Die Penne lebt

Die Schulentwicklung ist nie zu Ende, schon gar nicht angesichts wachsender EinwohnerInnen-zahlen. So ist bereits eine zweite Gemein-schaftsschule in Sicht, nachdem die erste aus allen Nähten zu platzen droht – damit hat sich dieser neue Schultyp in Konstanz wohl fest etabliert. Außerdem müssen etliche Schulen im Stadtgebiet schleunigst erweitert werden, und wie bei fast allen Baumaßnahmen zeichnen sich Auseinandersetzungen mit der Nachbarschaft ebenso wie Konflikte zwischen Ökologie und Ökonomie ab.

In Sachen Schulen haben viele Stellen etwas mitzureden (und mitzufinanzieren), vom Kultusministerium in Stuttgart über das Regierungspräsidium in Freiburg bis hin zum Dezernat für Soziales, Bildung, Sport, Gesundheit und Kultur von Bürgermeister Andreas Osner und zum städtischen Hochbauamt. Auch der Bildungsausschuss des Gemeinderates wird gefragt, und dem stellt sich derzeit in etwa folgendes Bild der näheren Schulzukunft dar.

Abstimmung mit den Köpfen und Füßen

Erfreulich ist natürlich insbesondere, dass die von Konservativen lange als rotes Teufelswerk geschmähte Gemeinschaftsschule in Konstanz – wie auch andernorts – die Abstimmung mit den Füßen und damit auch den Kampf um die Köpfe gewonnen hat. Laut Wikipedia ist die Zahl der zum Schuljahr 2012/2013 in Baden-Württemberg eingeführten Gemeinschaftsschulen von ursprünglich 42 auf mittlerweile rund 300 gestiegen.

Auch in Konstanz lässt der Ansturm auf die Gebhardschule nahe dem Petershauser Bahnhof nicht nach, zumal diese zu den wenigen Gemeinschaftsschulen im Lande gehört, die SchülerInnen bis zum Abitur geleiten. Zeit daher, eine weitere Schule dieses Typs zu eröffnen. Die Theodor-Heuss-Schule am Zähringerplatz war lange eine klassische Realschule, jetzt soll sie zur zweiten Konstanzer Gesamtschule werden. Damit dürfte es dann insgesamt acht „Züge“ an den Konstanzer Gesamtschulen geben: fünf (statt bisher sechs) an der Gebhardschule und drei an der bisherigen Theodor-Heuss-Schule, die übrigens selbständig bleiben soll. Mit dem Schuljahr 2021/22 läuft die Realschule am Zähringerplatz aus, und deren SchülerInnen sollen unter das Dach der Geschwister-Scholl-Schule wechseln; der Zeitpunkt (gedacht ist ans Schuljahr 2024/25)ist nicht zuletzt von der Erweiterung des Raumprogramms im Scholli abhängig.

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Ökologische Bedenken

Dass auch diese Baumaßnahme nicht ganz unwidersprochen bleiben würde, war abzusehen. Die FGL hat beantragt, nach alternativen Lösungen zu suchen, da die derzeit geplante Erweiterung in Richtung Süden „einerseits in wertvollen Baumbestand eingreift, andererseits städtebaulich durch die Höhe des Gebäudes sich nicht in die Struktur der Schule einfügt. Dadurch ist das Grundkonzept der denkmalgeschützten ‚Schule im Wald‘ in Frage gestellt, außerdem wird das bestehende Baufenster massiv überschritten. Alternative Möglichkeiten für den benötigten Anbau wären beispielsweise im nord-östlichen Bereich weitaus schonender zu realisieren.“ Die Verwaltung sieht das allerdings anders: „Optionale Erweiterungsflächen im östlichen und südöstlichen Bereich der Schule bewertet das Hochbauamt bislang sowohl in Bezug auf die schwierigen topografischen Verhältnisse als auch unter Berücksichtigung von Baustelleneinrichtungen sowie Größe des Bedarfs als schwierig umsetzbar, da an mehreren Stellen erweitert werden müsste, was sich als unwirtschaftlichste Lösung darstellt.“

Zoff in Wollmatingen

Weniger glücklich ist die Verwaltung mit der geplanten Erweiterung der Grundschule Wollmatingen auf drei Züge. Grund sind die Einsprüche von Nachbarn sowie daraus resultierende mögliche rechtliche Auseinandersetzungen. Daher rechnet das Hochbauamt „derzeit mit dem frühestmöglichen Baubeginn zum Sommer 2022 und einer Bauzeit von 2 Jahren. Damit verschärft sich die Raumnot zunehmend. Auch im Schuljahr 2022/23 ist von einer 3-zügigen Aufnahme auszugehen. Die Unterbringung aller Klassen bis zur Fertigstellung des Neubaus ist damit unsicher.“

