Engagiert und widerspenstig: Wer wars? (12)

Die sture Katholikin

„Frauen gehören an die Kochtöpfe und zu den Blumen“, erklärte ihr einmal ein berühmter Mitstreiter. Eine lächerliche Aussage gegenüber einer Frau, die einen Kran bedienen konnte und Schiffsteile zusammenschweißte. Für diesen „Verräter“ (der es später ins höchste Staatsamt schaffte) empfand sie aber ohnehin nur Verachtung, weil er – da war sie ganz sicher – für den Geheimdienst gearbeitet hatte. Nur beweisen konnte sie es nicht.

Zur Welt kam die Bauerntochter 1929 in der ostpolnischen Stadt Równe. Ihre Eltern starben, als sie zehn Jahre alt war, sodass sie sich als Magd verdingen musste. Der Dienstherr war jedoch so gewalttätig, dass sie sich nach Kriegsende schleunigst eine andere Arbeit suchte. Sie diente in diversen Haushalten, hütete Kinder, verpackte in einer Fabrik Margarine und kam endlich als Arbeiterin in einer Lenin gewidmeten Werft an der Ostsee unter. Hier schwor sie sich, dass sie niemals jemandem Anlass geben würde, sie zu entlassen.

Irgendwann sah sie dann aber, dass etwas nicht stimmte in dieser Volksrepublik: Frauen erhielten weniger Lohn als Männer, und während der einfache Arbeiter wegen einer entwendeten Schraube entlassen wurde, ließen Parteibonzen sich aus Betriebsmitteln Villen bauen. Sie konnte ihren Mund nicht halten, schaffte sich Feinde in der Partei (der sie nie beitrat), und als sie publik machte, dass ein Werftfunktionär Firmengeld verspielte, drohte der unbequemen kleinen Frau erstmals Entlassung – was ihre KollegInnen allerdings nicht zuließen.

1970 legte sie mit den WerftarbeiterInnen aus Protest gegen die massiven Preissteigerungen die Arbeit nieder, und sie erlebte mit, wie sie mit Versprechungen hingehalten und blutig auseinandergetrieben wurden. Sie lernte die Lektion und engagierte sich heimlich beim Aufbau einer freien Gewerkschaft (von Stund an überwacht vom Geheimdienst, der sie später auch zu vergiften versuchte). Als 1980 die Menschen erneut für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen streikten, verhinderte sie, dass der Streikführer bereits bei den ersten Zugeständnissen einknickte. Am Ende musste die Regierung sämtliche Forderungen akzeptieren und freie Gewerkschaften zulassen. Ein Erfolg, der ein Jahr später per Kriegsrecht wieder annulliert wurde.

Wer war die mehrfach inhaftierte, tiefgläubige polnische Mutter Courage, die 1991 ihren letzten Streik anführte und 2010 in Smolensk bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam?

Grafik und Text: Brigitte Matern

Die Auflösung erscheint am kommenden Montag.