Die Scala-Freunde rühren sich wieder
Die BürgerInnenfragestunde war das Highlight der letzten Gemeinderatssitzung, denn einige BürgerInnen stellten Fragen nach einem eventuellen runden Tisch zu einem neuen Scala-Standort und zum bekanntlich recht fragilen Verhältnis zwischen Theaterleitung und Verwaltungsspitze. Außerdem beschloss der Gemeinderat einstimmig eine Resolution zugunsten türkischstämmiger Abgeordneter in Berlin.
„Wir Gemeinderätinnen und Gemeinderäte aus Konstanz verurteilen aufs Schärfste die verbalen Angriffe und Bedrohungen gegen demokratisch gewählte Parlamentarier, die in freier und unabhängiger Ausübung ihrer Abgeordnetenpflicht ihrem Gewissen folgend im Bundestag entschieden und abgestimmt haben.“ Diesen Resolutionstext hatte die FGL eingebracht und sich im Vorfeld bereits breiter Zustimmung aus anderen Fraktionen versichert. Holger Reile (LLK) schlug vor, noch eine Stellungnahme der hiesigen Moschee, an der er bedenkliche politische Tendenzen erkennt, abzuwarten: „Meiner Meinung nach ist es für das Zusammenleben in unserer Stadt wichtig, dass auch von den Vertretern der Mevlana-Moschee ein klares und unmissverständliches Statement kommt.“ Anselm Venedey (Freie Wähler) hingegen brachte ins Gespräch, im Resolutionstext Armenien ausdrücklich zu erwähnen, sonst sei der Text zu nichts sagend. Am Ende wurde die Resolution unverändert und einhellig verabschiedet.
Natürlich ist Roger Tscheulin (CDU) Recht zu geben: Diese Resolution wird Herrn Erdoğan herzlich wenig interessieren, aber immerhin stärkt der Konstanzer Gemeinderat so seinen KollegInnen in Berlin ein wenig den Rücken. Man darf vielleicht auch darauf hoffen, dass sich das Konstanzer Stadtparlament mit ähnlicher Verve in einer Resolution des deutschen Völkermordes an den Herero und Nama im heutigen Namibia annimmt, der rund ein Jahrzehnt vor dem Völkermord an den Armeniern stattfand. Deutschland kommt in dieser Angelegenheit scheint’s nicht in die Gänge, und die Nachfahren der damaligen Opfer hätten politische Unterstützung durchaus nötig. Ist Völkermord nur das, was andere tun? Oder liegt es an der Hautfarbe dieser afrikanischen Opfer, dass in dieser Sache kaum etwas passiert?
Ein Lebenszeichen von den Scala-RetterInnen
Christian Thies von der Initiative „Rettet das Scala“ wollte in der Bürgerfragestunde von Uli Burchardt wissen, ob es wahr sei, dass der Oberbürgermeister Druck auf den „Südkurier“ ausgeübt habe, um dessen Redakteur Michael Lünstroth für seine Berichterstattung pro Scala und eine gelegentlich eher verwaltungskritische Berichterstattung abstrafen zu lassen. Man erinnert sich: Lünstroth ist vom Südkurier angeblich kaltgestellt worden, und im Hause Südkurier soll es deshalb kräftig brodeln. Der Oberbürgermeister verneinte die Frage, ob er Druck ausgeübt habe und behauptete, er könne gar keinen Druck auf Journalisten ausüben [wahrscheinlich wollte er damit sagen, dass sich das kein Journalist gefallen ließe, ganz klar wurde dem Unterzeichneten aber nicht, was er damit meinte]. Natürlich beschwere sich die Verwaltung aber, wenn sie sich in einer Berichterstattung ungerecht behandelt fühle. „Es geht dabei aber nie um Personen, sondern immer nur um Texte,“ sagte er.
Christian Thies wollte von der Verwaltung außerdem wissen, ob denn ein neuer runder Tisch geplant sei, der nach einem möglichen neuen Standort für das Scala suchen solle. Oberbürgermeister Uli Burchardt hatte bereits beim letzten runden Tisch in Sachen Scala seine Bereitschaft zu einem weiteren Treffen erklärt und steht dazu auch weiterhin. „Wir können gern über einen Trägerverein nachdenken und auch über einen neuen Standort.“ Ein runder Tisch macht aus seiner Sicht aber erst Sinn, wenn konkrete Angebote für geeignete Lokalitäten, die man wohl außerhalb der Konstanzer Innenstadt suchen müsse, vorliegen. Wenn die Scala-RetterInnen entsprechende Räumlichkeiten benennen können, ist die Verwaltung also bereit, gemeinsam mit ihnen nach deinem tragfähigen Konzept für ein neues Scala (das so nicht mehr heißen dürfte) zu suchen.