Schule für das Siemens-Areal

Auch die Grundschule Haidelmoos soll einen Erweiterungsbau erhalten, nicht zuletzt wegen der Neubesiedlung des ehemaligen Siemens-Areals, auf dem mit etwa 700 Wohnungen „unterschiedlicher Größe und mit Anteilen sozialen Wohnungsbaus“ und bis zu 2.000 zusätzlichen BewohnerInnen zu rechnen ist. Dafür gilt es natürlich Vorsorge zu treffen. „Diese Dimension lässt für jede Jahrgangsstufe der Grundschule Haidelmoos eine zusätzliche Zahl an GrundschülerInnen vermuten, die in den Bestandsklassen und Bestandsräumen nicht mehr unterzubringen sind. Sobald diese Zahlen konkreter definiert werden können und die Umsetzungsplanung im Gebiet zeitlich fixiert ist, kann eine etwaige Ausbauplanung der Schule konkretisiert werden. Zur Erstellung eines angepassten Raumprogrammes wird die Verwaltung rechtzeitig mit dem Regierungspräsidium Freiburg in Kontakt treten.“

Enge in der GWRS Berchen

Auch an der Grund- und Werkrealschule Berchen in der Breslauer Straße in Wollmatingen wird es eng. Während die Nachfrage nach dieser Schulart in Baden-Württemberg sonst sinkt und derartige Schulen sogar geschlossen werden, verzeichnet die GWRS Berchen in der Klassenstufe 5 seit zwei Jahren wieder 2-zügige Eingangsklassen. „Die Anmeldezahl für das nächste Schuljahr liegt ebenfalls wieder knapp über dem Klassenteiler, so dass die Schule in der Sekundarstufe stetig in die komplette 2-Zügigkeit wachsen wird.“ Da zudem ehemalige Schulräume für den Ganztagesbereich genutzt werden, wird es eng. Daher will man auf eine vom Hochbauamt bereits früher angefertigte Machbarkeitsstudie zur Schulerweiterung an diesem Standort zurückgreifen, die mehrere Optionen aufzeigte.

Schulen müssen sprießen

Allerdings ist das alles wenig im Vergleich zu dem, was auf mittlere Sicht auf die Stadt zukommt, denn neben dem allgemeinen Anstieg der Einwohnerzahlen müssen ja auch die kindlichen NeubürgerInnen im Hafner beschult werden. „Vor allem im Altersbereich der Kinder und Jugendlichen zwischen 10 und 18 Jahren zeigt sich ein deutlicher Sprung nach oben. Bei den bisherigen Schülerzahlentwicklungen ist die Verwaltung von einem zusätzlichen Bedarf einer 2-zügigen Grundschule und einer (stadtweiten) Bedarfsdeckung für den Sekundarbereich in der Größenordnung eines 5-zügigen weiterführenden Schulsystems ausgegangen. Die beiden zusätzlichen Schulen sind im Entwicklungsgebiet Hafner vorgesehen und entsprechend in den Planungsablauf eingetaktet.“ Für die Hochphase 2025-2032 rechnet die städtische Bildungsplanung mit 225 bis 250 mehr GrundschülerInnen, was theoretisch einer weiteren 2-zügigen Grundschule entspricht. Im weiterführenden Schulbereich werden in diesem Zeitraum bis zu 850 zusätzliche SchülerInnen erwartet, also rechnerisch eine ganze zusätzliche 4-zügige Schule.

Ende der Fahnenstange?

Ob irgendwann die viel zitierten „Grenzen des Wachstums“ im Schulbereich erreicht werden, wird sich weisen, doch Erfahrungen aus der Vergangenheit lassen eher das Gegenteil vermuten: So manche weiterführenden Schulen wachsen seit vielen Jahren kontinuierlich, und der Wunsch nach besserer Bildung ist ungebrochen.

Das Bildungswesen ist ein unverzichtbares Element der öffentlichen Daseinsvorsorge, das manchmal sehr stiefmütterlich behandelt wurde. Wer mal wieder seine alte Penne besucht, ist oft überrascht, wie wenig sich die Ausstattung in den letzten Jahrzehnten verbessert hat. Auch der gewöhnungsbedürftige bauliche Zustand der Geschwister-Scholl-Schule drang ja vor ein paar Jahren erst ins öffentliche Bewusstsein, als einige Ehemalige gehörig Rabatz machten. Man kann nur hoffen (mag es aber kaum glauben), dass solche Verhältnisse der Vergangenheit angehören, zumal in Zeiten, in denen Corona tiefe Löcher in die kommunalen Haushalte reißen könnte.

Text: O. Pugliese (Bild: Geschwister-Scholl-Schule ca. 2017 (c) Ehemaligeninitiative)

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