Fall Müller-Esch: Der teuren Posse zweiter Teil

Beschädigt: Rainer Ott

Sie wollen partout die Zahlen nicht rausrücken. Mit Händen, Füßen und Halbwahrheiten wehren sich die Verantwortlichen, die wahren Kosten des Müller-Esch-Verfahrens offen zu nennen. Wenn schon die Strippenzieher des Desasters nicht zur Verantwortung gezogen werden können, sollte zumindest die Öffentlichkeit erfahren, wie viel Geld verbraten wurde. Meint nicht nur die LLK. Mit ihrer Verzögerungstaktik eröffnen die Verantwortlichen jetzt aber die Posse Nummer zwei.

Man erinnert sich kaum noch: Der geschasste Chefarzt Prof. Dr. Müller-Esch erstreitet vor dem Arbeitsgericht die Rücknahme sämtlicher Kündigungen und sein Recht auf Wiedereinstellung. Da eine solche Weiterbeschäftigung dem Betroffenen aber kaum zuzumuten ist, einigt man sich auf eine Abfindungszahlung. Wenig mehr als eine halbe Million wird vertraglich vereinbart; beide Unterzeichner aber verpflichten sich schriftlich, die konkrete Summe nicht zu nennen.

Abfindung ist nur die halbe Miete

Doch die Abfindung ist nur die halbe Miete. Überdies sind Honorare für mindestens zwei Anwaltskanzleien angefallen und es sind Gebühren bei Gericht entstanden. Von den Kosten, die sich durch die unsinnige Beschäftigung etlicher Stadtbediensteter mit diesem Fall angehäuft haben, ganz zu schweigen. Mutwillig verursachte Kosten also, über die – gerade in Zeiten leerer Stadtsäckel – die Öffentlichkeit unterrichtet werden muss.

Einigen störrischen Gemeinderatsmitglieder – das sind vor allem Prof. Eberhard Roth (UFG) und Holger Reile (LLK) – ist zu danken, dass dieser leichtfertig verursachte Kostenbatzen nicht in Vergessenheit gerät. In der Gemeinderatssitzung am 1.3 2012 stand eine Information dazu auf der Tagesordnung – fast schon üblich: nur im nicht öffentlichen Teil. Ein Antrag von Reile, unterstützt von Dr. Christiane Kreitmeyer (FGL), diese Informationen im öffentlichen Teil der Sitzung zu geben, wurde von Bürgermeister Boldt in schon gewohnter Gutsherrenart abgeschmettert.

Aber was dann Rainer Ott, Geschäftsführer im Klinikum Konstanz, an Information ablieferte, war nach Aussagen verschiedener Stadträte schlicht skandalös: verwirrende Zahlenkolonnen ohne schriftliche Unterlagen, genuschelte Statements, unbeantwortete Fragen. Mehrere GemeinderätInnen empörten sich offenkundig über diese Präsentationen und forderten eine neuerliche Erörterung in dann öffentlicher Sitzung.

Zustimmung von Müller-Esch liegt vor

Die aber lässt auf sich warten. Nach Auskunft des städtischen Pressesprechers Dr. Walter Rügert fehle immer noch die Zusage von Müller-Esch, die Höhe seiner Abfindung zu nennen. Das aber kann nicht stimmen, denn Müller-Esch hat nach eigener Aussage bereits zweimal und schriftlich seine Einwilligung erteilt – zur nicht öffentlichen Sitzung vor einigen Wochen und zur öffentlichen auch aktuell.

Wer also mauert, wer will warum die Gesamtkosten verschweigen, wer die Öffentlichkeit im Unklaren lassen? Man darf vermuten, dass der Klinikleitung mit Geschäftsführer Ott die Sache längst peinlich ist, dass den verantwortlichen Bürgermeister Boldt die Sache längst überfordert, und dass die Gemeinderatsmehrheit, die mit einem 18:11-Votum den Rausschmiss von Müller-Esch absegnete, längst und lieber zu den wirklich wichtigen Themen wie dem siebten Verkehrskreisel zurückkehren würde.

So nimmt der teuren Posse zweiter Teil jetzt zügig Fahrt auf. Halbwahrheiten und Kungeleien hinter verschlossenen Türen schüren einmal mehr die Politikverdrossenheit, die eigentlich eine Politikerverdrossenheit ist. Man muss auf die Roths, Wiedemanns und Reiles im Gemeinderat hoffen, dass solche Macht-Arroganz nicht Überhand nimmt.

Autor: hpk

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