ECE-Podiumsdiskussion wurde zum Tribunal gegen vermeintlich nicht zukunftsfähige Angstmacher
Beim 3. Singener Bürgerforum am Dienstagabend zur „Ansiedlung des ECE-Einkaufscenters“ blieben etliche Sitzplätze in der Pausenhalle der Singener Ekkehard-Realschule leer. Auch die bereits ab 16 Uhr eingerichteten Informationsstände der Experten von Stadtverwaltung, Gutachtern, ECE-Projektentwicklern sowie Vertretern der beiden Bürgerinitiativen „Für Singen“ (die Kritiker der Shoppingmall in den geplanten Dimensionen) und „Lebendiges Singen (die unbedingten Befürworter des Centers) wurden nur von wenigen BürgerInnen aufgesucht.
Ob das geringe Interesse am endlich mal sommerlichen Wetter lag oder daran, dass gut anderthalb Wochen vor dem Bürgerentscheid die meisten SingenerInnen schon wissen, wie sie abstimmen, oder ob dies ein Zeichen von Desinteresse und Wahlmüdigkeit ist, wird das Ergebnis am 17. Juli zeigen!
Um 19 Uhr begann die Hauptveranstaltung. Die Akteure auf dem Podium: Oberbürgermeister Bernd Häusler, BBE-Handelsberater Jörg Lehnerdt, ECE-Projekt-Chefentwickler Marcus Janko, außerdem vier Inhaber von Singener Einzelhandelsgeschäften, Jürgen Müller (Sport Müller) und Rainer Wöhrstein (Foto Wöhrstein) als Vertreter von „Lebendiges Singen“ sowie Christoph Greuter (Buchhandlung Greuter) und Andreas Pfleger (Apotheke Sauter), und last but not least Alexander Niemetz, ehemaliger ZDF-Nachrichtensprecher und „5-Sterne-Moderator“ als von der Stadt beauftragter Veranstaltungsleiter.
„Gegner“ mag der OB nicht
Als ersten Punkt stellte OB Häusler klar, dass die Stadt alle zur Entscheidung vorliegenden Gutachten bezahlt habe, alle Gutachter neutral und andere Behauptungen nur Gerüchte seien. Aber kommt es nur darauf an, wer die Gutachten bezahlt? Ist es nicht ebenso ausschlaggebend, mit welcher Intention sie erstellt werden, welche Alternativen sie aufzeigen und wer wesentliches Datenmaterial dafür liefert? Dass wichtige Kennzahlen zum nach wie vor nicht ausgereiften Verkehrskonzept direkt von ECE kommen, haben die städtischen Verkehrsplaner auf Nachfrage schon zugegeben (s. seemoz-Bericht „Ein Abend bei der SPD“). Auf das Wort „Kritiker“ legt der OB Wert, „Gegner“ mag er nicht! Und um weiteren Gerüchten vorzubeugen, auch Moderator Niemetz sei von der Stadt engagiert und werde von dieser bezahlt, und zwar nur mit dem üblichen Tagessatz für Berater. Wie hoch dieser ist, wurde nicht gesagt.
Anschließend stimmte Gutachter Jörg Lehnerdt von der BBE-Handelsberatung ein weiteres Mal mit seinem „Was passiert, wenn nichts passiert“-Bedrohungs-Szenario den Schwanengesang auf die „Einkaufstadt Singen“ an, die aktuell gerade noch Mittelmaß sei. Die Antwort auf den „Mega-Trend Online-Handel“ könne nur „Shopping als Freizeiterlebnis“ heißen, wie es die großen Metropolen bieten. Nicht Verkaufsfläche, sondern Informationsfläche sei gefragt. Nur wer Multichannel-Angebote führe, sei zukunftsfähig. Dies aber könne der Mittelstand mangels Geld für entsprechende Investitionen in Technologien und wegen fehlender unternehmerischer Risikobereitschaft auch gar nicht leisten, also bliebe nur noch die Hoffnung auf einen Großinvestor als Retter in der Not.
