Die schönfärberische Antwort des Uli Burchardt

Das will Oberbürgermeister Burchardt nicht auf sich sitzen lassen: In einer Veranstaltung der Bürgergemeinschaft Allmannsdorf hatte BUND-Geschäftsführerin Antje Boll das Handlungsprogramm Wohnen heftig kritisiert: Sie forderte die Einhaltung des Bodensee-Leitbildes und mahnte mehr Wohnraum für Einkommensschwache an. Die Verwaltung wehrt sich jetzt mit einer schönfärberischen Medienmitteilung. Klar ist: Eine neue Diskussion ums Wohnen in Konstanz ist eröffnet.

Der OB sah in der Allmannsdorfer Diskussion ziemlich schlecht aus. Der faktenreichen Kritik an der städtischen Wohnungsbau-Politik durch Antje Boll konnte Uli Burchardt nur wenig entgegensetzen – das muss nun die Pressestelle ausbügeln. Unter der einschmeichelnden Überschrift „BUND als konstruktiver Partner gefragt“ wird in einer aktuellen Mitteilung an die Medien das Handlungsprogramm Wohnen verteidigt, die bislang immer wieder in der Öffentlichkeit geäußerte Kritik allerdings verschwiegen.

seemoz veröffentlicht hier die städtische Erklärung. Dieses Mal ohne Kommentar. Denn wir sind sicher: Diese Erklärung voller Eigenlob und ohne jede Selbstkritik wird Kritiker auf den Plan rufen. Die städtische Mitteilung im ungekürzten Wortlaut:

„Der BUND hatte in einer Veranstaltung der Bürgergemeinschaft Allmannsdorf zuletzt das Handlungsprogramm abgelehnt. Oberbürgermeister Burchardt erklärt: „Wir werden das Gespräch mit dem BUND suchen. Wir brauchen wieder einen BUND, der als Partner die Entwicklung dieser Stadt kritisch, aber konstruktiv begleitet.“

Konstanz soll eine Stadt für alle bleiben. Mit diesem Ziel startete die Stadt vor drei Jahren das Handlungsprogramm Wohnen. Mit Erfolg: So sind in den Jahren 2013 bis 2015 1.438 neue Wohnungen entstanden, das Planziel von 1.100 Wohnungen konnte weit übertroffen werden.

Konsens über Handlungsprogramm Wohnen

Über die Notwendigkeit des Handlungsprogramms Wohnen gibt es einen großen Konsens innerhalb der Stadtgesellschaft. Der Gemeinderat hatte den ersten Teil des Handlungsprogramms einstimmig beschlossen, auch der zweite Teil fand eine Mehrheit. Im Arbeitskreis „Bündnis für Wohnen“ engagiert sich eine breite Allianz von Akteuren des Wohnungs- und Immobilienmarktes, wie z.B. der Mieterbund, Haus und Grund, die Architektenkammer, Immobilienbüros sowie Vertreter von Wohnungsgesellschaften und Baugenossenschaften.

Undifferenzierte Fundamentalopposition

Die Verwaltung bedauert, dass der BUND sich gegenüber dem Handlungsprogramm Wohnen in der Veranstaltung der Bürgergemeinschaft Allmannsdorf am 2. Dezember 2016 in einem Rundumschlag ablehnend geäußert hat. Der Umwelt- und Naturschutz hatte in Konstanz immer schon eine große Bedeutung. Gerade bei der Gestaltung von Veränderungsprozessen kommt dabei den Naturschutzverbänden eine wichtige Rolle zu. Eine undifferenzierte Fundamentalopposition manövriert sich dagegen ins Abseits.

Insbesondere die vom BUND geäußerten Kritik einer Verletzung des Bodenseeleitbilds oder seiner Forderung nach einer Wachstumsbremse ist nicht begründet. Auch vermisst die Verwaltung eine differenzierte Auseinandersetzung des BUND mit der sozialen Komponente des Handlungsprogramms Wohnen. Hier verkennt der BUND, dass die soziale Frage nicht beim geförderten Wohnungsbau endet. Familien und gering Verdienende ohne Wohnraumförderbescheid finden oft keine Wohnung in Konstanz und ziehen ins Umland. Sie verbrauchen dort mehr Fläche und pendeln nach Konstanz ein. Dies trägt nicht zu einer nachhaltigen Lösung bei. Die Komplexität der Stadt-Umland-Beziehungen wird vom BUND leider nicht reflektiert.

Gewissenhafter Umgang mit Ressourcen

Weiterhin berücksichtigt der BUND nicht, dass in Konstanz gewissenhaft mit der Resource Natur und Fläche umgegangen wird. Der Grundsatz „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“ wird in Konstanz vorbildlich umgesetzt. Konstanz verfolgt mit hoher Dichte eine große Flächeneffizienz. Da die Stadt hier ihre Hausaufgaben gemacht hat, geht es nun um die Entwicklung der Flächen, die im Flächennutzungsplan genehmigt bzw. vom Regierungspräsidium Freiburg zugestanden wurden. Die Sorgfalt, wie dabei vorgegangen wird, ist beispielhaft. Dies wird vom BUND leider ebensowenig reflektiert wie das Engagement der Stadt, im Rahmen des Projekts Zukunftsstadt unter dem Motto „Smart wachsen – Qualität statt Quadratmeter“ den Flächenverbrauch pro Kopf zu reduzieren.

Wachstumsbremse ist unsozial

Kritisch bewertet die Verwaltung die Forderung des BUND, im Wohnungsbau die „Wachstumsbremse“ zu treten. Eine „Wachstumsbremse“ hätte weitreichende (un)soziale Konsequenzen. Würde die Stadt auf neue Baugebiete explizit verzichten, würde das den Druck auf dem Konstanzer Wohnungsmarkt automatisch erhöhen. Damit würde der sozialen Ausgrenzung Vorschub geleistet. Kein Patentrezept wäre es, wie vom BUND gefordert, nur mehr Wohnungen für untere Gehaltsgruppen zu bauen. Dies würde eine städtebaulich wünschenswerte Durchmischung verhindern und einen Rückfall in die städtebaulichen Fehler der 60er und 70er Jahre bedeuten.

Monitoring läuft

Aufgrund der vorliegenden Bevölkerungsprognose des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg und dem für Konstanz prognostiziertem Wachstum hat die Stadtverwaltung bereits in diesem Jahr mit dem Monitoring für das Handlungsprogramm Wohnen begonnen. Untersucht werden aktuell die Qualität der Preissegmente und der Wirkung der Sickereffekte. Die Ergebnisse fließen in die Fortschreibung zum Handlungsprogramm Wohnen ein.“

MM/hpk (Das Foto zeigt ein Modell des umstrittenen Torhausbaus in der Reichenaustraße)

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