Essen retten, Leben retten
Anlässlich einer Solidaritätsaktion mit dem „Aufstand der letzten Generation“ verschenkten Klimaaktivist:innen auf der Konstanzer Marktstätte „gerettetes“ Essen. Sie wollten damit auf die massive Lebensmittelverschwendung aufmerksam machen und fordern von der Politik umgehend ein Gesetz, das Supermärkte verpflichtet, noch genießbares Essen zu spenden und nicht in den Müll zu werfen.
Auf der Marktstätte neben dem Kaiserbrunnen wurde Ende letzter Woche ein Stand aufgebaut, mit jeder Menge Obst, frischem Gemüse, süßen Teilchen und Brot. Auf den ersten Blick wirkte es wie ein bunter Marktstand, doch zweierlei war anders: Das Essen war für alle umsonst und das Essen wurde gerettet, genauer gesagt, es wurde vor dem Müll gerettet.
Die Aktion wurde von Klimaaktivist:innen aus dem Klimacamp Konstanz initiiert. Bundesweit verschenkten Menschen an diesem Tag gerettetes Essen und folgten damit dem bundesweiten Aufruf. „In Deutschland landet etwa ein Drittel aller Lebensmittel im Müll und das, obwohl sie meistens noch genießbar sind. In Frankreich gibt es bereits ein Gesetz, dass das bei großen Supermärkten verbietet. So etwas brauchen wir auch in Deutschland“, so Alice Caillet vom Klimacamp.
In Deutschland werden jährlich etwa 18 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen. Wenn man das auf Privathaushalte umrechnet, wirft jede Person etwa zwei vollgepackte Einkaufswägen mit einem Warenwert von 234 Euro weg, und das pro Jahr.
Doch die Lebensmittelverschwendung fängt schon mit der Produktion an und findet sich überall in der Verarbeitungskette: Lebensmittel verderben durch falsche Lagerungen, werden aussortiert, da sie den Normen nicht entsprechen oder fallen durch die strengen Hygiene- und Produktvorschriften. Die Lebensmittelverschwendung erfolgt auf die Kosten unserer Umwelt und unserer natürlichen Ressourcen, denn die Produktion von Lebensmittel benötigt große Mengen von Treibhausgasen, Fläche und Wasser.
2015 hat Frankreich daher als erstes europäisches Land Lebensmittelverschwendung unter Strafe gestellt. Große Supermärkte dürfen ihre Lebensmittel nicht mehr wegschmeißen, sondern müssen sie an gemeinnützige Organisationen spenden. Die Bilanz: Die Tafeln in Frankreich erhalten deutlich mehr Essen, das sie an Bedürftige weitergeben.
Die Konstanzer Essensretter:innen, die das Essen aus dem Müll von Supermärkten holten oder als Unterstützung der Initiative Foodsharing erhalten haben, sind sich einig. Miriam Walter vom Klimacamp fasst das so zusammen: “Das Individuum kann nicht alleine für die Verschwendung von Lebensmittel verantwortlich gemacht werden. Die Politik muss die richtigen Anreize setzen. Wir brauchen ein Essen-Retten-Gesetz, das es Supermärkten verbietet, Essen wegzuschmeißen und eine Entkriminalisierung von Lebensmittel-Rettern“.
Denn es ist kaum zu glauben: In Deutschland gelten Lebensmittel, auch wenn sie im Müll landen, nicht als „herrenlose Sache“ (!), und somit wird deren Verwertung weiterhin strafrechtlich verfolgt.
Textmaterial und Bild: Klimacamp