Ein neuer Sattel für ein totes Pferd
Der Konstanzer Gemeinderat stellte die Weichen für die Zukunft des Bodenseeforums. Nach einer mehrstündigen Debatte setzte sich der Oberbürgermeister durch: Die Schließung des Bofo wurde grundsätzlich abgelehnt, man hofft, dass der Patient nur scheintot ist und will ihn durch eine Schönheits-OP und wahrscheinlich auch intensive Geld-Injektionen wieder zum Leben erwecken und womöglich gar zum Goldesel machen. Ein externer Berater wird dazu bis zum Sommer vier Szenarien zu entwickeln helfen.
Fünf Jahre finanzielles Elend mit dem Bofo, das so recht niemand braucht oder gar buchen will, haben den Unternehmergeist der Konstanzer RätInnen nicht ermattet. Sie wollen, dass es mit dem Bofo weitergeht, und hoffen – darin wieder einmal bestärkt von einem verhalten optimistischen Berater – auf eine irgendwann glänzende Zukunft, in der dann auch die Zahlen stimmen werden.
Eine Million Jahresverlust Minimum
Sicherheitshalber und um die Leute nicht zu verwirren, will man/frau die in den nächsten 15 Jahren jedes Jahr anfallende Abschreibung, also den Wertverlust des Hauses von jährlich 1 Million Euro, in den Debatten nicht mehr erwähnen, weil ja kein derartiges Haus in Deutschland seine Abschreibungen erwirtschaftet, und man diese Million deshalb als naturgegebenen Verlust hinnimmt. Schließlich ist ja auch immer irgendwie Wetter. Einen Tag ohne Wetter kann man sich nicht denken, und ein Bofo, das keine Verluste macht, inzwischen zumindest im Stadtrat scheint’s auch nicht mehr.
Es war Johann Hartwich, ein entschiedener Verfechter des Bofo, der als ehrliche Haut daran erinnerte, dass das ursprünglich mal ganz anders getönt hatte und dass der Rat damals bei der Entscheidung für den Kauf des Gebäudes davon ausging, bereits nach zwei Jahren nahe der schwarzen Null anzukommen, einschließlich der Abschreibungen.
Auch der umfangreiche, sachlich gehaltene Vortrag des Beraters Michael Walbrach kam manchen im Saal sattsam bekannt vor: So ähnlich, wenn auch euphorischer, hatte damals Berater Michel Maugé geklungen, als er dem Bofo eine große Zukunft vorhersagte. Dafür würden ihn viele Gemeinderätinnen und -räte heute am liebsten teeren und federn. Doch ebenso innig lieben sie den neuen Berater. Hmmm.
Das Congress Centrum Constantz dräut
Kurz gefasst ging es nach langer Debatte in der Abstimmung um Folgendes: Machen wir das Haus zum 31.12.2019 dicht, wie es die Linke Liste (LLK) beantragt hatte? Oder lassen wir eine Schließung wenigstens prinzipiell mal prüfen? Und lassen wir Verwaltung und Berater vier Fortführungs-Szenarien entwickeln, die sie dann im Sommer nach den Kommunalwahlen dem neuen Gemeinderat vorstellen werden, der entscheiden wird, wie es weitergehen soll?
Für den LLK-Antrag auf geordnete Schließung zum Jahresende, also eine Art Brexit ohne Briten, stimmten nur fünf Rätinnen, darunter neben Anke Schwede und Holger Reile (LLK) auch Anne Mühlhäußer, Till Seiler und Günter Beyer-Köhler von der FGL. Anselm Venedey (FWK) enthielt sich, und 31 Stimmen votierten dagegen, eine Schließung auch nur als weiteres Szenario neben den vier Szenarien zur Weiterführung zu prüfen.
Immerhin 11 Stimmen, darunter auch Venedey und Schäfer vom Jungen Forum befürworteten es, eine Schließung zu irgendeinem geeigneten Zeitpunkt sowie deren Folgen und Kosten zumindest als ein mögliches Szenario untersuchen zu lassen, unterlagen aber jenen 23 RätInnen, die eine Schließung ganz prinzipiell von vornherein ablehnten. Ein klarer Sieg also vor allem für Oberbürgermeister Uli Burchardt, der sein Lieblingskind behalten darf.
Es wird jetzt bis zum Sommer untersucht, ob das Bofo in einem der folgenden Modelle fortgeführt wird:
1. Stadthalle und Bürgerhaus im Besitz der Stadt (sehr teuer)
2. Stadthalle und Kongresszentrum im Besitz der Stadt (koschtet ordentlich)
3. Konzil 2.0, wobei Konzil und Bofo von einem gemeinsamen oder zwei verschiedenen Privaten betrieben werden (schlägt ins Geld)
4. Congress Centrum Konstanz mit einem privaten Betreiber (haut ins Kontor)
Privatisierung auf städtische Kosten?
