Die städtischen Kassen leeren sich nur langsam

Angesichts voller Kassen sind alle zufrieden, sollte man meinen. Aber manche im Haupt- und Finanzausschuss (HFA) des Konstanzer Gemeinderates hatten am Dienstag trotz der derzeitigen (ausgezeichneten) Kassenlage auch etwas auszusetzen: Den Projektstau vor allem bei Bauvorhaben. Und bei aller Freude über den milden Gewerbesteuerregen im Konstanzer Stadtsäckel machte man sich auch gleich noch Gedanken über die Personalkosten der Stadt. Schlechte Zeiten also für städtische Angestellte?

Vor allem der Gewerbesteuer ist es zu verdanken, dass die noch vor einem Jahr herrschende Panik, der Haushalt 2016 werde ein reiner Katastrophenverwaltungs-Haushalt, bei den meisten Rätinnen und Räten eher einer gelassenen Großzügigkeit gewichen ist. Selbst der kraft seines Amtes bärbeißigste aller Berufspessimisten, Stadtkämmerer Hartmut Rohloff, hatte gelegentlich einen unkontrollierten Anflug von Lächeln auf dem Gesicht, als er die seit einiger Zeit bekannten Zahlen präsentierte: Die Stadt kann aus heutiger Sicht in diesem Jahr eine Rücklage von ca. 7,5 Millionen Euro bilden und wird das Jahr 2016 ohne Neuverschuldung meistern. Zu verdanken ist dies nicht nur einmaligen hohen Gewerbesteuernachzahlungen, sondern auch erhöhten Gewerbesteuervorauszahlungen.

Projektstau

Aber Rohloff wäre kein altgedienter Stadtkämmerer, hätte er nicht gleich auch ein paar Wermutstropfen in den Beruhigungstee erhöhter Einnahmen gemischt. Er verwies darauf, dass die Gewerbesteuereinnahmen genauso plötzlich wieder einbrechen können, und die Gewerbesteuer ist für die Stadt eine extrem wichtige Geldquelle. (Dessen wird man sich wohl irgendwann in schlechten Zeiten auch wieder erinnern, denn die Konstanzer Gewerbesteuerhebesätze haben im Landesvergleich durchaus noch Luft nach oben.)

Sorge bereitet Rohloff allerdings der Mittelabfluss für investive Maßnahmen, „gerade beim Bau muss die Vorplanung schneller gehen“ meinte er. Das heißt: Die Verwaltung kriegt geplante (Bau-) Projekte nicht pünktlich auf die Reihe, sei es, dass sie personell unterbesetzt ist, sei es, dass es bei der Planung hakt, Gründe wurden nicht genannt. Jürgen Puchta (SPD), hier ganz auf einer neoliberalen Linie, schlug als Lösung vor, mehr Projekte an externe Unternehmen zu vergeben und brachte außerdem erneut ins Gespräch, jetzt, wo Geld da sei, die Marktstätte früher als geplant zu sanieren.

Zu wenig Personal?

Aber auch einige Räte sahen trübe Wolken am eher klaren Horizont: Roger Tscheulin (CDU) murrte der Verwaltung gegenüber, dass eigentlich eingeplante Zuschüsse an die Stadt von etwa 878.000 Euro nicht kommen werden. Glücklich zeigte er sich hingegen darüber, dass im zweiten Quartal die Personalkosten geringer ausgefallen sind als erwartet – auf die Idee, der beklagte Projektstau könne auch mit einer zu dünnen Personaldecke in der städtischen Verwaltung zusammenhängen, kam bei allen Klagen niemand.

Oberbürgermeister Uli Burchardt verwies darauf, dass die Stadt gerade eine ausführliche Aufgabenkritik und Organisationsuntersuchung durchführt, und Thomas Traber, Leiter des Personal- und Organisationsamtes, verkündete, bis zum 30. Juni hätten die Ämter und Fachbereiche ihre Informationen und Einschätzungen für die Organisationsuntersuchung zusammengetragen, jetzt sei man dabei, Schlussfolgerungen daraus zu ziehen. Außerdem beklagte er, dass ständig neue Personalkosten auf die Stadt zukämen, so etwa durch die/den neue/n Flüchtlingsbeauftragte/n und die anstehenden Tariferhöhungen.

Kurzum, die Stadt versucht, auch weiterhin beim Personal zu sparen, wo es geht, und der Druck auf die städtischen Angestellten dürfte in nächster Zeit nicht nachlassen. Wenn Günter Beyer-Köhler (FGL) anmahnte, man solle über der guten Haushaltslage die Aufgaben- und Organisationskritik nicht vergessen, dürften Angestellte der Stadt das eher als Drohung verstehen, denn eine solche Aufgabenkritik soll natürlich vor allem Stellen einsparen oder Mehrarbeit rechtfertigen und nur ganz nebenher umständliche Abläufe effektiver gestalten.

The same procedure as every year?

„Es ist das gleiche Ritual wie immer“, klagte Stadtkämmerer Hartmut Rohloff über die bisherigen Ergebnisse, „die meisten Ämter haben einen Mehrbedarf angemeldet.“ Würde man die vorliegenden Bedarfsanmeldungen für die kommenden Jahre akzeptieren, werde das seiner Meinung nach am Ende doch noch zu einer Neuverschuldung führen. „Wir brauchen ein geschärftes Kostenbewusstsein!“, so sein Resümee für die im Herbst anstehenden Haushaltsberatungen für 2016 und den in einem Jahr folgenden Doppelhaushalt 2017/2018.

Da passte es ins Bild, dass es der HFA nach kürzerem Hin und Her ablehnte, im Ausländeramt eine zusätzliche Stelle einzurichten. Angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen und schon jetzt mehrmonatiger Warte- und Bearbeitungszeiten sei es, so begründete Matthias Schäfer diesen Antrag der JFK, an der Zeit, dort sofort personell aufzustocken. Roger Tscheulin (CDU) grantelte etwas von „Populismus“, und Hans-Rudi Fischer, der Leiter des Bürgeramtes, argumentierte, dass sein Amt diese neue Stelle gar nicht haben möchte, weil man sich von organisatorischen Änderungen wie der Terminvergabe über das Internet statt per Telefon und einem neuen Serviceschalter eine erhebliche Entlastung bei der täglichen Arbeit vor allem mit Flüchtlingen verspreche. Unterstützung erhielt der Antrag zwar noch von Anke Schwede (LLK), er wurde dann aber mit großer Mehrheit abgelehnt.

Man darf also vor allem gespannt sein, welche Ergebnisse der Organisationsuntersuchung die Verwaltung im Herbst vorlegt und welche Forderungen an die Beschäftigten daraus abgeleitet werden. Dann könnte vor allem der Personalrat gefragt sein, denn etwas Gutes für die Beschäftigten führt man mit solchen Untersuchungen bekanntlich selten im Schilde.

O. Pugliese