Denn Shoppen sei das, was die Menschen möchten, und diesen Herzenswunsch gelte es zu erfüllen. Egal auf welche Kosten und um welchen Preis – als Beispiel wurden T’Shirt mit € 2,50-Preisschild an die Wand gebeamt und Handelsexperte Lehnerdt kommentierte: „Wir profitieren von der Globalisierung“. Künftig werde es in der Region nur noch drei Einkaufsstädte geben: Konstanz dank LAGO, Radolfzell – mit Einschränkungen – dank Outletcenter seemaxx und Singen dank ECE. Dieses Angstszenario, nämlich abgehängt vom Konsumboom sich wieder zum Hegau-Dörfchen zurück zu entwickeln, hat bekanntlich bei der großen Mehrheit des Gemeinderates schon gefruchtet, nun müssen es nur noch die BürgerInnen verinnerlichen.
Er ist doch „kein böser Kerl“
ECE-Chef-Projektierer Marcus Janko warb beim Publikum um Sympathie für seine Person: Er sei doch „kein böser Kerl“ und er habe doch nur Gutes für Singen im Sinn. Nur gemeinsam mit den Einzelhändlern könne und wolle ECE die Innenstadt weiter entwickeln. Und man solle doch verstehen, dass das Center mit seinen 16.000 qm Verkaufsfläche ein kleines Center sei, dessen „hochwertige Architektur aber seeehr viel Geld kosten werde“, das ECE dann mit dem Center erst wieder verdienen müsse … Auf die Nachfrage zur Gesamtfläche (mit Gastronomie, Büros, Lagerräumen) schwieg er sich hingegen aus, wollte „nicht irgendwelche Zahlen ausgraben“ und wusste angeblich nicht einmal, ob es nun größer oder kleiner als das Konstanzer LAGO werde.
Danach die eigentliche Podiumsdiskussion mit „Stargast“ Alexander Niemetz: Dieser machte keinen Hehl daraus, mit wem er besser konnte. Die Rolle, als „Agent provocateur“ die Center-Kritiker vorzuführen, erfüllte er bestens. Dem Publikum stellte er sich als Schweizer vor, der gern in die Singener Südstadt fahre, um dort die viel günstigeren Medikamente einzukaufen und bei Kentucky Fried Chicken (KFC) einzukehren. Letzteren gibt es in der Schweiz nicht. Ob er damit ebenfalls den Vorteilen der Globalisierung das Wort reden wollte, Fastfood-Verweigerer provozieren oder schon mal Vorfreude auf die kulinarischen Genüsse des ECE-Foodcourt wecken wollte, mag jeder für sich entscheiden.
Zum Auftakt der Diskussion forderte er die beiden Center-Kritiker, Christoph Greuter und Andreas Pfleger, mit der provokanten Frage heraus, weshalb sie Angst hätten ihre Gesichter zu zeigen? Dies war eine Anspielung auf die Plakate der BI, die mit Sachargumenten und anonymen Models zum „Nein“ am 17. Juli aufrufen. Anders als die Plakate der Befürworter, die mit mehr oder minder stadtbekannten Köpfen werben. Es gehe beim Bürgerentscheid schließlich nicht um eine Personenwahl, sondern um ein Thema, rechtfertigte Christoph Greuter die Gestaltung. Darauf Niemetz: „Hätten Sie in Singen überhaupt jemand gefunden, der sein Gesicht auf Ihren Plakaten zeigen möchte“?
Die „Lebendigen Singener“-Köpfe Reiner Wöhrstein und Jürgen Müller gaben anschließend ihrer Hoffnung auf den „Lotto-Gewinn“ (Zitat Wöhrstein) ECE für Singen Ausdruck. Während für Wöhrstein das heutige Singen die Handelsstadt Nr. 1 in der Region ist, sieht es Jürgen Müller bereits als „sterbende Mittelstadt“. Wöhrstein beklagte ein weiteres Mal, dass er „Mut“ bei seinen Händlerkollegen vermisse.
