Disput um Zuschuss zum Scala-Film: Wenn Politik auf Kultur trifft, gibt’s allzu oft ein böses Ende

Wenn Politiker sich in Kulturbelange einmischen, wird’s häufig sogar komisch. So geschehen auch in der letzten Sitzung des Konstanzer Gemeinderates, als es um einen Zuschuss für den Dokumentarfilm „Das Scala-Projekt“ von Douglas Wolfsperger ging, den die Verwaltung rundweg ablehnte.

Von 36 500 Euronen war die Rede, die der Konstanzer Regisseur und Filmautor für seine Dokumentation erbat. „Zusätzlich“, wie Kulturbürgermeister Andreas Osner nicht müde wurde zu betonen, denn 2499 € habe der städtische Kulturfonds ja bereits spendiert. Überhaupt der Kulturbürgermeister. In einem wirren Eingangsstatement sprach er dem Filmprojekt einen kulturhistorischen Wert ab (woher weiß er das, wenn doch noch keine Filmminute veröffentlicht ist?), verglich den Streifen mit anderen Events (als ließe sich ein Zwei-Tage-Festival mit einem Dokumentarfilm vergleichen) und lehnte es ab, in eine generelle Filmförderung einzusteigen (was niemand – und Wolfsperger schon gar nicht – gefordert hatte).

Nach einem solch‘ kruden Einstieg mochten sich die Damen und Herren im Ratssaal nicht lumpen lassen und brachten die absonderlichsten Argumente: CDU-Kulturpapst Wolfgang Müller-Fehrenbach befürchtete gar internationale Verwicklungen, wenn „Schweizer Einkaufstouristen durch den Film verschreckt“ würden; Johannes Hartwich (FDP) ahnte Schlimmes, „wenn der Film nicht zum Wohle der Stadt ausfallen“ würde und Christine Finke (JFK), die noch zwei Stunden vor Beginn der Sitzung in einem Brandbrief ihre Kolleginnen und Kollegen vor Wolfsperger gewarnt hatte, befand knapp: „Dieser Film wird Konstanz nicht gut tun“.

Keine Chance für Kompromisse

Bei so viel munteren Vorurteilen hatten es Besonnenere schwer, mit ihren Kompromiss-Vorschlägen zu punkten. So scheiterte Peter Müller-Neff (FGL), der das Projekt ein „zeitgeschichtliches Dokument“ nannte, mit seinem Angebot, die Fördersumme auf 25 000 Euro zu senken (17 Ja-Stimmen gegen 22 Nein-Sager). Ebenso erging es dem Vorschlag von SPD-Chef Jürgen Ruff. der anhand eines komplizierten Modells auf einen Förderbetrag von rund 15 000 Euro kam (18 Ja-Stimmen gegen 21 Nein-Stimmen).

Da halfen dann auch friedfertigere Stimmen wie die von Gisela Kusche (FGL) nichts, die keck fragte, wer von den Kritikern denn jemals einen Wolfsperger-Film gesehen habe. Auch das Plädoyer für eine Kultur, die über den Tellerrand hinausblickt, von Holger Reile konnte die fest gefahrenen Fronten nicht aufweichen (wir veröffentlichen diesen Redetext im Anschluss im Wortlaut schon deshalb, weil LLK-Beiträge in der „Lückenpresse“ nicht mehr auftauchen).

In der Schlussabstimmung votierten schließlich 21 GemeinderätInnen für den Vorschlag der Verwaltung, das Projekt nicht zu fördern, während 17 Wolfsperger und sein Projekt unterstützen wollten. Doch der Konstanzer Filmemacher, der kurz auch selber zu Wort kam, wird weiter machen. Der Film entsteht – auch ohne Knete aus dem Konstanzer Säckel.

hpk


Reile: „Scala als Grundpfeiler Konstanzer Kultur“

Werte Gäste, Herr Oberbürgermeister, Kolleginnen und Kollegen, um es gleich vorneweg zu sagen: Auch die Linke Liste befürwortet eine zusätzliche und außerordentliche Förderung des Filmprojekts. Vor einiger Zeit stand auch bei uns die Sorge im Raum, dass vor allem eine ungesicherte Finanzierung der Postproduktion das gesamte Projekt hätte scheitern lassen können. Nun aber ist  – die Belege liegen uns vor – eben diese Postproduktion finanziell in trockenen Tüchern, und das hat uns schlußendlich dazu bewogen, den Antrag heute zu unterstützen.

Die Geschichte des Scala-Kinos ist ein wesentlicher Grundpfeiler der Konstanzer Kultur gewesen, die auch immer wieder nicht nur ausgesprochene Cineasten in die Stadt geführt hat. Daran zu erinnern und dieses Erbe zu bewahren – quasi bis zum letzten und bitteren Vorhang – halten wir für wünschenswert. Somit wird zumindest bewahrt und konserviert, auch für die interessierte Nachwelt, was unwiederbringlich und zum Leidwesen sehr Vieler bald zu Ende gehen wird. Der Vergleich mit dem Antrag auf außerordentliche Förderung für das Campusfestival – der abgelehnt wurde – trifft hier nur bedingt zu, denn beim Scala handelt es sich zweifellos um ein Stück Konstanzer Stadtgeschichte, mit der sich Generationen aus Stadt und Land und auch über die Grenzen hinweg sehr eng verbunden fühlen.

Im Zusammenhang mit dem Niedergang dieses Kinos hat sich aber auch etwas entwickelt, was so nicht unbedingt vorhersehbar war: Tausende schlossen sich der Forderung an, das Kultkino zu erhalten. Aber der Lauf der Zeit orientiert sich fast ausschließlich an Rendite, Umsatz und an vollen Kassen. Damit kann ein eher umsatzschwacher Kulturbetrieb auf Dauer nicht konkurrieren. Es hätte eben sehr viel mehr gebraucht als schmale Lippenbekenntnisse, um dieses Kino zu retten. Die Geschichte ist bekannt, wir müssen sie hier nicht nochmal in epischer Breite runterbeten.

Das Scala steht mittlerweile aber auch dafür, dass sich ein großer Teil der Bürgerinnen und Bürger immer mehr Sorgen macht um die Qualität ihrer Stadt, Anteil nimmt an deren Entwicklung, Widerspruch formuliert gegen die Totalkommerzialisierung des öffentlichen Raums – und das gibt Anlass zur Hoffnung, wenn wir einen Blick in die Zukunft werfen. So gesehen hat sich ausgehend vom Scala eine zusätzliche Debatte entwickelt, die der Stadt nur gut tun kann, und die – vermute ich – auch Teil sein wird bei diesem Filmprojekt.

Wie bereits eingangs erwähnt: Wir stimmen dem Antrag zu und wünschen dem Regisseur bei der Umsetzung seines Projekts, das auch überregional für Interesse sorgen wird, viel Erfolg.