Es wird gebaut

Der Acker links am Ortsausgang von Allmannsdorf an der Mainaustraße soll bebaut werden. Der Gemeinderat hat jetzt beschlossen, den Bebauungsplan „Jungerhalde West“ für dieses Gelände aufzustellen. Trotz der massiven Wohnungsnot in Konstanz ist dieser Bebauungs­beschluss aber nicht unumstritten. In der Diskussion wurden vor allem ökologische Bedenken geltend gemacht, denn es handelt sich um eine teils wildromantische Ortsrandlage, in der Fuchs und Hase einander Gute Nacht wünschen könnten.

Mit 20.000 Quadratmetern ist der Grund an der Ortsausfahrt zur Mainau direkt hinter einem Garten-Center etwa so groß wie drei Fußballfelder. Was bisher noch Acker ist, soll nach dem Vorschlag der Verwaltung in Zusammenarbeit mit der Wobak im Rahmen des Handlungsprogramms Wohnen „als ein ökologisch, energetisch und sozial durchmischtes Modellprojekt möglichst in Holzbauweise geplant und realisiert werden.“ Die Gebäude dort sollen maximal fünfgeschossig werden und sich damit den Gebäuden auf der anderen Straßenseite anpassen.

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Feuerwehr für Allmannsdorf

Außerdem soll dort ein Feuerwehrgerätehaus für vier Fahrzeuge entstehen, über dem weiterer Wohnraum geplant ist. Allein für die Feuerwehr müssen 2.000 Quadratmeter, also ein Zehntel der Fläche, zur Verfügung gestellt werden. Deren Gebäude braucht nämlich eine Grundfläche von etwa 700 Quadratmetern und benötigt laut Norm 18 KFZ-Parkplätze.

All diese Flächen haben natürlich – wie viele andere Flächen auch – einen ökologischen Wert: Sie gehören zu einem geschützten Grünbestand, und im westlichen Bereich grenzt eine geschützte Feldhecke an, wie es in Zeiten der Intensivlandwirtschaft nicht mehr allzu viele gibt. Ältere mögen sich noch erinnern: In solchen Hecken an den Feldrainen sammelten die Eltern Schlehen und Holunder, und der Neuntöter spießte dort Kerbtiere als Nahrungsnotreserve auf Dornen auf.

Eine Untersuchung der Vögel, Fledermäuse und Reptilien auf dem Areal ergab aber, dass das Gelände für diese Tiere insgesamt keine überragende Bedeutung hat, die eine Bebauung verhindern würde. Die direkte Umgebung des Ackers ist schon heute teilweise wenig idyllisch: Außer der Mainaustraße und dem Garten-Center befinden sich nördlich der Straße einige Wohnbauten, die Ende der siebziger Jahre entstanden sein könnten und deren Liebreiz dem eines Tritts in die Magengrube gleichkommt.

Bei den meisten Grünen fand das Bauvorhaben keinen Anklang. Peter Müller-Neff übte vor allem aus ökologischen Gründen Kritik am Bebauungsplan. Abgesehen davon, dass viele Grüne der Bebauung von Freiflächen grundsätzlich skeptisch gegenüberstehen, wies er auf den besonderen ökologischen Wert und Schutzstatus dieser Fläche hin und befürchtete auch Auswirkungen auf das angrenzende Fauna-Flora-Habitat. Fazit: Aus Gründen der Ökologie und Biodiversität könne die FGL der Bebauung dieser Fläche nicht zustimmen, und auch BUND und Nabu sprächen sich strikt gegen die Bebauung solcher Ortsrandlagen aus. In der Tat reagierten die beiden Umweltverbände am Tag nach der Gemeinderatsentscheidung mit einer eigenen Presseerklärung, in der es unter anderem heißt: „Um Wohnraum zu schaffen, wurden in Konstanz in der jüngsten Vergangenheit immer wieder neue Gebiete im Außenbereich bebaut und damit Naturflächen beeinträchtigt. Durch die Schaffung von neuem Wohnraum konnten die Mieten bislang jedoch nicht gesenkt werden. Im Gegenteil: die Durchschnittsmieten stiegen und steigen weiter an.“ Stattdessen sehen sie den Schwerpunkt einer sinnvollen Stadtentwicklung in der Wiedernutzung von Flächen und der innerstädtischen Nachverdichtung. (Letzteres ist natürlich ein klassischer Fehlschluss: Wenn die Schaffung von mehr Wohnraum die Mieten nicht sinkt, senkt auch durch Nachverdichtung und Flächenrecycling geschaffener Wohnraum die Mieten nicht.)

Soziale Aspekte

Die anderen Faktionen hingegen sprachen sich einhellig für den Bebauungsplan aus. Für die Linke Liste legte allerdings Holger Reile besonderen Wert darauf, die geplante Sozialbindung von 50% des Wohnraums festzuzurren, und regte an, diese Quote auf 60% zu erhöhen. Er forderte, diese Quote ebenso wie die ökologische Orientierung des Projektes in den Beschluss ausdrücklich aufzunehmen. Angesichts der Wohnraumsituation in Konstanz sei weiterer Wohnungsbau unerlässlich, und diese Fläche sei dafür bestens geeignet.

Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn erläuterte den weiteren Zeitplan, der davon abhänge, wie der Grundstückserwerb vorangehe. Es sei eine besonders glückliche Situation, dass man jetzt all diese Grundstücke tatsächlich auf einen Schlag erwerben könne. Er versprach ausdrücklich eine Quote von 50% gefördertem Wohnraum. Erst im Wettbewerb zur Entwicklung der Fläche würden sich aber die Details der ökologischen Gestaltung und die Möglichkeiten der Holzbauweise herauskristallisieren. Über das Ergebnis des Wettbewerbs werde dann eine Jury entscheiden, in der der Gemeinderat maßgeblich vertreten sein werde. Er verwies allerdings ausdrücklich darauf, dass Klimaneutralität auf der einen und Bezahlbarkeit auf der anderen Seite in einem „Spannungsfeld“ miteinander stehen. Der Gemeinderat müsse letztlich entscheiden, mit welchem Energiekonzept er zufrieden sei.

Bei der Abstimmung gab es dann zehn Gegenstimmen und einige Enthaltungen. In Allmannsdorf wird also in absehbarer Zeit gebaut. Konstanz darf mit Spannung abwarten, ob hier das gelingt, was der OB – ebenso wie die anderen Kandidaten – im Wahlkampf versprochen hat: Ökologisch und zugleich bezahlbar zu bauen.

O. Pugliese (Text & Bild)