Es ist absehbar, dass das Beratungsunternehmen die Übergabe an einen privaten Betreiber empfehlen wird, aber auch die wird gehörig kosten. Der dürfte natürlich den Anbau einer Gastronomie sowie alle möglichen Subsidien (Kohle) aus dem Stadtsäckel fordern und erhalten. Dazu kommt, dass die Stadt mit dem Bofo nicht machen kann, was sie will, denn Änderungen etwa der Nutzung bedürfen der Zustimmung der im selben Gebäude residierenden IHK. Und die ist bekanntlich der Käptn Ahab des untergehenden Bofo-Schiffes und stets bestrebt, das Stadtsäckel dem unternehmerischen Eigeninteresse dienstbar zu machen.
Till Seiler (FGL) hatte die Debatte mit einer IndianerInnenweisheit eröffnet: „Wenn Du merkst, dass Du ein totes Pferd reitest, steig‘ ab!“ Jetzt mit dem Kongressgeschäft weitermachen zu wollen, nachdem man damit nur auf die Nase bekommen habe, hieße nach seinen Worten, diesem toten Pferd auch noch einen neuen Sattel zu verpassen.
Männer, die auf Ziegen starren
Wo wir uns gerade in der Tierwelt bewegen, ist sicher nicht uninteressant, wie schamlos zwei Nachbargemeinden die Stadt Konstanz und ihr Tierheim ausnehmen. Das Junge Forum hat im Gemeinderat der Verwaltung in diesem Punkt alles abverlangt und konsequent nachgebohrt, um diesen Skandal ans Licht der Öffentlichkeit zu zerren.
Der Grund für die scharfen Fragen war der Antrag, die Aufwandsentschädigung für den Tierschutzverein auf 100.000 Euro im Jahr zu erhöhen. Da im Konstanzer Tierasyl auch Tiere aus Allensbach und von der Reichenau betreut werden, schlug Thomas Buck vor, doch eine kreisweite Lösung für die Tierverwahrung zu finden. Laut OB ist das aber nicht so einfach, weil eigentlich die Stadt Konstanz als Ortspolizeibehörde nur für die auf ihrem Gebiet aufgegriffenen Streuner zuständig sei und sich glücklich schätzen könne, dass ihr diese Aufgabe von den Ehrenamtlichen im Tierheim abgenommen wird. Außerdem habe man die Kooperation mit Allensbach und der Reichenau schon vor Ewigkeiten vereinbart.
Und in der Tat: Wollte man den Wirkungskreis des Konstanzer Tierheims auf den gesamten Landkreis ausdehnen, müssten die Ehrenamtlichen des Tierheims zum Teil unzumutbar weite Wege zurücklegen, um etwa einen Papagei in Gailingen oder einen Fickspecht in Hohenfels aus der Hecke zu klauben. Mit dieser pauschalen Erkenntnis gab sich das JFK aber nicht zufrieden, und so erfuhren wir denn, dass im Jahr 2018 von den insgesamt 43 eingelieferten Tieren je 7 von der Reichenau und aus Allensbach stammten. Also: diese beiden Gemeinden liefern 24,6 Prozent der Insassen, zahlen aber jeweils nur 300 bzw. 500 Euro pro Jahr an unser Tierheim. So kann es natürlich nicht weitergehen, denn das ist deutlich zu wenig, sowohl wenn man von den Einwohnerzahlen, als auch, wenn man von der Zahl der Tiere ausgeht. Dann wären für diese Gemeinden nämlich Beträge zwischen 5.400 und 7.500 Euro pro Jahr fällig.
Aber wer sind eigentlich aktuell die Insassen des Konstanzer Tierheims? Derzeit, so berichtete Klaus Holzer vom Bürgeramt, leben im Konstanzer Tierheim insgesamt 7 Hunde, 10 Katzen, 4 Kleintiere wie Kaninchen sowie 1 Siebenschläfer, die dort ein warmes Bett, viel platonische Liebe und etwas zu fressen finden. Doch diese Auskunft genügte dem jungen Forum nicht, denn es begehrte auch Auskunft darüber, wie viele größere Tiere wie etwa Ziegen oder Kühe (Zwischenruf: „Und Elefanten?“) dort beherbergt werden.
Da musste selbst Klaus Holzer passen, denn in den letzten Jahrzehnten wurden keine derartigen Tiere aufgegriffen. Das macht aber auch nichts, denn Kleinvieh macht bekanntlich auch Mist – gerade so kurz vor den Kommunalwahlen.
Text & Bild: O. Pugliese