Ein Sklavenhändler mit Filiale am Bodensee (III)

Johann Bernhard Friedrich Romberg (1729-1819) war ein international tätiger Kaufmann, der die Globalisierung seiner Zeit für sich zu nutzen wusste. Er war auch im Sklavenhandel tätig und hatte einen engeren Bezug zum Bodensee: Zeitweise war er Bürger von Lindau, das verkehrsgünstig im System europäischer Handelswege lag. Wer war dieser damals bedeutende Mann, was bezweckte und bewirkte er? Hier der letzte Teil unseres dreiteiligen Porträts.

Teil 3/3

Rombergs Atlantikflotte für den Sklavenhandel sowie der Handel mit Kolonialwaren im Rahmen des für europäische Händler und Regierungen so profitablen „Dreieckshandels“ von Europa über Afrika nach Amerika und wieder zurück nach Europa, umfasste nach 1780 am Höhepunkt seiner Handelstätigkeit 94 Hochseeschiffe. Deren Namen lauteten beispielsweise „The Hope“, „The Friendship“ und „Jupiter“ und hatten eine Tonnage von jeweils 80 bis zu 450 Tonnen Traglast.

Menschen als Ware

Als Sklavenhändler eröffnete Romberg den anderen belgischen Großkaufleuten die „Fahrt nach Guinea“, also den Beginn des belgischen Sklavenhandels. Diesen betrieb auch Romberg u.a. über das Zwischenlagern von verschleppten Afrikanerinnen und Afrikanern im Sklavenkontor auf der Insel Gorée vor der Küste des Senegal. „Gorée, eine kleine, in der Bucht von Dakar gelegene Insel, ist das Zentrum des französischen Sklavenhandels im Senegal.“23 Doch auch von der ostafrikanischen Küste aus betrieben Romberg und sein ältester Sohn Frederick mit ihrer gemeinsamen Firma „Romberg & Cie.“ sowie jener zusammen mit dem Brüsseler Bankhaus Walckiers gegründeten „Romberg, Bapts & Cie.“ den hoch profitablen Sklavenhandel:

„Die Kapitäne kauften vor allem an der Küste des heutigen Mosambik jeweils etwa 300 Sklaven. Diese wurden dann in der Karibik verkauft.“24

Beim Schiffstransport dieser entführten und deportierten Menschen nach Mittelamerika kalkulierte Romberg einen Verlust durch Tod und Ermordung von rund 10% der „Ware Mensch“ ein. Diesen Verlust preiste er allerdings wiederum beim Verkauf der verbliebenen Sklaven in Amerika ein. Insgesamt starben allein auf den Schiffen der Firma Romberg bei den Überfahrten nach Amerika mindestens eintausend Sklaven. Der Gewinn der Reederei Romberg & Sons aber belief sich jeweils pro Schiffsrundfahrt auf mehrere hunderttausend Gulden. Romberg bedauerte die Verluste an Menschen auf seinen Schiffen, da dies seinen Profit schmälerte.25

Alles, was Geld bringt

Hinzu kam die Sklavenhaltung auf den Plantagen selbst sowie der Handel mit deren Erzeugnissen: „Die Firma Romberg, Bapts & Cie. verwaltete bis 1790 in Santo Domingo etwa 20 Plantagen für Indigo und Baumwolle. Einige davon wurden auch käuflich erworben. Des Weiteren versorgte sie die Inseln mit europäischen Waren und brachte die Produkte der Plantagen nach Europa, diese wurden teilweise von den familieneigenen Textilunternehmen weiterverarbeitet.“26

Rombergs Geschäftsgebaren ähnelt hierbei dem des in dänischen Dienste stehenden reichen deutschen Geschäftsmannes und Politikers Carl Schimmelmann aus Pommern. Dieser hatte 1763 vom dänischen König vier Plantagen auf den dänischen Jungferninseln in der Karibik gekauft. „Seine Schiffe brachten Flinten, Branntwein und Kattun zur westafrikanischen Goldküste, wo es dänische Niederlassungen gab. Hier tauschten seine Vertreter die Waren gegen Sklaven. Die Afrikaner wurden auf die Jungferninseln gebracht, dort benötigte sie Schimmelmann als Zwangsarbeiter.

Der Handel mit Afrika machte den Deutschen zu einem der reichsten Männer Dänemarks. Allein 1767 erzielte er einen Reingewinn von 55.000 Talern …“.27

1782 konnte sich Friedrich Romberg au seinen Profiten in Mechelen bei Brüssel ein neues Schloss errichten lassen, das „Château de Beaulieu“.28

Rombergs Sklavenhandel adelt ihn

Der Habsburger Kaiser Joseph II. war hochzufrieden mit Friedrich Rombergs Tätigkeit und bezeichnete diesen bei dessen erstem mehrmonatigen Besuch in Wien als „den größten Handelsmann in meinen Staaten.“ Beim zweiten Besuch Rombergs 1784 in Wien verlieh ihm Kaiser Joseph II. von sich aus den Adelstitel eines Reichsritters und Freiherren und hob dabei u.a. auch dessen „großen Verdienste“ als Sklavenhändler hervor.29 Auf der Rückreise von Wien hielt sich Romberg auch wieder in Lindau auf. Das „Reichsstadt Lindauisches Intelligenz-Blatt“ vom 14. August 1784 meldete hierzu bezogen auf den 9. August: „Herr Baron von Romberg, nebst Bedienten, von Brüssel, logiert zur Gans.“30

1796 kehrte er, nun endgültig als Mitglied der belgischen Oberschicht, nach Brüssel zurück.

