Erinnerung an die Zwangsdeportationen nach Gurs

Am 22. Oktober 2020 jährt sich der Beginn der Deportationen von Jüdinnen und Juden aus Baden, der Pfalz und dem Saarland in das französische Lager Gurs am Rande der Pyrenäen zum 80. Mal. Die Israelitische Religionsgemeinschaft (IRG) Baden mit Sitz in Karlsruhe erinnert mit einer Publikation an dieses Datum. Die Veröffentlichung, die sowohl die Rettung einiger internierter Kinder und Jugendlichen als auch ihre Retterinnen und Retter dokumentiert, kann als PDF-Datei kostenfrei bei der IRG Baden angefordert werden.

Auch der Gemeinderat Konstanz gedenkt am heutigen Tage dieses schrecklichen Datums mit einer Schweigeminute, angeregt von Daniel Groß, CDU-Stadtrat und Konstanzer Stadtführer.

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Wir dokumentieren nachfolgend die Pressemitteilung der IRG Baden:

Deportation von Juden nach Gurs am 22. 10. 1940: Kinderrettung … ein weiterer Blick auf das Lager Gurs

Vor 80 Jahren, am 22. Oktober 1940, verschleppen die Nazis ca. 6.500 Jüdinnen und Juden aus Baden, der Pfalz und dem Saarland in das Lager Gurs in Südfrankreich. Die Zustände dort und die von Gurs ausgehenden Deportationen in die Vernichtungslager im Osten ab Mitte 1942 sind weitgehend erforscht; 70% der Verschleppten überlebten nicht, sie starben in Gurs und anderen Lagern in Frankreich, die meisten jedoch ermorden die Nazis in Auschwitz.

Die Namen der Opfer sind weitgehend dokumentiert, die der Überlebenden und ihrer Retterinnen und Retter jedoch nicht in gleichem Maße. Die Israelitische Religionsgemeinschaft Baden hat als Herausgeber daher eine Recherchearbeit unterstützt, die genau dies ändern möchte. In der jetzt vorliegenden Veröffentlichung „GERETTETE UND IHRE RETTERINNEN – Jüdische Kinder im Lager Gurs: Fluchthilfe tut not – eine notwendige Erinnerung nach 80 Jahren“ werfen Brigitte und Gerhard Brändle einen weiteren, bisher nicht realisierten Blick auf das Lager Gurs. Zugleich wird damit sowohl den aus dem Lager Gurs und seinen Nebenlagern geretteten Kindern und Jugendlichen als auch ihren Retterinnen und Rettern Stimme und Gesicht gegeben und ein Denkmal der Erinnerung gesetzt.

Unter den vor 80 Jahren nach Gurs Verschleppten befanden sich 560 Kinder und Jugendliche. Ab 1941 bemühten sich verschiedene Organisationen, sie aus dem Lager Gurs und Nebenlagern herauszuholen und in Kinderheimen unterzubringen. Um Kinder und Jugendliche zu retten, mussten Mitarbeitende von Hilfsorganisationen zu nicht-legalen Maßnahmen greifen. Die Bedrohten erhielten mittels neuer Ausweispapiere unverdächtige Biografien, sie „verschwanden“ in Klöstern, bei französischen Familien, arbeiteten bei Bauern oder in Haushalten. Einige der Geretteten schlossen sich der Résistance an. Nach der Besetzung auch des südlichen Teils Frankreichs im November 1942 verschärften die Nazis und die Vichy-Regierung die Jagd auf jüdische Kinder und Jugendliche. Um sie zu retten, gab es neben Verstecken in Frankreich nur noch die Flucht – vor allem in die Schweiz. Religiöse und politische Gruppen konnten über 100 von ihnen in Sicherheit bringen. In Frankreich selbst überlebten fast 200 Kinder. Fast 100 Kinder werden zudem in die USA gerettet. Die Rettungsaktionen für die jüdischen Kinder waren erfolgreich. 408 der 560 aus Baden, der Pfalz und dem Saarland deportierten Kinder und Jugendlichen konnten gerettet werden. Ihre Retterinnen und Retter wurden zu Leuchtfeuern moralischen Handelns in düsterer Zeit.

MM/ans (Bild: Initiative „Stolpersteine für Konstanz – Gegen Vergessen und Intoleranz“)


Die Dokumentation ist als PDF per E-Mail erhältlich bei der IRG Baden (info@irg-baden.de).