Ein Sieg für die Meinungsfreiheit

Friedensaktivist Hermann Theisen hat vor dem Verwaltungsgericht Freiburg endlich Recht bekommen: Ein Flugblatt-Verbot des Landratsamtes Rottweil war rechtswidrig. Theisen hatte 2016 und im Februar 2017 vor dem Sitz der Waffenschmiede Heckler & Koch in Oberndorf 100 Flugblätter verteilen wollen und deren Mitarbeiter aufgerufen, die Öffentlichkeit „umfassend über die Hintergründe der Exportpraxis ihres Arbeitgebers“ zu informieren.

Das Landratsamt sah darin einen Aufruf zum Geheimnisverrat, doch das Gericht folgte dieser Argumentation nicht. Der Inhalt der Flugblätter sei „eine Äußerung im politischen Meinungskampf“, Theisen habe von seinem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht und das sei legal. Das vom Landratsamt angeordnete Flugblatt-Verbot dagegen sei unrechtmäßig, so das Gericht.

Zweite Schlappe der Waffenschmiede

Bereits Mitte September hatte die Staatsanwaltschaft Rottweil eine Anklage gegen Theisen zurückgezogen. Darin hatte sie ihm vorgeworfen, er habe zum Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen aufgerufen. Mit der Rücknahme der Anklage ist auch ein Strafbefehl des Amtsgerichts Oberndorf über 3600 Euro hinfällig.

Der Kläger sagte zum gestrigen Urteil: “Das Gericht hat sich erfreulicherweise intensiv mit den Fragen der Meinungsfreiheit auseinander gesetzt und eben gleichzeitig auch mit der Problematik der Waffenexporte. Sowohl das Durchsuchen von Taschen als auch die Beschlagnahme von Flugblättern war illegal”, so Hermann Theisen.

Zweierlei Maß der Justiz

Jürgen Grässlin, Vorsitzender des RüstungsInformationsBüros (RIB e.V.), Bundessprecher der DFG-VK und seemoz-LeserInnen bestens bekannt durch seine Vorträge in Konstanz, nach der Urteilsverkündung: „Juristisch ein erfreulicher Ausgang eines an sich absurden Verfahrens. Hermann Theisen hat zu Recht zum Whistleblowing in Sachen illegaler Waffenhandel von Heckler & Koch aufgerufen.“

Höchst bedenklich sei dagegen das mehr als zögerliche Vorgehen der Stuttgarter Justiz, so Grässlin, Sprecher der Kampagne ‚Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel‘. „Meine Strafanzeige wegen des dringenden Verdachts illegaler Waffenlieferungen in mexikanische Unruheprovinzen datiert vom April 2010. Bis heute – sieben Jahre später – mussten sich die Verantwortlichen von Heckler & Koch noch immer nicht wegen offenbar widerrechtlicher Waffentransfers vor Gericht rechtfertigen. Dagegen wurde der Rüstungsexportkritiker Theisen binnen zweier Jahre vor Gericht gestellt. Weiterhin befinden sind die mutmaßlichen Täter auf freiem Fuß, weiterhin wird mit Abertausenden von illegal nach Mexiko gelieferten G36-Sturmgewehren in Mexiko gemordet.“

hpk (mit Material von RIB und SWR); das Foto (RIB) zeigt Hermann Theisen (2. v. r.) und Jürgen Grässlin (r.) kurz nach der Urteilsverkündung.