Europas neuer Kolonialismus

An Aschermittwoch kommt einer der besten deutschsprachigen Kenner der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen der EU und Afrika nach Konstanz. Der Literatur­wissen­schaftler, Philosoph und Theologe Boniface Mabanza referiert über die Economic Partnership Agreements, zu denen die EU alle Staaten südlich der Sahara zwingen will, über Macht- und Ausbeutungsverhältnisse – und Fluchtursachen.

Jeden Monat eine internationale Tagung zum Thema Afrika, fast wöchentlich ein Statement von Entwicklungsminister Gerhard Müller, in dem von Afrika die Rede ist – Europa scheint den Kontinent jenseits des Mittelmeers allmählich ernst zu nehmen. Man wolle Afrika auf die Beine helfen, die Wirtschaft stärken, die Armut bekämpfen, gute staatliche Strukturen aufbauen, die regionale Integration fördern, heißt es auf den Konferenzen und in den Erklärungen – und natürlich auch Fluchtursachen beseitigen.

Dass sich die EU Afrika zuwendet, hat konkrete Gründe. Der europäische Staatenverbund ist im Handel mit den afrikanischen Wirtschaftsregionen ins Hintertreffen geraten, die großen Schwellenländer und vor allem China haben die aufstrebenden Länder Afrikas längst als Absatzmarkt und Rohstoffquelle entdeckt. Afrika gilt als Zukunftsmarkt; zehn der zwölf wachstumsstärksten Ökonomien liegen auf dem Kontinent – da wollen die europäischen Unternehmen nicht hintenanstehen. Und so verhandelt die EU seit 2002 über die sogenannten Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (Economic Partnership Agreements/EPAs) mit den ehemaligen Kolonien in Afrika (und denen im karibischen und pazifischen Raum). Bis dahin hatte Brüssel diesen Staaten Handelspräferenzen eingeräumt, künftig sollen die Zollschranken auch für Waren aus dem EU-Raum fallen.

Aber brauchen die afrikanischen Staaten tatsächlich noch mehr verarbeitete Produkte wie Milchpulver, Tomatenmark und gefrorene Geflügelteile, die die einheimische Landwirtschaft ruinieren? Und können sie auf die Einnahmen aus dem Export von Rohstoffen verzichten, der in manchen Ländern beispielsweise die Kosten für das Gesundheitswesen decken? Nutzt oder schadet ihnen die Öffnung ihrer Märkte für europäische Produkte? Beseitigen die geplanten Abkommen Fluchtursachen – oder schaffen sie neue? Das fragen sich nicht nur Entwicklungsorganisationen und Hilfswerke, das bezweifeln auch Regierungen wie jene von Nigeria und Tansania. Und so widersetzen sie sich den EPAs. Auch Kenia hat das getan – bis die EU im Herbst 2016 Strafzölle auf kenianische Schnittblumen und Bohnen erhob. Nairobi lenkte ein.

Die EPAs standen bisher im Schatten anderer, von der EU geplanten Handelsabkommen wie TTIP (mit den USA), CETA (mit Kanada) oder JEFTA (mit Japan). Das soll sich nun ändern. Boniface Mabanza, geboren in der Demokratischen Republik Kongo, arbeitet seit Jahren für die Kirchliche Arbeitsstelle Südliches Afrika in Heidelberg. Er ist einer der kompetentesten KritikerInnen der EU-Freihandelspolitik gegenüber Afrika und tritt regelmäßig bei nationalen und internationalen Konferenzen auf. Eingeladen hat ihn das Konstanzer Bündnis für gerechten Welthandel und die Volkshochschule Konstanz, mitgetragen wird die Veranstaltung vom Weltladen Konstanz und dem Café Mondial.

Pit Wuhrer (Foto: Wikimedia Commons)


Termin: Mittwoch, 6. März, 19.30 Uhr. Ort: VHS Konstanz, Katzgasse 7. Eintritt 7 Euro.


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