Seitenhieb gegen attac
Mit längst stadtbekannten Argumenten zu Handel und Wandel ging es weiter. Die Anliegen der BürgerInnen wie Wohnraumknappheit blieben ausgeblendet. Stimmung kam schließlich auf, als Andreas Pfleger in seiner Eigenschaft als Bürger und nicht als Händler eine Gegen-Provokation in die Runde warf: „Warum muss Singen eine Handelsstadt sein?“ Könne es sich denn nicht auch als „Kulturstadt“ in der Region hervorheben? Das war dem ohnehin schon recht nervös und wenig gut gelaunt wirkenden OB dann wohl doch zu viel: Unglaublich finde er es, dass ein Händler frage, warum wir Handelsstadt sein müssen! Und Fotohändler Wöhrstein konterte echauffiert in Richtung Pfleger: „Sie haben attac bei sich aufgenommen, die Gruppe, die den Konsumverzicht propagiert!“
Gemeint war offensichtlich der Redebeitrag von Andreas Syré bei einer „Für Singen“-Demo (seemoz berichtete). Dieser liegt dem Fotohändler wohl schwer wie ein Brathähnchen auf dem Magen. Und KFC-Fan Niemetz liegen die Globalisierungsgegner anscheinend auch nicht: Für ihn das passende Stichwort um gegenüber einer von ihm befragten Zuhörerin, die schon bei seinen Essens-Vorlieben ein „Igitt“ gemurmelt und ECE als „Kapitalismus pur“ kritisiert hatte, darauf zu bestehen, dass sie sich als attac-Mitglied outen sollte.
Professionell ausgeklügelt und nach Drehbuch einstudiert, wirkten die Statements der fünf neoliberalen „Machtwirtschafts-Befürworter“ – auf die zugegeben nicht neutrale Verfasserin dieses Textes –, die es dem „Herrn Buchhändler“ und dem „Herrn Apotheker“ (O-Ton Niemetz) und den im Publikum anwesenden Konsumverweigerern und Globalisierungsgegnern doch mal zeigen wollten. Erwähnt sei noch, dass als Hintergrundkulisse die von den ECE-Broschüren und Webseiten hinreichend bekannten Luxus-Konsumtempel-Ansichten gebeamt wurden, und Marcus Janko am Ende der Veranstaltung die Drohung aussprach, wer gegen ECE sei, müsse dann auch die Verantwortung dafür übernehmen.
Sollte das die Fairness gewesen sein, auf die der OB, etliche Gemeinderäte und die „Lebendigen Singener“ ständig pochen? Jedenfalls haben die beiden Center-Kritiker auf dem Podium ihre Vision einer zukunftsfähigen Bürgerstadt verteidigt, in der soziale Verantwortung, Kultur, selbstbestimmte Freizeit und organisch wachsender, am Bedarf orientierter Handel ein ausgewogenes Ganzes seien.
Nach Abschluss des Spektakels sah man einen sichtlich zufriedenen Alexander Niemetz – „mission accomplished“, das Honorar eines „5-Sterne-Moderators“ wird wohl für etliche Großportionen Brathähnchen reichen –, über seine Stimmungsmache empörte Center-Gegner und gar nicht so wirklich siegessicher dastehende Center-Befürworter, OB Häusler mit eingeschlossen. Mit so viel hartnäckigem Widerstand konnten sie wohl irgendwie nicht ganz glücklich sein.
