Die unendliche Geschichte um das Konstanzer Kompetenzzentrum

Friedhelm Schaal, Chef der städtischen Wirtschaftsförderung, wird am kommenden Dienstag unangenehme Fragen beantworten müssen. Dann nämlich stellen Gemeinderäte in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses (HFA) Schaals einstiges Lieblingsprojekt, das Kompetenzzentrum am Seerhein, auf den Prüfstand. Denn die wechselvolle Geschichte des Prestigeprojektes reicht bis ins Jahr 2004 zurück und hat seitdem mehr Rückschläge als Höhepunkte erlebt

Hat, so wird gefragt, der Bauherr, die Cosmopolitain GmbH & Co. KG, seinen Vertrag mit der Stadt erfüllt? Immerhin ist da, nach ohnehin schon manchen Verzögerungen, von einer Fertigstellung bis Mitte 2012 die Rede. Will deshalb die Stadt Konstanz die Verträge nachbessern? Nein, betont Schaal in seiner schriftlichen Vorlage, denn er hält die fraglichen Verträge noch immer für „ausgewogen“.

Über den gegenwärtigen Stand der Vermietungen will Schaal zumindest im öffentlichen Teil der Sitzung keine Auskunft geben. Und die Frage nach Einsprüchen von Wohnungseigentümern des benachbarten Hofgartens 5, deren Einzug vom Vermietungsstand des Kompetenzzentrums abhängig sein soll, beantwortet Schaal bislang nur abwiegelnd: Ab Ende Februar sei mit mit der Freigabe des Baurechtsamtes zu rechnen und dann stehe der Wohnungsübergabe nichts mehr im Wege. Doch die Wohnungsbesitzer warteten bisher auskunftslos.

Zu viele Fragen bleiben offen

Andere, entscheidende Fragen stehen jedoch bislang nicht auf der HFA-Agenda. Wieso konnte schon 2010 Friedhelm Schaal in einer HFA-Vorlage vollmundig von „einer Vermietungsquote von 53 Prozent“ des Kompetenzzentrums schwadronieren, wenn doch bis zum heutigen Tag nur eine einzige Firma eingezogen ist?

Und was ist von den Andeutungen zu halten, eben diese Firma, die Schutzfolien für Handys produziert, überdenke derzeit ihre Standortentscheidung? Sind es nicht vielmehr die Lärm- und Luftemissionen, die einem Mischgebiet von Wohnen und Produzieren nicht gerade zuträglich sind, die zu Problemen führen? Den zahlreichen Ungereimtheiten (verschiedene Bauherren-Wechsel, widersprüchliche Angaben zur Vermietung und zur Baufertigstellung) um das traumhafte Projekt „Kompetenzzentrum am Seerhein“ werden also neue hinzugefügt.

Konstanz verspielt wirtschaftliche Chancen

Keine rosigen Aussichten für eine Stadt also, die derzeit industrielle Arbeitsplätze zuhauf verliert. Vom „Transferriemen zwischen Wirtschaft und Wissenschaft“ und von einer „einmaligen Chance“ (Alt-OB Frank) kann beim Kompetenzzentrum nach dem gegenwärtigen Stand wohl kaum mehr die Rede sein. Da werden ideenlos Chancen verspielt, die Konstanz vor dem wirtschaftlichen Burnout retten könnten. Vielmehr ist nach den Zielsetzungen der städtischen Wirtschaftsförderung zu fragen – eigentlich eine Spezialität des Marketingmannes Burchhardt, der nun auf dem OB-Stuhl sitzt.

Und es ist die Verantwortung des Gemeinderates zu hinterfragen, der dieses Projekt so lange hat schleifen lassen. Warum wird erst jetzt, neun Jahre nach dem Start, und nur von wenigen Gemeinderäten, nachgefragt? Warum kommen nicht aus den Reihen des Gemeinderates neue Ideen zur Wirtschaftsansiedelung?  Das Thema ist viel zu wichtig, als dass man es der Stadtverwaltung überlassen dürfte.

Autor: hpk

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Keine Kompetenz beim Konstanzer Kompetenzzentrum?