Erzwungener Abschied von Freunden

seemoz-Flüchtlingsabschied1Die Flucht vor einer feindseligen Umgebung und einem Leben ohne Perspektiven hatte zwei Roma-Familien schließlich nach Konstanz geführt. Doch auf staatliche Hilfe konnten sie nicht zählen. Um die 50 Menschen hatten sich am Montag nun vor der Flüchtlingsunterkunft in der Steinstraße eingefunden, um Abschied zu nehmen. Die Familien, die in Deutschland Zuflucht vor Ausgrenzung und Diskriminierung gesucht hatten, müssen noch diese Woche das Land verlassen. Wie vielen anderen Roma-Flüchtlingen verweigerte das baden-württembergische Innenministerium auch ihnen den Asylstatus.

Trotz langem und beharrlichem Einsatz verschiedener Organisationen vor Ort steht nun fest: Die Familien Selimi (Serbien) und Kazimov (Mazedonien) werden schon heute Mittag in ihre Herkunftsländer ausreisen. Die Geflüchteten hatten beschlossen, sich dem staatlichen Zwang zu beugen und selbst zu gehen, statt mit Gewalt abgeschoben zu werden. Das kommt dem Stuttgarter Innenministerium ganz gelegen: Weniger Aufwand, geringere Kosten, kaum bürokratische Hürden, keinerlei Verantwortung für das Schicksal der Menschen, die man nun erneut in die Flucht geschlagen hat.

seemoz-Flüchtlingsabschied3Beide Roma-Familien erwartet in ihren Heimatländern kein herzlicher Empfang. In Skopje angekommen, müssen sie selbst für die Weiterreise in ihre früheren Wohnorte sorgen. Am Ziel droht ihnen voraussichtlich nicht nur Obdachlosigkeit und Hunger. Sie kehren in ein gesellschaftliches Umfeld zurück, in dem Menschen ihrer ethnischen Herkunft systematisch ausgegrenzt und diskriminiert werden. In Mazedonien herrschen überdies bürgerkriegsähnliche Zustände. Mehrfach kam es dort in den letzten Wochen zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen dem Militär und Aufständischen, bei denen mehrere Menschen den Tod fanden.

Am Montag nahmen die Unterstützer_innen aber nicht nur mit Bedauern Abschied von den Geflüchteten, zu denen im Lauf der Auseinandersetzungen um ein Bleiberecht auch freundschaftliche und herzliche Beziehungen entstanden waren. Bei einer Spendensammlung kamen einige hundert Euro zusammen, die den Start in ein neues Leben in den alles andere als sicheren Herkunftsländern zumindest erleichtern sollten.

Hakan Sanli, einer der Organisatoren des „Café Mondial“, bedankte sich für die freundlichen und herzlichen Beziehungen, die zwischen Unterstützer_innen und Geflüchteten entstanden waren. Jürgen Geiger verwies auf die historische Ungerechtigkeit, die der Minderheit der Roma angetan wurde und die noch heute fortwirkt: Kaum eine Volksgruppe neben den Jüdinnen und Juden hat so unter der Hetze und Verfolgung der Nationalsozialisten gelitten wie die Angehörigen der Minderheit der Sinti und Roma. Dass Deutschland heute diesen Menschen, die wieder wegen ihrer Herkunft diskriminiert werden, die Hilfe verweigere , mache den Umgang mit den Roma doppelt skandalös.

Simon Pschorr sprach sicher nicht nur für sich selbst, als er sich von den Flüchtlingen verabschiedete: „Ich wünsche mir, dass aus Deutschland eine Nation der offenen Herzen und der offenen Arme wird. Wenn die Kazimovs und die Selimis wieder einreisen sollten, würde ich mich freuen, wenn ihnen dann endlich ein unbeschränktes Aufenthaltsrecht ungeachtet ihrer Herkunft gewährt würde.“

SP/jüg/Fotos: Nico Kienzler

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