Engagiert und widerspenstig: Wer wars? (35)

Der lästige Waldarbeiter

Bereits mit neun Jahren führte er das harte Leben eines Gummizapfers. Auf endlosen Fußmärschen durch den Wald ritzte er Kautschukbaum für Kautschukbaum. Nebenbei jagte er und bestellte die Familienparzelle, auf der mühsam Mais, Reis und etwas Gemüse wuchsen. Schulen gab es hier im Nordwesten des Landes nicht, denn wer schreiben und lesen konnte, ließ sich von den Kautschukbaronen nicht mehr so leicht übers Ohr hauen. Doch der 1944 geborene Francisco hatte Glück: Ein vor der Polizei geflüchteter Kommunist nahm sich seiner an. Er lernte Zeitung lesen, die tief gespaltene brasilianische Gesellschaft begreifen, die Weltnachrichten einordnen, die via Batterieradio in den Regenwald drangen, erfuhr von Marx und Sozialismus und dass Einigkeit stark macht.

Wie hilfreich dieses Wissen war, zeigte sich, als 1965 das Militär putschte und den Regenwald zur Lösung aller Probleme erklärte: Hier war genügend Platz für die riesigen Rinderherden, die den heimischen Markt – vor allem die unruhigen ArbeiterInnen – mit Billigfleisch versorgen sollten, und auch Raum für die unzähligen von den Latifundien vertriebenen Bauern, die im Süden lautstark eine Bodenreform forderten. „Land ohne Menschen für Menschen ohne Land“ lautete die gewitzte Parole der Militärstrategen, die damit auch die unzugänglichen Grenzgebiete unter ihre Kontrolle zu bringen hofften.

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Es war nicht einfach, die WaldbewohnerInnen zu Aktionen zu bewegen. Als aber die Viehzüchter, Straßenbauer und Holzkonzerne in atemberaubender Geschwindigkeit ihre Lebensgrundlage niederwalzten, waren sie bereit, sich gemeinsam mit ihm zu wehren. Er gründete eine LandarbeiterInnengewerkschaft und eine Genossenschaft, die auch Schulen und Krankenstationen finanzierte, hob den Partido dos Trabalhadores, die Partei der Arbeiter, mit aus der Taufe – und fand sich schließlich in den Konferenzsälen von UNO und Weltbank wieder, wo er als Sprachrohr der jungen Umweltbewegung für den Schutz des Regenwalds kämpfte.

Nur sich selbst konnte der lästige Verteidiger des Ökosystems nicht schützen: 1988 wurde der Gewerkschaftsführer – zuvor schon mehrfach inhaftiert, verprügelt und bedroht – von einem Viehzüchter erschossen. Wer war der international ausgezeichnete Umweltschützer, nach dem eine Kletterroute in den Churfirsten benannt ist?

Text und Collage: Brigitte Matern

Die Auflösung erscheint am kommenden Montag.