof abgeben, was diese Lösung finanziell uninteressant macht.

Die Ausleihzahlen entscheiden

Ein paar Details aus dem Umfeld von KONRAD gab der Geschäftsführer der Stadtwerke, Norbert Reuter, zum Besten. Nach seinen Angaben kam die Idee erstmals 2009 auf, und ab 2015 beschäftigte man sich dann ernsthaft mit der Planung, Finanzierung und Ausschreibung. Eigentlich sollten die Studierenden pro Kopf zwei Euro pro Semester dazu beitragen und dafür Sonderkonditionen erhalten, aber das lehnte der Studierendenausschuss damals ab. Reuter warf auch einen Blick in die Zukunft: Neben der Ausweitung des Netzes in die Vororte hinein und der Verzahnung mit den Lastenfahrrädern ist etwa auch ein Anschluss von Kreuzlingen angedacht. Außerdem könnte man zusätzlich auch Pedelecs anbieten. Ziel ist es, noch in diesem Jahr 20 000 Verleihvorgänge zu erreichen, denn letztlich werden die Ausleihzahlen über die Zukunft des Systems entscheiden.

Diesbezüglich ist man aber wenig bange: Die Fahrräder am Parkplatz Bodenseeforum wurden am letzten Donnerstag um 2.00 Uhr morgens aufgestellt. Die erste Ausleihe der offiziell noch gar nicht freigegebenen Fahrräder fand dort bereits um 2.10 Uhr statt.

„Uns hat wieder mal niemand gefragt“

Nicht so beliebt ist dieses Mietfahrradsystem hingegen bei den privaten Fahrradanbietern. „Wir werden nie gehört und nie mit einbezogen. Wir machen die Kärrnerarbeit mit dem Verkauf und der Reparatur von Fahrrädern, aber weder die Fraktionen noch der Fahrradbeauftragte haben sich jemals bei uns blicken lassen oder nachgefragt, was wir uns vorstellen und wie wir zusammen arbeiten können. Obwohl unsere Einkommenssituation alles andere als rosig ist, setzt uns die Stadt einfach mit öffentlichen Geldern geförderte Konkurrenz wie TINK, Indigo am Schnetztor oder jetzt eben KONRAD vor die Nase, und wir müssen das über unsere Steuern auch noch mitfinanzieren. Die Verkehrswende geht aber nicht ohne uns“, so die Stellungnahme eines hörbar vergrätzten Konstanzer Fahrradunternehmers.

O. Pugliese

Weitere Informationen:
https://www.stadtwerke-konstanz.de/mobilitaet/rad-mietsystem/
https://tink-konstanz.de/