Eklat im Ratssaal: OB spricht LLK jegliches Demokratie-Verständnis ab
Eigentlich ging es um die Konstanzer Verkehrspolitik und einen Redebeitrag von Holger Reile. Doch gegen Ende der gestrigen Gemeinderatssitzung ließ sich Oberbürgermeister Burchardt zu einer bösen Attacke auf den LLK-Stadtrat hinreißen, als er ihm und der Linken Liste Konstanz (LLK) fehlendes Demokratie-Verständnis vorwarf.
Uli Burchardt setzte als Antwort auf Reiles Rede geradezu lässig-charmant an, ganz, wie es seine Art ist: „Ach, Herr Reile…“, um dann aber auszuteilen: Reile und die LLK seien nicht fähig, abstimmungsfähige Vorschläge zu machen, würden nur kritisieren und überhaupt fehle es an „demokratischem Verständnis“. Der Beifall aus der konservativen Ecke des Ratssaals folgte prompt. Dennoch mutet diese Wahlkampf-Schützenhilfe des Oberbürgermeisters für seine kränkelnde CDU-Unterstützer-Fraktion arg deplatziert an.
Leipold fehlt
Holger Reile meinte eben das, als er dem OB in seiner Replik vorwarf, seine Kompetenzen zu überschreiten und ihn zu einer Entschuldigung aufforderte. Doch die blieb aus. Stattdessen legte Burchardt nach und meinte, seine Angriffe seien gegenüber Reiles Vorwürfen „geradezu harmlos“. Während aber vor wenigen Monaten, als Burchardt schon einmal eine Reile-Kritik an den Planungen zu den Konzilfeierlichkeiten mit dem Kommentar „Amen“ und weiteren hämischen Bemerkungen quittierte, Protest aus dem Gemeinderat an solcher Krtitk an gewählten Volksvertetern laut wurde, blieb es dieses Mal im Ratssaal still. Da fehlt schmerzlich ein Jürgen Leipold – der Alt-SPD-Stadtrat hatte damals den Oberbürgermeister in seine Schranken gewiesen.
Zeitdruck lähmt
Dabei hatte LLK-Gemeinderat Reile in seiner launigen Stellungnahme zum Tagesordnungspunkt 5.4, in dem es um Prüfungsaufträge für neue Verkehrslösungen wie Seilbahn, Wasserbus und Straßenbahn ging (s. seemoz-Artikel vor drei Tagen), lediglich gemahnt, man möge Sofortmaßnahmen zur Verkehrsberuhigung nicht hinentanstellen: Die Einrichtung einer Busspur und die tageweise „Absperrung von Schlupflöchern“ in Problem-Stadtteilen müsse ebenso zügig umgesetzt werden wie der kundenfreundliche Ausbau der P&R-Plätze. Aber wahrscheinlich brachte der Hinweis, Burchardt selber habe vor Monaten noch von „brachialen Lösungen“ gesprochen, den OB derart in Rage, dass er dann einen solchen Eklat produzierte. Nebenbei: Der Antrag fand bei einer Gegenstimme und vier Enthaltungen die Zustimmung des Gemeinderates, der sich einmal mehr unter Zeitdruck setzte.
Beschäftigte warten
Denn die geladenen Gäste strömten schon in den Saal, um ab 20 Uhr den Baubürgermeister mit Stehempfang und höflichen Reden zu verabschieden. Und unter diesem Zeitdruck litten auch die Entscheidungen am Ende der Tagesordnung: So müssen die Beschäftigten der Spitalstiftung weiter auf ihre Prämien-Auszahlung warten – die Entscheidung wurde in den Spitalausschuss verschoben. Und zur Kinderbetreuung von Mandatsträgern gibt es einmal mehr – Sie werden es nicht glauben, geschätzte LeserInnen – einen Prüfungsauftrag an die Verwaltung.
Lauter Musterbeispiele, wie man als Gemeinderat nötige Entscheidungen vertagt, vertrödelt. Ach ja, übrigens: Am 25.5. wird ein neuer Gemeinderat gewählt.
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Autor: hpk
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Jost S:
Ihr „letzter Versuch“ ist inhaltsloses Geblubbere – was wollen Sie eigentlich?
Und zweitens (bezogen auf HPKs Erläuterung): Wer sich nur in der Anonymität versteckt, der steht – wenn es drauf ankommt – auch auf der Straße nicht in der Reihe der Demonstranten. Feiglinge sind überflüssig.
Werter Herr, Frau, sonstwie Jost S. Wir haben ein, zwei Ihrer Kommentare nicht freigeschaltet. Nicht, weil uns Ihre Meinung nicht gefiel, sondern weil Sie sich unseren Identifizierungsversuchen widersetzten. Und wir werden auch weitere Beiträge von Ihnen im Papierkorb versenken, wenn Sie sich nicht wenigstens der Redaktion gegenüber (Vertraulichkeit zugesichert) zu erkennen geben. Auf Fakes und Gefälligkeitsbeiträge haben wir nämlich keine Lust. Ich bleibe neugierig. hpk
Also liebes Seemoz … Letzter Versuch vielleicht doch noch gnädigerweise das Recht zu bekommen seine freie Meinung zu äußern, auch wenn diese eine andere ist, als die der Autoren des Blogs … Im Nebensatz: Will nicht wissen wieviele andere kritische Kommentare bereits der Zensur anheim gefallen sind .. Aber man hört nunmal lieber lobende Worte sonst würde das aufgebaute Gerüste beginnen zu wackeln, dass verstehe ich natürlich.
Ich gebe OB Burchardt Recht. Mehr wollte ich anfangs gar nicht sagen und bin auf eine Diskussion gespannt …
PS: Habe meine Versuche per Screenshot dokumentiert … In aufgeschlosseneren Diskussionsforen war man nicht unbedingt überrascht …
„Demokratisches Verständnis“ einfordern, aber die im Wahlkampf versprochene Transparenz und Bürgernähe nach der Wahl ad acta legen – alles leider wie gehabt. Nämlich mies.
Einer verständigen Ratsleitung stünde es gut zu Gesicht, wenn kleinere Repräsentanten bevorzugt zur Meinungsäußerung ermuntert werden und nicht nur als letztes Glied in der Kette der Meinungsbildung gnadenhalber das Wort ergreifen dürfen. Die Meinung der Querdenker ist das Salz auf der Erde. Nachdem letztes Jahr ein Master-Mobilitätsplan nach dreijähriger akribischer Diskussion und Bürgerbeteiligung für die Stadt verabschiedet wurde, dümpelt die Realisierung nur so vor sich hin. Tempo 30 in der Gesamtstadt lautet die Maxime, die wie eine Fata Morgana in der Realisierung zur Luftnummer wird. Bis heute sind die Leit-Straßen nicht als Tempo 30 Straßen erkennbar, auch wenn sich die Ortskundigen noch so sehr die Augen reiben. Die Lärm-Leidtragenden sind nach wie vor die Anwohner der überlasteten Strecken.