Ein Kahlschlag und seine Folgen

20130801-225501.jpgEs geschah am 23.4. 2013, da setzte sich der Hohenegg-Hang in Konstanz an drei verschiedenen Stellen in Bewegung. Nicht zum ersten Mal, aber mit jetzt gravierenden Folgen: Straße und Wanderweg bleiben für Anwohner, Spaziergänger und Radwanderer bis auf den heutigen Tag gesperrt, 450 000 Euro musste der Gemeinderat für aktuelle Sicherungsmaßnahmen zur Verfügung stellen. Fragt sich: Wer soll das bezahlen? Und: Wäre der Hangrutsch zu vermeiden gewesen?

Denn Warnungen gibt es seit fast 20 Jahren. Die Bürgervereinigung Allmannsdorf-Staad (BAS) um ihren damaligen Vorsitzenden Alexander Gebauer mahnt seit 1994 immer mal wieder ein tragfähiges Pflegekonzept für den Hohenegg-Wald, seit langem als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen, an. Und auch schon 2003 – nach Kahlschlägen 1995 und 2001 – forderte der FGL-Stadtrat Werner Allweiss ein Pflegekonzept für den Wald ein. Allweiss damals im ’s‘ Blättle‘: „Jetzt gilt es, die Waldbesitzer dazu zu bringen, gegebenenfalls auch mit politischem Druck, das vernünftige Pflegekonzept umzusetzen“.

„Baumfällungen sind nicht allein schuld“

Das Staatliche Forstamt Radolfzell nämlich hat ein solches Konzept längst erarbeitet. Das sieht zum Beispiel vor, landschaftsprägende Bäume an der Hangkante zu erhalten. Nur alle fünf bis sieben Jahre sollten Einzelfällungen stattfinden, die Platz schaffen für Neupflanzungen von tiefwurzelnden Bäumen, die dem Hang die nötige Stabilität verleihen. Von Kahlschlag steht da nichts.

Geologen, Experten des Radolfzeller Forstamtes und natürlich Fachleute der Stadtverwaltung beeilten sich gleich nach dem Hangrutsch im April, die Kahlschläge und ihre Folgen herunter zu spielen. Nein, so der von der Stadt beauftragte Geologe, eine Ursache allein sei nie ausschlaggebend für einen solchen Hangrutsch. Die wochenlangen Regenfälle im Frühjahr hätten ebenso eine Rolle gespielt wie das „Fehlen einer stabilisierenden Vegetation“. Fällungen aber gab es auch im Frühjahr 2013. Und auch beim letzten Abrutsch 2001, erinnert sich Alexander Gebauer, wurde gar „eine Wasserader als Schuldige ausgemacht“.

Wer zwingt die privaten Waldbesitzer?

Der Wald oberhalb der Ruppaner-Brauerei, der jetzt zum wiederholten Mal ins Rutschen geriet, gehört übrigens der Brauerei, weiter nach Nordwesten folgen Parzellen anderer privater Besitzer (beispielsweise die Weinhandlung Rolle) sowie Waldbesitz der Insel Mainau. Und diese privaten Waldbesitzer, so die Auskunft der Stadtverwaltung, könnten nicht gezwungen werden, das Pflegekonzept des Forstamtes umzusetzen.

Hier setzt die Kritik der Freien Grünen Liste und ihres Stadtrats Allweiss an: „Die städtischen Gelder für Sofort-Hilfsmaßnahmen können nur eine Vorleistung sein – die privaten Besitzer müssen letztlich in die Pflicht genommen werden. Und das Pflegekonzept muss auch ihnen gegenüber durchgesetzt werden.“

Kurzfristig sind die Mittel wohl dafür vorgesehen, mit Netzen den Hang abzusichern – das könnte die immer noch gesperrte Hohenegg-Straße absichern. Doch für den beliebten Spazierweg oberhalb des Hanges (s. Privatfoto) wäre auch das keine Lösung – ihm droht die endgültige Sperrung.

Ein Tunnelgang und keine Lösung

Doch Netze sind der BAS noch nicht genug. Sie fordert , „…da sich leider nicht absehen lässt, wie lange diese gefährliche Situation im Hangbereich Ruppaner-Rolle an der Hoheneggstrasse bestehen bleibt und daher der Durchgangsverkehr dort unterbunden werden muss, sollte ernsthaft geprüft werden, ob nicht am äußersten Rand der unmittelbaren Gefahrenstelle ein stabil eingehauster, überdachter, schmaler Fußgängerdurchgang wie er an Baustellen mit entsprechendem Gefährdungspotential üblich ist, erstellt werden könnte, um damit diese so wichtige Verbindungsachse zwischen Staad, der Universität und der Insel Mainau wenigstens für unsere Bürger und Gäste, für Fußgänger und Radfahrer durchlässig zu halten“. Ein Tunnelgang also, der aber das Problem der Zufahrt für Rettungsfahrzeuge auch nicht löst.

Autor: hpk