Uta Preimesser
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Die Studie der BBE München „Was passiert wenn nichts passiert“ hat in Singen für Furore gesorgt und dient als Rechtfertigung für die massive Unterstützung der Stadt und Gemeinderat für ECE. BBE München wird von Herrn Joachim Stumpf geleitet, er ist ebenfalls Geschäftsführer verschiedener Tochterunternehmen der BBE. Als Geschäftsführer der IPH Handelsimmobilien GmbH ist er im Center-Management großer Einkaufszentren tätig, die ebenfalls mit der ECE zusammenarbeitet. Die IPH betreut 20 große Einkaufszentren: http://www.iph-online.de/de/geschaeftsfelder/center-management
Als weiterer Geschäftsführer der Eloboratum GmbH ist er ebenfalls mit den großen Playern im Einzelhandel in Fragen des e-commerce verbandelt: http://www.elaboratum.de/referenzen/
BBE München als „unabhängige Gutachter“ mit ihrem Chef Joachim Stumpf an der Spitze, mit dem die Gemeinderäte weichgekocht wurden, bezahlt von der Stadt Singen. Mit seinem starken Engagement im Bereich großer Einkaufszentren hätte BBE München mit Joachim Stumpf an der Spitze nie von der Stadt Singen als „unabhängiger“ Gutachter engagiert werden dürfen.
Die BBE – Geschäftsführer Joachim Stumpf – hat folgende Tochterunternehmen:
1) Die IPH-Handelsimmobilien GmbH ist Spezialist für Handelsimmobilien und unter anderem als Center Management in großen deutschen Centern tätig (Rostocker Hof in Rostock, Forum Winterhude in Hamburg, Weinheim-Galerie in Weinheim etc.) – Geschäftsführer Joachim Stumpf
2) Die elaboratum GmbH als Gemeinschaftsunternehmer der BBE und Prof. Dr. Klaus Gutknecht gilt als Berater im Bereich Multi-Channel Systeme und ist spezialisiert auf die Beratung von Firmen im Bereich E-Commerce – die Firma gilt als Berater der größten deutschen E-Commerce-Player (siehe Homepage) – Geschäftsführer Joachim Stumpf
Die Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK)vom Juli 2015 „Wer hat Angst vor e-commerce“ kommt zu völlig anderen Ergebnissen wie die BBE, was die Zukunft des stationären Handels und e-commerce angeht. Diese Studie wird von der Stadt Singen vollständig ignoriert und den Gemeinderäten bei Ihrer Entscheidungsfindung leider auch nicht zur Kenntnis gebracht. http://www.gfk-geomarketing.de/fileadmin/gfkgeomarketing/de/beratung/20150723_GfK-eCommerce-Studie_fin.pdf
Die Singener Bürger sollten keinen Fehler beim Wählen machen.
Das beste Beispiel ist der BREXIT. Da war das Geschrei dann groß:
„Oh Gott, was haben wir da gewählt“, war am nächsten Tag zu lesen.
Erst nach der Wahl aufzuwachen………hm, sehr sehr schlechtes Timing :-((
Singen braucht keinen Staubsauger in dieser Größe
Herr Niemetz ist ein neoliberales Urgestein mit besten Kontakten zur CDU und Frau Merkel.
Vermutlich ist er so ein eingeschworener Transatlantiker wie sein Kollege Kleber vom ZDF.
Solch eine „Moderation“ ist ja durchschaubar!
Auf das ihm bald Flügel wachsen, keine chickenwings, dann kann er demnächst auch Killary hier gutreden.
