Ein Arbeitskampf für alle

Am morgigen Mittwoch legen die Beschäftigten des öffentlichen Diensts in der Region die Arbeit nieder. Sie protestieren damit gegen ein völlig unzureichendes Lohnangebot des Bunds und der Kommunen – und treffen sich aus mehreren Landkreisen zu einer regionalen Demo in Konstanz.

Die Forderung der Belegschaften ist bekannt: Angesichts der hohen Inflationsrate und des ohnehin geringen Entgelts verlangen die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und der Beamtenbund eine Lohnerhöhung von 10,5 Prozent, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat. Und das ab sofort. Denn im nächsten Jahr soll erneut verhandelt werden.

10,5 Prozent beziehungsweise 500 Euro sind ein bescheidenes Begehr: Über die letzten Jahre hinweg sind die Reallöhne eher gesunken als gestiegen. Dabei benötigen gerade die Beschäftigten des öffentlichen Diemstes ein faires Einkommen. Denn von ihrer Arbeit hängt es ab, ob und wie die Dinge funktionieren – vom öffentlichen Nahverkehr zur Müllabfuhr und Energieversorgung, von den Kitas zu den städtischen Behörden oder dem Krankenhaus. In vielen Bereichen fehlt es bereits heute an Personal – und der Mangel wird noch zunehmen, wenn die Entwürdigung der Arbeitskräfte weitergeht.

Genau das aber wollen offenbar die Bundesregierung und die Kommunen. Deren Unterhändler:innen haben nämlich bisher nur ein dreistes Angebot vorgelegt: lineare Anhebung der Gehälter um zunächst drei Prozent (aber erst ab Ende 2023) und danach (Mitte 2024) um zwei Prozent. Macht fünf Prozent – verteilt auf zwei Jahre. Dabei liegt die Inflation derzeit bei über acht Prozent und wird nicht so schnell zurückgehen.

Zudem ignoriert die staatliche Offerte eine Kernforderung der gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten: Diese verlangen vor allem mindestens 500 Euro mehr für alle. Ihre soziale Forderung begünstigt minderentlohnte Arbeiter:innen, weil 500 Euro bei den Leichtlohngruppen mehr als ein Plus von 10,5 Prozent ausmachen. Dieses soziale Element hat in den Tarifauseinandersetzung der letzten Jahrzehnte gefehlt. Dabei spüren die ärmeren Bevölkerungsschichten die Inflation mehr als die wohlhabenden.

Aber sollen die Beschäftigten dann nicht wenigstens in den Genuß von Einmalzahlungen kommen? Das stimmt – aber nur bedingt. Solche Zahlungen – siehe die 3000 Euro bei den Tarifergebnissen in der Metallindustrie und der Post – bringen kurzzeitig Geld in die von steigenden Energiekosten, höheren Mieten und teureren Lebensmitteln gebeutelten Portemonnaies. Aber die steuer- und abgabefreie Einmalzahlungen helfen nicht auf Dauer: Sie sind kein langfristiger Lohnbestandteil. Und nutzen eher den Unternehmen, die Sozialabgaben sparen.

Sollten sich die Regierung und die Kommunen durchsetzen, wird auch die für den Klimaschutz notwendige Mobilitätswende scheitern – weil es für einen Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs mehr Beschäftigte braucht, aber immer weniger Arbeitskräfte für Hungerlöhne schuften werden.

Von daher nutzt der Warnstreik am Mittwoch auch der Bevölkerung. Die sich durchaus solidarisch zeigen darf, und zwar um:

9 Uhr: Beginn des Aktionstags mit Streikenden aus den Landkreisen Tuttlingen, Rottweil, Schwarzwald-Baar und Konstanz beim Treffpunkt Petershausen (Georg-Elser-Platz)
11 Uhr: Demo Richtung Innenstadt
ab 12.15 Uhr: Kundgebung auf der Marktstätte

Text und Bild: Pit Wuhrer. Das Foto zeigt eine Kundgebung der Sozialarbeiter und Erzieherinnen im April 2022 auf der Marktstätte Konstanz.