Entschuldigen Sie, welches Jahrhundert haben wir gerade?
Der VCD Kreisverband Konstanz kritisiert den Beschlussvorschlag „Mobilitätspunkt mit Parkhaus“ im Rahmen des Bebauungsplans Döbele, den die Verwaltung vorgelegt hat. Der Verkehrsclub bemängelt, dass es der Verwaltung nicht darum gehe, den motorisierten Individualverkehr in der Innenstadt wirklich zu reduzieren, sondern dass sie weitere Parkplätze in zentraler Lage errichten will – von einem verkehrs- und klimapolitischen Umdenken keine Spur. Hier die vollständige Erklärung des VCD.
Konstanz braucht eine echte Verkehrswende
Der Gemeinderat muss entscheiden, wie sich die Anzahl der städtischen Parkplätze mit Anbindung an die Innenstadt langfristig entwickeln soll. Eingeklemmt zwischen Klimanotstand mit der Pflicht zur Verringerung des MIV und der Einzelhandels- und Gastro-Lobby mit der immer gleichen Forderung nach mehr Parkplätzen, schlägt die Verwaltung eine vorübergehende Erhöhung der gesamten Besucherstellplätze (+194 im Jahr 2021, dann zurück auf 2.700 im Jahr 2026) und eine starke Erhöhung der gesamten Bewohner*innen-Parkplätze vor (von 297 auf 700 im Jahr 2026).
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Dabei zeigt sich bereits in der Vorlage das Problem: für die Bodanstraße und den geplanten Döbele-„Boulevard“ spielen die Verlagerungspläne für die städtischen Parkplätze kaum eine Rolle. Schon das Lago-Parkhaus allein hat mit 924 mehr als doppelt so viele Besucherstellplätze wie die Stadt von den stadteigenen innerstädtischen Flächen aufs Döbele verlagern kann (Stephansplatz, Laube und Augustinerparkaus zusammen 406).
Die Verwaltung geht auch davon aus, dass sich die Kapazitäten der privat betriebenen Parkierungsanlagen Marktstätte und Fischmarkt nicht verlegen lassen: „Die weiteren gebauten Stellplatzanlagen innerhalb des Altstadtrings bieten Potential als künftige Quartiers- bzw. Fahrradgaragen. Eine Realisierung ist allerdings aufgrund der Eigentumsverhältnisse zumindest aktuell kaum realistisch“ (Vorlage „Mobilitätswende: Parkraummanagementsystem“, S. 8).
Rolle rückwärts ins letzte Jahrtausend
Es gibt im Innenstadtring mehr als dreimal so viele privat betriebene Besucherstellplätze (1.372) wie städtische. Der VCD meint: Die Stadt muss hier keine hinzufügen, sondern soll sich voll und ganz auf das Anbieten von komfortablen Park&Ride-Angeboten an den Brückenköpfen der Schänzlebrücke konzentrieren und ihre ordnungspolitischen Möglichkeiten nutzen, um Staus vor den vollen Innenstadtparkhäusern zu verhindern.
Zudem sollte endlich auch die Begegnungszone am Bahnhofsplatz realisiert werden, welche im Jahr 2010 Genehmigungsvoraussetzung für die Erweiterung des LAGO-Parkhausausbaus war. Der damalige provisorische Schnellschuss, welcher in den Folgejahren wieder zerfiel und dann niemals erneuert wurde, ist ein gutes Beispiel dafür, dass Provisorien in Konstanz zwar politisch trickreich sein mögen, aber nicht zur dauerhaften Lösung von Problemen beitragen. Daher ist auch der provisorische Bau eines Parkhauses am Döbele wie von den Einzelhändlern gefordert, mit Entschiedenheit zurückzuweisen.
Die R+T Verkehrsplanung GmbH prognostiziert für den Döbele-„Boulevard“ in allen Szenarien über 15.000 Pkw/Tag, deutlich mehr Verkehrsaufkommen als derzeit auf der Grenzbachtrasse (13.700 Pkw/Tag). Dazu kommen weitere Verkehrsbelastungen nach Fertigstellung des Ausbaus der B33. Parkraummanagement der stadteigenen Parkflächen kann daran nichts Wesentliches ändern. Ohne effektive verkehrsreduzierende Maßnahmen wird der Boulevard die zwei geplanten Wohnblocks zerschneiden. Ausgerechnet an der Stelle des Döbele, die am besten von dieser neuen Haupterschließungsstraße der Innenstadt abgeschirmt ist, soll ein Parkhaus entstehen. So wie es im Lago-Parkhaus schon Stellplätze mit Seesicht gibt, würden hier Stellplätze in ruhiger 1A-Wohnlage entstehen.
Städte wie Kopenhagen, Amsterdam, Barcelona entwickeln sich in die andere Richtung. Sie zeigen, dass sich durch eine klare Strategie zur Vermeidung von Autoverkehr die Aufenthaltsqualität sowohl für die Bewohner*innen als auch die Gäste verbessert. Will sich Konstanz in diese Liga einsortieren oder weiter in den verkehrspolitischen 70er-Jahren der autogerechten Stadt verweilen?