OB Häusler verwahrte sich beim Bürgerforum am 5.7., dass ECE über die Stiftung „Lebendige Stadt“ sich mit 25.000 Euro für das Streichen der Bahnhofunterführung das Wohnwollen der Gemeinderäte „gekauft“ habe. Nein, 25.000 Euro reichen sicher nicht aus, den gesamten Gemeinderat zu kaufen, vielleicht aber sich seines Wohnwollens zu versichern. Wie die Stiftung Lebendige Stadt der Familie Otto Lobbyarbeit macht, wird hier beschrieben: http://www.ruhrbarone.de/ece-stiftung-lebendige-stadt-so-geht-lobbyismus/30191
Alle Gutachten seien außerdem von der Stadt bezahlt, so der OB. So weit, so gut. Sollen doch gemäß Verkehrsgutachten für das Regierungspräsidium ca. 80 % der künftigen Besucher des ECE, welche mit dem PKW anreisen, vom angestammten Handel in Singen kommen und werden so mit ihrer Kaufkraft in das ECE abgesaugt. Sind das die Chancen für das strahlende Singen? Verkehrsmässig wird das ECE so gar keine Probleme machen, da die meisten ECE Kunden bisher nur andere Geschäfte in der Innenstadt besucht haben. Somit ist völlig egal, wer dieses Gutachten bezahlt hat. Interessiert die ECE –Befürworter in Singen sowieso nicht. Risiken für die Innenstadt werden schlichtweg ignoriert oder weggelogen.
Wie wird Sport – Müller aus der Wäsche schauen, wenn dieses sehr leistungsfähige Unternehmen bis zu 80 % seines Umsatzes an ECE verloren hat ? Alles kein Problem, oder? Herr Janko von ECE lehnte es strikt ab, zur wirklichen Größe des ECE eine Aussage zu treffen, wohl wissend, was das für die Innenstadt bedeutet. Je größer das ECE, desto mehr Umsatz wird vom bestehenden Handel in das Center reingesaugt und dadurch die (in einer Studie der Hafenuniversität Hamburg Studie nachgewiesen) zu erwartenden Schäden an der Singener Innenstadt verursachen. Fakt ist, so wurde am Rande der Veranstaltung bekannt, wird die überbaute Fläche des ECE 11.000 qm2 des ECE ! Bei mindestens 3 Vollgeschossen sind das bis zu ca. 30.000 qm2 Mietfläche. Das ist der eigentliche Angriff auf die City, die schiere Größe führt so zu einer Vergrößerung der Innenstadt und eine Verlagerung der Fußgängerzone in das neue ECE. Ja, diese Vorgehensweise ist unfair, wird leider kommunalpolitisch flankiert und erinnert an den Spitzensport. Derartige Praktiken sind dort allerdings verboten, darf doch ein Schwergewichtler keinesfalls ein Leichtgewicht einprügeln.
Tatsächlich ist der Stadtverwaltung und dem Gemeinderat vorzuwerfen, viele Millionen an ECE zu verschenken. Verkauft doch OB Häusler die Übernahme der Kosten für die Gestaltung des Bahnhofvorplatzes als Beitrag für eine strahlende Zukunft mit ECE! Allerdings werden die Millionen aus dem Verkauf des Zollareals und eines Teiles der Thurgauerstrasse an ECE dafür auch nicht reichen.
Gleichzeitig wird bei einer Anhörung zur Bebauung des Scheffelareals vom OB behauptet, dass die Stadt kein Geld hat, um sozialen Wohnungsbau zu betreiben. Das ist der eigentliche Skandal! Sollen auf dem Scheffelareal und anderen Brachflächen in der Innenstadt nur noch Luxus-Eigentumswohnungen für Gutbetuchte und nicht benötigte Einzelhandelsflächen gebaut werden ? Wer Millionengeschenke an Konzerne macht und für Sozialwohnungen kein Geld hat, sollte sich endlich darauf besinnen, wer ihn gewählt hat. Deshalb bitte am 17.07.2016 wählen gehen. Wer weiß, vielleicht gewinnt David ?
Mit freundlichen Grüßen
Peter Mannherz
Ein paar Gedanken, die vielleicht nicht jeder gut findet:
1. Die Stadt Singen, vertreten durch ihr höchstes, demokratisch gewähltes Gremium, hat sich für den Centerbau ausgesprochen. Da sollte man nicht überrascht sein, wenn sie diese Meinung auch nach außen vertritt.
