Ein Amtsblatt für Konstanz
Die lang gehegte Idee, eine städtische Zeitung in und für Konstanz raus zubringen, könnte nächsten Dienstag Wirklichkeit werden, wenn der HFA (Haupt-und Finanzausschuss) die Weichen für ein Konstanzer Amtsblatt stellt. Den Südkurier, der diese Information bislang wohlweislich unter Verschluss hält, wird das nicht freuen: Es drohen Einbußen – nicht nur finanzieller Art.
Immerhin strich das Monopolblatt bislang pauschal über 60 000 Euro pro Jahr ein für die Veröffentlichung von gemeinderätlichen Tagesordnungen, städtischen Satzungen und amtlichen Verlautbarungen. Damit dürfte dann Schluss sein – das Konstanzer Amtsblatt, das in der Regel 14-tägig mit maximal 26 Ausgaben pro Kalenderjahr erscheinen soll, wird diesen Informationsbedarf zukünftig abdecken. Und eine Internet-Fassung gibt es obendrein.
Aber ganz will die Stadtverwaltung das Heimatblatt nicht im Regen stehen lassen. Druck und Verteilung des Amtsblattes, so ist der Vorlage für den HFA zu entnehmen, sollen im Zuge einer, wieder einmal nichtöffentlichen, Ausschreibung geringstbietend vergeben werden – raten wir mal, wer den Zuschlag erhalten wird.
Ansonsten jedoch ist unter der Regie von Stadt-Pressesprecher Rügert, dem zukünftigen Chefredakteur der städtischen Postille, alles in trockenen Tüchern: Die Finanzierung ist klar umrissen („voraussichtliche jährliche Aufwendungen für ein Amtsblatt mit acht Seiten Inhalt: 104.000 €“), eine zusätzliche 0,75-Stelle im Pressebüro ist beantragt, sogar ein Redaktionsstatut ist ausformuliert. Danach soll z.B den Gemeinderats-Fraktionen eine eigene Seite vorbehalten sein für deren Positionsbestimmungen. Allerdings mit genau vorgeschriebener, nach Fraktionsgröße gestaffelter, Zeichenmenge und einem Veröffentlichungsverbot drei Monate vor Wahlen.
Noch mehr Werbung im Briefkasten also? Nein – dem ausgewiesenen Fachmann Walter Rügert und seinem Team ist ein buntes, abwechslungsreiches Magazin zuzutrauen, wie auch im jüngst erschienenen „Almanach“ nachzulesen ist. Ein Mehr an ungefärbter Information – das täte der bisher vom Heimatblatt nur oberflächlich und zumeist einseitig informierten Leserschaft nur gut.
hpk
Was ist denn eine „nichtöffentliche Ausschreibung“. Wie bewerbe ich mich denn dann mit meiner kleinen Druckerei in Hinterdupfingen?
O, Herr Pugliese, da fehlt scheint’s der Überblick aus dem fernen Argentinien. Schauen Sie sich einfach mal die Amtsblätter zwischen Stuttgart und Leipzig, zwischen Herrenberg und Filderstadt an – bunt, vielseitig, professionell. Und so etwas stünde auch Konstanz gut zu Gesicht,
Ein Amtsblatt muss nicht zwingend karg bleiben, das zeigen auch die Beispiele der Mitteilungsblätter aus den Vororten (fraglich, was aus ihnen wird). Es kommt darauf an, in welche Richtung man dieses „Amtsblatt“ entwickelt, es gibt unterschiedliche Beispiele. So ist ein reines Abdrucken von amtlichen Verlautbarungen wohl eher unwahrscheinlich, blickt man einerseits auf das, was beschlossen wurde, aber gleichzeitig auch auf die Stellenbeschreibung des neuen Mitarbeiters im städtischen Pressebüro. Viel eher wird man wohl auf eine Zwischenlösung hinführen, ähnlich eben wie in den Teilorten, deren „Blättles“ auch dann, wenn man die Werbeanzeigen herausnimmt, immer noch weit mehr sind als ein alleiniges Auflisten von Nachrichten aus den Verwaltungen.
Bei einem Amtsblatt handelt es sich mitnichten um ein „buntes, abwechslungsreiches Magazin“ zum lebendigen politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Austausch, wie dies von Teilen der Öffentlichkeit erwartet und auch in der Gemeinderatsdebatte von Rätinnen und Räten immer wieder unhinterfragt vorausgesetzt wurde. Ein Amtsblatt ist inhaltlich auch keine Konkurrenz und nur selten eine Ergänzung zu seemoz, Südkurier und den diversen Anzeigenblättern und sicher auch kein Medium für Leserbriefschlachten. Auch der Vergleich mit dem „Almanach“, der eine Blütenlese meist längerer Texte präsentiert, hinkt stark. Ein Amtsblatt dient vielmehr vor allem der Verbreitung eher karger amtlicher Verlautbarungen, Verordnungen, Satzungen, Termine und verwandter Informationen und gibt sich (im Idealfall) politisch blind oder zumindest neutral (auch wenn es die Welt natürlich vor allem aus der Perspektive der Verwaltung darstellt). Es macht wenig Sinn, die Erwartungen an dieses Blatt zu hoch zu schrauben.