Die Französische Revolution ab 1789 sowie insbesondere die Revolution der bisherigen farbigen Sklavinnen und Sklaven auf Santo Domingo/Haiti 179631 schmälerten die gewohnten Gewinne der Rombergs allerdings inzwischen empfindlich. 1795 wurden die bisherigen Habsburger Niederlande ein Teil der ersten Französischen Republik, „wobei die belgischen Provinzen in neun Departements aufgeteilt und die alten Privilegien zugunsten der neuen Freiheiten abgeschafft wurden“.32

Die Revolution hinterlässt ihre Spuren

Hinzu kamen später für Friedrich Romberg jene Handelseinbußen, welche ihm durch die von Napoleon I. verhängte Kontinentalsperre zur Unterbindung jeglichen Handels der Länder Kontinentaleuropas mit Großbritannien ab 1806 entstanden.

Rombergs aufwändiger Lebensstil wurde nun zu teuer. Auch konnte er seine geschäftlichen Kreditschulden samt Zinsen immer weniger bezahlen. 1810 musste er deshalb für 98.000 Gulden sein Schloss verkaufen. 1811 kam er wegen nicht bezahlter Schulden gar kurzzeitig in Haft. 1819 starb der inzwischen deutlich weniger wohlhabende Friedrich von Romberg in seinem 90. Lebensjahr in Brüssel.

Die offizielle staatliche Kolonialpolitik des Königreiches Belgien begann damit, dass der deutsche Reichskanzler Bismarck auf der Berliner „Kongo-Konferenz“ 1884/85 dem belgischen König das riesige und wirtschaftlich schwergewichtige Kongobecken zuschanzte. „Am Kongo-Fluss errichtete der belgische König Leopold II. danach eine Schreckensherrschaft […] Bis 1920 halbierten die Kolonialherren die Bevölkerung:

Von anfangs etwa zwanzig Millionen Einwohnern starben mehr als zehn Millionen durch Gewaltverbrechen, Hunger, Entkräftung durch Überarbeitung und Krankheit.“33 Patrice Émery Lumumba, seit 1960 erster Ministerpräsident der unabhängig gewordenen Republik Kongo, schrieb vor seiner Ermordung durch ein Komplott aus CIA und belgischem Geheimdienst am 17. Januar 1961 in seinem letzten Brief an seine Frau Pauline Opango Lumumba u.a.: „Eines Tages wird die Geschichte ihr Urteil sprechen. Aber es wird nicht die Geschichte sein, die man bei den Vereinten Nationen, in Washington, Paris oder Brüssel lehren wird, sondern die, die man in den Ländern lehren wird, die vom Kolonialismus und seinen Marionetten befreit sind. Afrika wird seine eigene Geschichte schreiben. Und es wird, nördlich und südlich der Sahara, eine Geschichte des Ruhmes und der Würde sein.“34

Text: Karl Schweizer, www.edition-inseltor-lindau.de. Bild: Querschnitt durch ein Sklavenschiff, 1790/1791, Quelle Wikipedia, gemeinfrei.

Anmerkungen

23 Jean Meyer, „Sklavenhandel“, in der Reihe Abenteuer Geschichte des Ravensburger Taschenbuchverlags, Ravensburg 1990, S. 23.

24 https://dewiki.de/Lexikon/Friedrich_von_Romberg, S. 3.

25 PD Dr. Magnus Ressel 2021 auf: https://lisa.gerda-henkel-stiftung.de/das_generalinterview_mit_pd_dr._magnus_ressel?nav_id=9591. 26 https://dewiki.de/Lexikon/Friedrich_von_Romberg, S. 3.

27 Hauke Friederichs, „Aufbruch an der Goldküste“ in ZEIT Geschichte Nr. 4/2019, „Die Deutschen und ihre Kolonien – Das wilhelminische Weltreich 1884 bis 1918“, S. 27.

28 Friedhelm Groth, „Friedrich von Romberg, der Sklavenhändler aus dem Sauerland“, Vortrag beim Rotary-Club Hemer vom 28. September 2015, S. 12.

29 Friedhelm Groth, „Friedrich von Romberg, der Sklavenhändler aus dem Sauerland“, Vortrag beim Rotary-Club Hemer vom 28. September 2015, S.14.

30 „Reichsstadt Lindauisches Intelligenz-Blatt“ Nr. VII vom 14. August 1784.

31 Vgl. C.L.R. James, „Die schwarzen Jakobiner – Toussaint Louverture und die Haitianische Revolution“, Berlin 2021.

32 Grieben-Reiseführer „Belgien und Luxemburg“, München 1981, S. 11f.

33 Gerd Schumann, „Kaiserstraße – Der deutsche Kolonialismus und seine Geschichte“, Köln 2021, S. 67.

34 Zitiert nach Gerd Schumann, „Kaiserstraße – Der deutsche Kolonialismus und seine Geschichte“, Köln 2021, S. 7.