2. Ich kann mich an keine Wahl erinnern, die aufgrund von Sachargumenten entschieden wurde. Man kann das bedauerlich finden, es ist aber Realität, dass viele Wähler durch Emotion angesprochen werden. Dies nicht erkannt zu haben, muss sich „Für Singen“ leider vorwerfen lassen. So blöd es auch ist, aber bunte T-Shirts und Luftballons für die Kinder wirken halt mehr als demonstrative Betroffenheit über die Schlechtigkeit der Welt und des Kapitalismus.
3. Das führt direkt zum Problem, dass man natürlich mt der „Nein“-Kampagne eine viel schwerere Situation vetritt, als die Li-La-Laune-Kampagne der Befürworter. Man muss nämlich einräumen, dass bei einer Ablehnung der Holzer-Bau auf unabsehbare Zeit stehen bleibt. Das ist einfach Realität. Ebenso wird sich nicht sofort ein Investor melden, der an der Bahnhofstraße sozialen Wohnungsbau betreiben wird und die Stadt selber baut eben auch nicht. Das macht es den Befürwortern leicht: Entweder man bekommt ein tolles Center und der Holzer-Bau verschwindet oder es bleibt so trist, wie es ist, einschließlich der aggressiven Alkis vor Norma. Reflektierte Wähler, die sich nicht auf so einfache Gleichungen einlassen bei ihrer Entscheidung stellen leider nicht der Mehrheit der Wähler.
4. Insgesamt hätte „Für Singen“ aus meiner Sicht eine deutlich emotionalere Kampagne fahren müssen. Dass man sich über einen Flashmob (zu Recht) lustig macht, wird nicht reichen, um Unentschlossene auf die „Nein“-Seite zu ziehen. Sachargumente sind toll, taugen aber aus meiner Sicht nicht für einen erfolgreichen Wahlkampf.
Hoppla, was war das denn? Herr Niemetz, selbsternannter Singen-Kenner, hat nicht moderiert, er hat suggeriert. Er unterstellt den ECE Kritikern doch glatt, dass Sie Angst für der Zukunft hätten, zu feige wären, sich ablichten zu lassen, nicht am Puls der Zeit seien was Internethandel anbelangt und desweiteren mehr. Singen ist bereits „die“ Einkaufsstadt. Jeglicher Versuch an diesem Abend, faktenbezogene Argumente gelten zu lassen, wurde vom, von der Stadt Singen bezahlten, Rhetorik-Profi Niemetz im Keime erstickt. Unterstellungen und Suggestivfragen beherrschten den Abend. Herr Janko und Herr Hadelich von ECE sind nachwievor die Antwort auf die Frage schuldig, welche Fläche die vermietbaren Verkaufsebenen tatsächlich haben. Mehrfache Nachfrage wurde nur mit „Wissen wir nicht!“ beantwortet. Bei einem 140 Mio. EURO Projekt? Und was machen ein Villinger und ein Engener auf dem Podium? Hier diskutieren Leute, die anschließend, s. Brexit, wieder das sinkende Schiff verlassen und keine Verantwortung übernehmen. Danke Herr Niemetz, empfehlen Sie uns weiter, sparen Sie beim Apotheken-Einkauf in Deutschland und essen Sie anschließend Chicken-Wings in der Südstadt.
Die 8,5 Mio. Investition in den neugeplanten Bahnhofvorplatz ist übrigens überflüssig – laut Rapp-Verkehrsgutachten werden von den bereits vorhandenen Kundenströmen nur 27 % von auswärts dazukommen – der Rest verteilt sich um – bleibt also verkehrstechnisch nahezu alles beim Alten – bis auf, wie gesagt, die dann von der Stadt zu zahlenden 8,5 Mio. EURO für ein Glasdach, neue Sitzbänke und Papierkörbe. Nein zu ECE am 17. Juli.
Gabriele Steidle