MM/red (Foto: O. Pugliese)
Nun ist Ironie sicherlich eine Kunstform und hier und da gut für das Gemüt, eines aber sicherlich nicht: effektiv und zielführend. Eher oft benutzt um auf Fakten nicht mit Argumenten antworten zu müssen.
Das hat Sie nicht verdient.
Sylvester Schalley,
meine Anerkennung. Sie sind äußerst ironiefest.
Herr Stribl: Sind in ihrem Augen, Amsterdam und Kopenhagen eher lebenswerte Städte unter Bitumen und Beton, oder doch eher frisch föhlich grün und lebenswert ? Der Unterschied ist nur, das diese sich an der Realität orientieren und was Gutes daraus machen als als kleine Lobby zu hofieren und Bashing zu betreiben. Es fällt halt auch das jene Staädt die als Vorzeigeobjkekte für Radfahrer presentiert werden dies exakt auch für Autofahrer sind. Ich kenne keine deutsche Grosstadt die so angenehm mit dem Auto zu durchqueresn sind. Wir können natürlich noch weiter mit Verboten und Eingrenzungen um uns werfen und im Smog und in Blechlawinen ersticken, wenns denn Spass macht dazwischen zur Freude der Lunge Slalom zu fahren ? Exakt Meinungen wie ihre verhindern das es besser wird. Sehr schade für alle.
Sylvester Schalley,
da gibt es einfache Lösungen. Konstanz wird sowohl von der Seeseite als auch von Singen und Kreuzlingen von jeweils 5-spurigen, vollen Autobahnen erschlossen.
Das Münster wird sowohl in Fläche als auch in Höhe und Tiefe zum Parkhaus umgewandelt.
Die Bewohner werden umgesiedelt in Bunker unter den Autobahnen – voila!: Da ist sie, die autogerechte Bodensee-Metropole. Massig Platz für Shopping, Arbeitsplätze für Pendler, wohlbehütete heimelige Orte für die ach so arg vernachlässigten Blechlieblinge. Keine lästigen Fragen mehr von wegen miteinander – gegeneinander. Alles unter Bitumen und Stahlbeton wohl versorgt.
Wenn dann die Atemluft knapp wird – nicht verzagen, das Sauerstoffwerk Friedrichshafen ist über Nachfrage bestimmt begeistert. Erfordert eventuell eine weitere Autobahn für den Nachschub. Aber wen interessiert das schon nach den Investitionen bis dahin.
Ähm – wo bleiben meine Beraterhonorare von Daimler, BMW, Audi, dem Baugewerbe???
Das Problem ist nach wie vor das Gegen- und nicht das Miteinander. MIV muss nicht zwingend reduziert werden wenn dieser vernünftigt gelenkt wird. Gerade die angeführten Beispiele von Amsterdam und Kopenhagen zeigen dies: Nirgendwo ist es so einfach und stressfrei auch mit dem Auto, meist über Kilometer mit grüner Welle, bis in/an die Innenstädte zu kommen und dort auch umgehend, preislich angemessenen, Parkraum zu finden. Die reine Vermeidungsstrategie von MIV Verkehr wird nicht aufgehen, dafür müssen sich zuviele auch ausserhalb des begrenzten Innenraumes mobil bewegen, nicht zuletzt Pendler. Ergebnis ist noch mehr Stau, noch mehr gefährliche Situationen und via Stop-n-go ein ökologisches Desaster. ich kann jedem nur empfehlen sich exakt diese angeführten Beispiele einmal genau anzusehen und zu überlegen was dort anders ist. Extrembeispiel Amsterdam auf die eine 5-spurige, volle Autobahn zuläuft deren gewaltiges Verkehraufkommen trotz allem problemlos und staufrei aufgenommen wird. Das es hier funktioniert liegt vor allem an der Mentalität des Miteinander, davon sind wir meilenweit entfernt. An meinem letzten Aufenhalt in Amsterdam habe ich auch nicht einen Radfahrer getroffen der mit nicht angemessener Geschwindigkeit sein eingebildetes Recht durchsetzen will, jeder bremst, auch Rennradfahrer, es funktioniert phantastisch, ganz ohne eigene Wege an jeder Ecke, meterweise Abstände, mehrere mter breiste Radwege Vorrangsregelungen, Radstrassen, Parkreduzierung und allen anderen…..nirgendwo geht es so eng zu wie an den Grachten, da haben weder Auto- nach Radfahrer noch Fussgänger ein Problem damit. weil man nacheinander schaut. Davon sind wir in Deutschland Universen entfernt, und alle realitätsferne Bevorzugung einer einzelnen Gruppe ist nur absolut kontraproduktiv. Wahrscheinlich kiffen wir zuwenig,