Eile hat nur der Arbeitgeber Siemens

Panikmache gilt nicht – der Betriebsrat der Konstanzer Siemens-Sparte Postautomatisierung (LAS) setzt auf Verhandlungen und Zeitgewinn. „Bislang ist nicht einmal die vorgeschriebene Information erfolgt, danach erst können die Verhandlungen zu einem Interessensausgleich folgen“, sagt Volker Schmitz, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender. Diese Beratungen starten am 22.1. in Konstanz – und können sich hinziehen

Die homepage „siemens konstanz“ ist schon abgeschaltet: Die Konzernzentrale in München hat es offensichtlich eilig. Doch Eile hat nur der Arbeitgeber Siemens – Beschäftigte (ohnehin durch einen unternehmensweiten Kündigungsschutz abgesichert) und Betriebsräte nutzen die Zeit: Erst in einer Woche, am 22.1., beginnen in Konstanz die gesetztlich vorgeschriebenen Verhandlungen im Wirtschaftsausschuss gemäß § 106 des Betriebsverfassungsgesetzes. Ergebnis soll dann der sogenannte Interessensausgleich sein, auf dessen Basis erst über personelle Maßnahmen verhandelt werden kann.

§ 106 Betriebsverfassungsgesetz (Wirtschaftsausschuss)

(1) In allen Unternehmen mit in der Regel mehr als einhundert ständig beschäftigten Arbeitnehmern ist ein Wirtschaftsausschuss zu bilden. Der Wirtschaftsausschuss hat die Aufgabe, wirtschaftliche Angelegenheiten mit dem Unternehmer zu beraten und den Betriebsrat zu unterrichten.

(2) Der Unternehmer hat den Wirtschaftsausschuss rechtzeitig und umfassend über die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Unternehmens unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen zu unterrichten, soweit dadurch nicht die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Unternehmens gefährdet werden, sowie die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Personalplanung darzustellen. Zu den erforderlichen Unterlagen gehört in den Fällen des Absatzes 3 Nr. 9a insbesondere die Angabe über den potentiellen Erwerber und dessen Absichten im Hinblick auf die künftige Geschäftstätigkeit des Unternehmens sowie die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Arbeitnehmer; Gleiches gilt, wenn im Vorfeld der Übernahme des Unternehmens ein Bieterverfahren durchgeführt wird.

Es bleibt also genügend Zeit, um Versetzungen gefährdeter Arbeitnehmer auszuloten, um in aller Ruhe auch Vorruhestandsregelungen zu vereinbaren oder andere Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten zu verhandeln. „Im Idealfall gibt es keinen Personalabbau“, gibt sich Volker Schmitz optimistisch.

Tatsächlich erscheint die Konzernpolitik zwiespältig: Ein Käufer erhofft sich doch wohl neue Aufträge und möchte das Geschäft erfolgreich weiterführen. Und dazu braucht er die Experten unter den Siemens-Beschäftigten. Ein überstürzter Personalabbau wäre da eher kontraproduktiv. Immer unter der Voraussetzung, es gibt überhaupt Kaufinteressenten. Aber auch darüber schweigt sich die Konzernzentrale weiterhin aus.

Beschäftigte und Betriebsräte stochern also weiter im Nebel schleierhafter Informationspolitik. Doch für Panik gibt es keinen Grund, beteuern die genervten Betriebsräte und versuchen, informationshungrige Kollegen zu beschwichtigen: Ohne neue Verhandlungen keine neue Informationen. Oder wie es der Frankfurter Betriebsrat ausdrückt: Der hat ein Schild an seine Tür genagelt: „Nix Neues“.

Autor: hpk

Weitere Links:

„Das ist unanständig“

Was taugt der Kündigungsschutz den Siemens-Beschäftigten?