Eine Umbenennung, die längst überfällig ist
Seit Samstag Mittag hat die Stichstraße, die gleich neben dem historischen Rathaus von der Kanzleistraße zum Augustinerplatz führt, einen neuen Namen – nicht mehr Franz-Knapp-Passage, sondern Ludwig-Büchler-Passage. Wohl im Auftrag der Friedensinitiative Konstanz hat die Künstlergruppe „Freie Konst“ die provisorische Namensänderung realisiert
Nicht erst seit der Habilitationsschrift „Selbstbehauptung durch Selbstgleichschaltung“, die Jürgen Klöckler, Leiter des Stadtarchivs Konstanz, 2011 veröffentlichte, gilt Franz Knapp als Prototyp des opportunistischen badischen Beamten in der Nazi-Zeit. Die Klöckler-Arbeit, die später zur Diskussion um Ex-OB-Helmle und letztlich zur Aberkennung seiner Ehrenbürgerwürde führte, spart auch nicht mit Kritik am damaligen städtischen Rechtsrat Franz Knapp, der „ohne erkennbare Skrupel“ das NS-System bis zu seinem Untergang „wesentlich mittrug“..
Beamtenkarriere
Dass Knapp, dessen Konterfei – wenn auch manchmal verunziert – immer noch in der Ahnengalerie des Konstanzer Rathauses hängt (s. Foto), in der Diskussion vor vier Jahren leidlich unbeachtet blieb, mag daran liegen, dass Knapp keine Bereicherungen oder gar kriminelle Handlungen – wie z. B. Helmle – selbst im damaligen Rechtsverständnis anzukreiden sind, vor allem aber daran, dass Franz Knapp und fast alle seine Beamten-Kollegen nach 1945 unbeschadet, unbehelligt in der Konstanzer Stadtverwaltung weiter arbeiten konnten.
Gegenbeispiel
Doch es gibt Gegenbeispiele. So berichtet Klöckler von Ludwig Büchler, einem technischen Angestellten im Tiefbauamt, der sich auch unter Druck, auch unter dem Druck des Rechtsrats Knapp, weigerte, seine jüdische Frau zu verlassen. Trotz öffentlicher Medienschelte, trotz arglistig inszenierter Strafverfahren, trotz angegriffener Gesundheit blieb Büchler standhaft, rettete seiner Frau, die bis zum Kriegsende leidlich unangefochten in Konstanz lebte, das Leben, verblieb selber im Staatsdienst und wurde nach 1945 sogar zum Leiter des Tiefbauamtes befördert; er verstarb 1982 in Konstanz.
Geschichtsbewusstsein?
Ihm, dem kleinen, mutigen Beamten, gebührt zumindest ein Straßenschild, fanden einige BürgerInnen und ließen am letzten Samstag das in vielerlei Hinsicht unhistorische Straßenschild verhängen. Die Aktion erinnert an die „Schmückung“ des unwürdigen Soldaten-Standbildes am Eingang des Chérisy-Areals vor einigen Monaten, das ebenfalls von einem zweifelhaften Geschichtsbewusstsein zeugt.
Und diese Aktion erinnert wohl auch an die zahlreichen Beteuerungen aus der Stadtverwaltung, die Knapp-Ehrung zu korrigieren. Doch jahrelang ist nichts geschehen – die Passage behielt ihren Namen, der Ex-OB „seinen guten Ruf“ und die Bürgerschaft ihr ungestörtes Gewissen. Bis heute…[modal id=“19250″ style=button color=default size=default][/modal]
Autor: hpk
Weitere Texte zum Thema:
13.11.2012: Konstanzer Ex-Oberbürgermeister mit brauner Rotzbremse
19.12.2012: …und warum ist Franz Knapp noch Ehrenbürger?
…das ist politische Kunst im öffentlichen Raum – Vergangenheit ist immer auch Gegenwart . Ein Hoch auf die Künstlergruppe “ freie Konst “ und den mutigen Chronisten .
Sehr gute Aktion! Der bigotte Knapp, der zwar vor seinem Gang ins Rathaus täglich im Münster betete, es mit der christlichen Nächstenliebe aber nicht so genau nahm. Als städtischer Justiziar an Deportationen Konstanzer Juden beteiligt, der auch als OB seine braunen Mitstreiter nicht vergaß. Sondern ihnen zu Amt und Würden verhalf. Wilhelm von Scholz ist hierfür ein gutes Beispiel.