Die Verwaltung drückt sich um die Bagatellgrenze
Neuer Streit unter Nachbarn steht ins Haus: Die Stadtverwaltung fordert von der Schweiz einen zweispurigen Ausbau der Fahrspuren an der Gemeinschaftszollanlage Kreuzlingen/ Tägerwilen – nur so könne der alltägliche Stau in der Konstanzer Innenstadt vermieden werden. Irrtum, meint das Schweizer Grenzwachtkorps und empfiehlt die Einführung einer Bagatellgrenze bei den „grünen Zetteln“. Der Streit ist Thema auf der heutigen TUA-Sitzung.
Denn jetzt wird die Auseinandersetzung auf höherer Ebene ausgetragen: Während sich bislang nur Beamte stritten – hie Stephan Fischer, Leiter der Konstanzer Verkehrsplanung, da Thomas Zehnder, Kommandant des Schweizer Grenzwachtkorps -, schaltet sich jetzt OB Burchardt, nicht als Freund einer Bagatellgrenze bekannt, ein und schreibt einen harschen Brief an das Schweizer Bundesamt für Strassen (ASTRA), in dem er einen Ausbau anmahnt. Heute fordert er im Nachhinein für sein Schreiben eine Rückendeckung des Technischen und Umweltausschusses.
Klar ist, die Konstanzer Stadtverwaltung steht unter Druck. Alle ihre halbherzigen Maßnahmen zur Stau-Vermeidung fruchteten nicht – verärgerte BürgerInnen, angesäuerte Autofahrer, genervte KundInnen im Konstanzer Einzelhandel, aber verstärkt auch Polizei und Feuerwehr fordern endlich wirksame Gegenmittel zum Stau-Stress. Denn der wird zunehmend zum Sicherheitsrisiko: Rettungskräfte werden behindert, Notfälle provoziert.
Und der Verwaltung fällt nichts Besseres ein, als der Schweiz den Schwarzen Peter zuzuschieben. Wenn nur die Durchfahrt-Geschwindigkeit am Zoll erhöht würde, wäre das Problem gelöst. Denn die zwei Spuren der neuen Rheinbrücke und der Grenzbachstraße verengen sich am Zoll auf nur eine Spur – so würde die Zollstation zum Nadelöhr, durch das sich an Spitzentagen über 21 000 Autofahrer drängen müssten. Falsch, argumentiert die Kantonspolizei, denn durch die Ausweitung auf zwei Fahrspuren entstünden neue Sicherheitsprobleme zusätzlich auch auf Kreuzlinger Seite – viel wirkungsvoller sei die Einführung einer Bagatellgrenze bei den „grünen Zetteln“, um den täglichen Ansturm auf deutsche und Schweizer Zöllner zu reduzieren. Das sieht auch ver.di so, die als Gewerkschaft die Interessen der überforderten deutschen Zöllner vertritt und eine probeweise Einführung der Bagatellgrenz befürwortet.
Bislang gibt es auf Konstanzer Seite hinhaltenden Widerstand gegen die Einführung einer Bagatellgrenze (Mehrwertsteuer-Rückerstattung erst ab einem 100- oder 150-Euro-Einkauf). Natürlich sind die Einzelhandels-Verbände dagegen und damit auch die willfährige Stadtverwaltung, ebenso der örtliche Bundestagsabgeordnete Jung (CDU), der auf eine digitalisierte Abfertigung setzt und damit beim zuständigen Bundesfinanzminister Schäuble bislang Unterstützung fand – ob sich das unter einem neuen Finanzminister einer neuen Bundesregierung ändert, muss abgewartet werden. Unter den Konstanzer Parteien treten nur die Linke Liste und das Junge Forum vorbehaltlos für eine solche Beschränkung bei dieser Steuervergünstigung ein.
Denn immerhin ist Deutschland der einzige Anrainer-Staat der Schweiz, der auf eine solche Bagatellgrenze leichtfertig verzichtet – vorsichtigen Schätzungen zufolge entgeht dem deutschen Fiskus damit eine Steuereinnahme in zweistelliger Millionen-Höhe. Und dafür sind auch Lobbyisten und Politiker in Konstanz verantwortlich.
hpk
Noch eine Ergänzung zur Deutschen Bahn: die vernachlässigt seit Jahren ihre Strecken die u.a. für einen schnellernen, sichereren und leiseren Güterverkehr wichtig sind.
Die Schweizer Bahn hat alle Strecken incl. der Tunnel innerhalb der europäischen Absprachen ausgebaut. Diese Planungen waren auch mit Deutschland abgestimmt.
Aber hierzulande hinkt man wieder gnadenlos hinterher.
Warum? Weil S21 soviele Millionen mehr verschlingt und ein Projekt ohne Boden ist, im wahrsten Sinne des Worte!
Sollte der neue Finanzminister Scholz heißen, wird sich nichts ändern an der bisherigen Politik der „schwarzen Null“ und sicher auch nichts in Fragen der MWST hier vor Ort.
Ein OB, der fast nur Klientelpolitik macht und jetzt den Ausbau von noch mehr Straße im Nachbarland anmahnt, ist nicht nur kurzsichtig, sondern schlicht nicht im Bild.
Die Schweiz setzt seit Jahren auf eine andere Verkehrspolitik. Sie ist nämlich Bahnland und ihre Politiker wandern nicht als Lobbyisten zur Autoindustrie oder von dort in die Bahnvorstände und richten die Bahn weiter zugrunde.
Mehrwertsteuererstattung abschaffen. So einfach ist das. Mit dem Geld kostenlosen ÖPNV „anschaffen“. Kein Schweizer wird verhungern. Nur der Mißbrauch, von dem der Einzelhandel profitiert, nimmt ab. Ein GroKo freier Bundestag könnte mit den Stimmen von der LINKEN,
SPD, und GRÜNEN dieses Unrecht beseitigen, zumal ein kurioses Argument der AfD hinzukommen könnte: „Deutsches Geld für Deutsche Mitbürger*innen“. Ich verstehe das bisher so, es handelt sich bei der Mehrwertsteuererstattung um eine besondere Form des bedingungslosen Grundeinkommen – für Schweizer und Händler.
Dass, übrigens schlecht bezahlte, Arbeitsplätze verloren gehen ist unsinnig. Derzeit sucht die Deutsche Bahn mehr als 20.000 neue Mitarbeiter. Auch zur Weiterbildung. Kurioserweise aus Verkaufsberufen, Lagerlogistik oder Call-Center-Agent siehe https://karriere.deutschebahn.com/de/de/jobs/berufserfahrene/quereinsteiger.de Und nun die Abschlussfrage an DIE LINKE, SPD und GRÜNE, wenn sie es denn ernst meinen mit besseren sozialen Leistungen, wie Abschaffung der Kindergartengebühren, Bildung, Lehrmittelfreiheit und kostenlosem ÖPNV. Ist es ein so großes Sozialdrama, wenn die Schweizer den gleichen Steuersatz bezahlen müssen wie Leistungsempfänger (Hartz IV) in Deutschland. 7% für einen Teil der Lebensmittel und 19% für alles andere? Übrigens auch die mehreren hundert stempelnden Zollbeamten könnten wichtigere Aufgaben wahrnehmen.