Ein neues juristisches Abenteuer für die Stadt Konstanz?

Wieder ein Mammut-Prozess? Wieder mit unsicherem Ausgang und unübersehbaren Kosten? Die Klage „Ex-Intendant Florian Riem gegen die Stadt Konstanz“ vor dem Arbeitsgericht in Radolfzell währt nun schon fast ein Jahr – und wird erneut vertagt. Nächste Runde: 12. November. Prognose: Nach Maultaschen-Fall und Müller-Esch-Eklat steht der Stadt ein drittes juristisches Abenteuer bevor

Manche waren überrascht: Der Kläger Florian Riem sagte ab. Zum ersten Kammertermin vor dem Arbeitsgericht Radolfzell ließ sich der Ex-Intendant gestern entschuldigen – ein Attest seines Hausarztes bescheinigte seine „Verhandlungsunfähigkeit“. Und sein Rechtsbeistand, der Konstanzer Arbeitsrechts-Anwalt Manfred Schneider, gab flugs zu Protokoll, keine Anträge ohne seinen Mandanten stellen zu können, und beantragte eine „Neubeanraumung“.

Das mochten die Vertreter der Gegenseite, der Freiburger Anwalt Peter Rambach und Silvia Löhr, Justiziarin der Stadt Konstanz, nun gar nicht einsehen: Immerhin hatte Riem seine Klage bereits im vorigen Dezember eingereicht, ein Gütetermin im Februar war ergebnislos geblieben, zwei weitere Kammertermine waren verschoben worden. Und nun eine weitere Verzögerung? Peter Rambach vermutete, wie er nach dem Gerichtstermin erläuterte, eine „Flucht in die Versäumnisklage“ und damit eine zusätzliche Verzögerung des Verfahrens.

Und tatsächlich entspann sich zwischen den beiden Anwälten und Richterin Adam ein Juristen-Geplänkel um die Frage, wie der Prozess denn nun fortzuführen sei. Ein Versäumnisurteil hätte eine neue Terminansetzung durch das Gericht zur Folge, was wegen eines wahrscheinlichen Widerspruchs und möglicher Absagen wiederum zu Verzögerungen führen könnte. Eine einvernehmliche Lösung musste her. Man einigte sich schließlich gütlich auf einen neuen Gerichtstermin am 12. November, 9 Uhr. Riems Anwalt, Dr. Schneider, hatte sich durchgesetzt.

Viele Fragen bleiben offen

Dennoch bleibt manches offen. Zum Beispiel die juristische Fragestellung: Was eigentlich ist der Gegenstand der Riem-Klage, worum streitet er – will er „nur“ eine Abfindung oder doch eine Wiederherstellung seines guten Rufes, will er die tatsächlich immer noch nebulösen Umstände, die zum 600 000-Euro-Defizit der Südwestdeutschen Philharmonie führten, aufklären helfen und die wahren Verantwortlichen benannt wissen? Die Medienvertreter bekamen darauf in der gestrigen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht keine Antwort.

Offen auch die Frage, warum die Stadtverwaltung stets auswärtige Anwälte bemüht – im Müller-Esch-Fall eine Münchner Kanzlei mit niederschmetterndem Ergebnis und immer noch ungeklärten Honorar-Forderungen, im Riem-Prozess jetzt eine Freiburger Anwaltsfabrik, die für ihre arbeitgeberfreundlichen Positionen bekannt ist. Frage also: Traut man im Rathaus den Rechtsanwälten aus Konstanz nicht, die immerhin lokalpolitische Kenntnisse einbringen könnten und keine international üblichen Honorare fordern?

Offen bleibt aber auch die politische Fragestellung: Kann Uli Burchardt seine Politik der Verheimlichung der Prüfgutachten von GPA (Gemeindeprüfungsanstalt Baden-Württemberg) und städtischem Rechnungsprüfungsamt zum Philharmonie-Skandal weiterhin durchhalten? Der Konstanzer Oberbürgermeister, der mit dem Versprechen zu mehr Transparenz vor einem Jahr angetreten ist, wird zunehmend unglaubwürdig, wenn er weiterhin wichtige Fakten der Öffentlichkeit vorenthält.

Gerade im Vorfeld zu den Wahlen für einen neuen Gemeinderat 2014 ist eben auch die Frage nicht ohne Belang, wie sich die Fraktionen im Gemeinderat zu dieser Vertuschungspolitik stellen.

Autor: hpk