Falsche Zahlen, herbe Einbußen und rechtliche Gegenwehr
Die aktuellen Zensus-Zahlen haben nicht nur Auswirkungen auf die Stadt-Statistik (Konstanz zählt danach nur noch 79 600 Einwohner), sondern vor allem auf die Finanzen: Die Stadt erhält voraussichtlich 2014 rund vier Millionen Euro weniger aus dem Finanzausgleich des Landes. Müssen jetzt die Planungen für Kinderbetreuung, für Schulen und Altenpflege neu gestrickt werden? Die Stadtverwaltung gibt Entwarnung und sieht sogar anderswo Vorteile für den Stadtsäckel
Stadtkämmerer Hartmut Rohloff wirkt auf der Pressekonferenz keinesfalls verkniffen. Eher spitzbübisch verweist er auf einen Nebeneffekt der neuesten Einwohnerzahlen: „Weil Konstanz unter die 80 000er-Schwelle sinkt, gilt die Stadt nicht mehr als Baulandträger für Bundesstraßen. Und das spart einen gehörigen sechsstelligen Betrag“. Auch Roland Bunten, Leiter des Hauptamtes, scheint nicht sonderlich alarmiert, wenn er darauf hinweist, dass „ein rechtliches Vorgehen gegen diese Zählung denkbar“ ist. Zumindest die Juristen des Städtetages scheinen eine solche Möglichkeit zu erwägen; man will aber noch den Feststellungsbescheid Ende Juni abwarten.
Hat da wer falsch gezählt?
Bleibt dennoch die Frage, wie es zu den doch erheblichen Abweichungen bei den Bevölkerungszahlen nicht nur hierzulande kommt. Konstanz‘ oberster Statistiker Eberhard Baier verweist auf unterschiedliche Zählmethoden und weist gleichzeitig die Vermutung entschieden zurück, finanzpolitische und/oder taktische Gründe könnten für die höheren Zahlen sprechen, mit denen die Stadtverwaltung bislang wirtschaftete. Zum Mitschreiben: Bisher lag die alte landesamtliche Einwohnerzahl bei knapp 85 600, nun bei 78 539 (Stichtag: 31.12.2011) – ein statistischer Schwund von 6 985 Einwohnern (s. Grafik). Dennoch stimmen diese Zahlen auch heute noch nicht mit denen des Konstanzer Statistik-Teams im Hauptamt überein. Danach nämlich zählt Konstanz in diesem Juni ganze 79 600 Einwohner.
Auf dieser städtischen Einwohnerzahl – Basis ist das Melderegister – beruhen die Planungen für die Sozialausgaben der Stadt, wie Kinderbetreuung, Schulen, Altenpflege usw. Und da ist die Schere zu den vom Landesamt ermittelten Zahlen nicht mehr arg so groß, so dass die Verantwortlichen der Stadtverwaltung derzeit keine Notwendigkeit für Neu-Planungen oder gar revidierte Kostenansätze sehen.
Vier Millionen weniger im Stadtsäckel
Allerdings rechnet Kämmerer Rohloff mit einem Minus von gut vier Millionen Euro beim Finanzausgleich des Landes. Danach bekommt jede Stadt im Ländle sogenannte Kopfbeträge pro Einwohner zugewiesen. Der Grundkopfbetrag beträgt 2013 satte 1 050 Euro, 2014 wären für Konstanz 1 381 Euro pro Kopf der Einwohnerschaft fällig. Die neuen Einwohnerzahlen des Statistischen Landesamtes zugrunde gelegt, könnte das für 2014 eine Minderauszahlung von rund vier Millionen bedeuten – immerhin acht Prozent des Haushaltsansatzes von 51 Millionen. Doch soweit ist es noch nicht: Für die Jahre 2012 und 13 ändert sich an der Landeszuweisung zunächst nichts, erst ab 2014 ist mit Einbußen zu rechnen, dann werden die Zensusergebnisse zu 50 und ab 2015 zu 75 Prozent pro Kopfbeitrag in Rechnung gestellt.
Andere Auswirkungen auf die Stadtfinanzen, zum Beispiel geringere Beiträge zur Kreisumlage, sind nach Aussage von Kämmerer Rohloff noch nicht abzuschätzen. Und ebenfalls nicht abzuschätzen ist, ob einzelne Städte dem Rat des Städtetages folgen – Hauptamtsleiter Bunten zitierte aus einem entsprechenden Schreiben – und sich vor Gericht gegen dieses Zahlenwerk des Landes wehren. Mannheim zumindest, von den neuesten Zahlen am schlimmsten unter allen Städten in Baden-Württemberg gebeutelt, erwägt offensichtlich schon jetzt rechtliche Schritte. Ein solcher Rechtsstreit könnte zu langwierigen Verzögerungen in der Umsetzung führen.
Autor: hpk
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