Der Vertreter von „Rettet das Scala“ wollte auch wissen, ob das Stadtgerücht stimme, dass Oberbürgermeister Uli Burchardt den Theaterintendanten Christoph Nix wegen seines Engagements für die Initiative als „Rädelsführer“ bezeichnet und ihm das Verlassen der Stadt nahe gelegt habe. Uli Burchardt stellte das in Abrede und betonte nachdrücklich, dass er die Arbeit des Intendanten sehr schätze. Anders als zur schätzenswerten Arbeit des Intendanten äußerte er sich zu dessen Person allerdings nicht, aber das muss und darf der OB als dessen Vorgesetzter auch nicht.
Theaterdonner
Nicht ganz zufrieden mit der Arbeit des Intendanten ist Bürgermeister Andreas Osner. Barbara Gerking-Dönhardt vom Verein Theaterfreunde Konstanz fragte nach, wieso eine Vorlage des Stadttheaters nicht wie geplant am 21. Juni im Kulturausschuss behandelt wird. Nach Osners Angaben liegt der Grund darin, dass der Theaterintendant seine 25-seitige Stellungnahme nicht fristgerecht geliefert habe. Außerdem, so ergänzte Uli Burchardt, habe man den Entwurf von Herrn Nix in der vorliegenden Fassung nicht an die Ausschussmitglieder versenden können, weil der Text Angriffe auf einzelne Mitarbeiter enthalte und erst von der Verwaltung überarbeitet werden müsse. Das Thema soll auf die Kulturausschusssitzung am 16. November verschoben werden. Da es in dieser Vorlage dem Vernehmen nach auch um aus Sicht der dort Tätigen dringend nötige Stellenvermehrungen am Stadttheater geht, könnte das Zerwürfnis zwischen Verwaltungs- und Theaterspitze am Ende auf dem Rücken der Beschäftigten ausgefochten werden.
Auch weitere Einlassungen aus Reihen der Theaterfreunde zum Verhältnis der Verwaltung zum Theater und seinem Intendanten brachten Uli Burchardt und Andreas Osner nicht aus der Ruhe: Man will sich demnach auch weiterhin über eine andere Organisationsform des Theaters Gedanken machen, die dem Betrieb größere Unabhängigkeit gewährt. Der Oberbürgermeister seinerseits erklärte sich für ungereizt und attestierte sich selbst einen „völlig professionellen Umgang mit Führungskonflikten“. Mit anderen Worten: Der Theaterdonner dürfte also – zur Freude aller LiebhaberInnen des Stadtklatsches – mit unverminderter Heftigkeit weitergehen.
Die BürgerInnenfragestunde wird nicht gefilmt und ist daher im Podcast der Gemeinderatssitzung leider nicht zu sehen. Wahrscheinlich sind es Datenschutzgründe, die dagegen sprechen? In diesem Fall ist das äußerst bedauerlich, denn der Unterhaltungswert überstieg den Informationswert noch um einiges.
O. Pugliese
Das Verfahren ist klar geregelt und sagt: Abgabe zwei Wochen vor Sitzungstermin. Diese Frist wurde nicht eingehalten. Aber verloren ist mit der Absetzung nichts. Die Vorlage wird nicht erst im November beraten, sondern auf einer Sondersitzung des Kulturausschusses im Oktober. Damit bleibt genügend Zeit, auch die Stellenvermehrungen zu diskutieren.
Walter Rügert, Pressereferent
1. Die Behauptung, das Theater oder ich hätten das Arbeitspapier zu spät abgegeben ist falsch. Richtig ist vielmehr, dass BM Osner von der Verwaltung ein Papier hat erstellen lassen, ohne die Verwaltungsleiterin oder mich bei der Herstellung des Papiers einzubeziehen.
Richtig ist auch, dass mit dem Leiter des Personal- und Organisationsamtes abgestimmt war, das unser Konzept bis Freitag, den 10.06.2016 abgeliefert werden sollte. So ist es auch geschehen.
2. Die Behauptung unser Arbeitspapier enthalte Angriffe auf einzelne Mitarbeiter ist falsch. Richtig ist vielmehr, dass das Papier darstellt, dass ein Zuschuss des LK Konstanz verlustig ging, weil von einer Mitarbeiterin versäumt wurde, diesen zu beantragen. Dies ist kein Angriff sondern eine Tatsachenfeststellung.
3. Richtig ist auch, dass ich als Rädelsführer bezeichnet wurde. Ein respektloser Umgang mit einem Intendanten.
4. Falsch ist auch die Darstellung von Seemoz, es handele sich um einen psychologischen Konflikt worunter dann die Belegschaft leiden würde.
5. Richtig ist vielmehr, dass ich der erste Intendant bin, der mit der Belegschaft die Mängel des Hauses analysiert und umfangreich Lösungskonzepte anbietet. Meine Belegschaft hat mir in der letzten VV am Donnerstag das Vertrauen ausgesprochen. Es handelt sich mithin um einen Interessenkonflikt und es gibt klare Interessen, den Intendanten los werden zu wollen oder ihm gesundheitlich zu schaden. Darin liegt ein Problem. Aber die BRD hat ein gutes Arbeitsrecht, das auch Leitende Angestellte schützt.