FDP will am Bodenseeforum festhalten
Jährlich beansprucht das Bodenseeforum (BoFo) einen Zuschuss aus dem städtischen Haushalt von rund 2,5 Millionen Euro. seemoz hat bei den Fraktionen im Konstanzer Gemeinderat nachgefragt, wie sie dazu stehen. Kritische Einschätzungen gab es von LLK, FGL und JFK, die überwiegend für ein Umdenken plädierten und die Daseinsberechtigung des BoFos in Frage stellten.
Hier nun die Stellungnahme der Konstanzer FDP, die drei Sitze im Stadtparlament hat.
Die FDP war von Anfang an für dieses Kongresshaus, obwohl wir nicht glaubten, dass es sich nach ein, zwei Jahren selbst trägt. Wir halten dieses Haus für einen wesentlichen Bestandteil unserer Infrastruktur, denn der Tourismus ist eine wichtige Einnahmequelle für Konstanz.
Es gibt kein Kongresshaus in Deutschland, das ohne Zuschüsse auskommt. Trotzdem werden solche Veranstaltungshäuser von all den Städten finanziert, die die Chance sehen, in diesem umkämpften Markt bestehen zu können. Konstanz ist eine von Wissenschaft und Tourismus geprägte Stadt und hat deshalb sehr gute Chancen auf diesem Gebiet. Was häufig missverstanden wird: Dieses Haus wurde als Kongress- und Tagungsort konzipiert, nicht so sehr als Veranstaltungsort für kulturelle Events oder Festlichkeiten. Dafür haben wir das Konzil, was die Stadt vor kurzem für sehr viel Geld erneuert hat.
Wir wollen mit dem Bodenseeforum eine nachhaltige Form des Tourismus fördern. Kongressteilnehmer bleiben länger und bringen eindeutig mehr Geld in die Stadt als Einkaufstouristen, weil sie unterschiedliche Angebote der Stadt nutzen. Die Hotels, die Gastronomie, der Einzelhandel, die kulturellen Einrichtungen und viele andere Leistungsträger vom Taxifahrer bis zum Blumenhändler profitieren davon.
Die Besucher unserer Stadt machen es damit möglich, dass viele kleinere Läden bei uns überleben. Das macht die Innenstadt bunter und attraktiver als in anderen Städten. Je bunter und attraktiver die Stadt, desto lieber kommen die Leute her. Aber es soll halt nicht nur im Sommer so belebt sein, sondern auch außerhalb der Saison. Kongressteilnehmer kommen genau in dieser eigentlich touristisch uninteressanten Zeit. Kongresshäuser kosten also zwar Geld, aber die Kongressteilnehmer tragen mit ihren Ausgaben zum finanziellen Erfolg ganz vieler Branchen bei, was wiederum auch den Bürgern und letztlich auch der Stadtkasse zu Gute kommt.
Außerdem können wir so unser Profil als Stadt der Wissenschaft stärken. Die beiden Hochschulen sind inzwischen die größten Arbeitgeber der Stadt und auch sie nehmen die Dienste eines Kongresszentrums gerne an. Deswegen stehen wir nach wie vor zum Bodenseeforum.
Aus unserer Sicht muss allerdings ein Kongresszentrum nicht unbedingt von der Stadt selbst getragen werden. Es wäre auch die Zusammenarbeit mit einem großen Hotelbetreiber möglich, was wahrscheinlich die Kosten für die Stadt reduzieren würde, weil dieser zum Beispiel für das Catering seine eigene Küche einsetzen könnte. Damit wäre die jetzige Diskussion um einen Küchenanbau für das Bodensee-Forum, dem wir sehr kritisch gegenüber stehen, vom Tisch.
Text: H. Everke, Fraktionsvorsitzender der FDP im Konstanzer Gemeinderat
Bild: FDP Konstanz
Das Thema Umwegfinanzierung von Kultureinrichtungen wie Theatern und Konzerthallen sowie von Kongresszentren ist ein alter Hut. Wenn man es genau wissen will, kann man das näher untersuchen lassen.
Es gibt in vielen Städten solche Einrichtungen, und überall, wirklich überall zahlen die Städte den Abmangel. Vorschlag: Die Zahlen aus anderen Städten abfragen und mit den Konstanzer Zahlen vergleichen.
Für mich ist nicht die Tatsache des Abmangels an sich das Problem (oder es ist grundsätzlich überall ein Problem), sondern dass das BoFe nicht richtig funktioniert bzw. nicht funktionieren kann, weil es nicht als Event- und auch nicht als Kongresszentrum konzipiert wurde.
Sehr geehrter Herr Martin,
diese Frage habe ich mir auch gestellt. Im Rahmen der Haushaltsberatungen erhielt ich einen Anhalt: Im Jahr 2021 wurden in sog. Partnerhotels des Bodenseeforums etwas mehr als 3000 Übernachtungen unter Vermittlung des Bodenseeforums zu Kongresspreisen gebucht. 2021 wurden in der gesamten Stadt insgesamt über 700.000 Übernachtungen gebucht. Der Beitrag des Bodenseeforums also: 0,4 %. Die generierte Gewerbesteuer? Zu vernachlässigen.
Gruß
Simon Pschorr
Ich würde sehr gerne wissen, wieviel Prozent von den jährlichen 2,5 Mio. Euro Bofo-Förderung wieder über den Umweg der, glauben wir Herrn Everke, durch Kongresstourismus erhöhten Gewerbesteuereinnahmen, tatsächlich im Stadtsäckel landen.
Ich stelle eine durch nichts gedeckte Vermutung an: Weniger als 100%.
Meine Ansicht: Das Bofo kann niemals nennenswert Fachmessenpublikum anziehen. Die Anfahrtswege für externes Tagungspublikum ohne Anbindung an Konstanz sind schlicht zu lang. Fachkongresse mittlerer Größe kann die Universität selbst ausrichten, ohne die Bofo-Miete zahlen zu müssen.
Was soll Herr Everke auch anderes sagen, als das Bofo zu loben? Das Credo seiner Partei lautet, für die Partikularinteressen gut Betuchter die Allgemeinheit zahlen zu lassen.
Sollte nicht plötzlich der Rhein stromaufwärts fließen, sehe ich keine „Gefahr“, dass das Bofo für die Bürger:innen mehr werden wird als das steinerne Denkmal ratsherrlicher und oberbürgermeisterlicher Eitelkeit.
Was will man von einem FDP-ler auch anderes erwarten…
Dass Kongresszentren die dahinterstehende Kommune Geld kosten, ist in der Tat so. Und natürlich kann man via Umwegfinanzierung (Gäste lassen Geld in der Stadt liegen etc.) auch eine Gegenrechnung aufmachen. Dennoch scheinen mir die 2,5 Mio Euro ein sehr hoher wenn nicht zu hoher Preis für diesen Effekt zu sein. Andere Kongresszentren sind hier aus Sicht der Kommune eindeutig günstiger aufgestellt.
Die Frage ist, woran das liegt. Mein Eindruck: Das BoFo ist weder ein idealer Ort für (kulturelle) Events – so sieht es auch Herr Everke – , noch scheint er aber auch ein idealer Ort für Kongresse zu sein. Und das liegt wiederum daran, dass der Bau ursprünglich weder für das eine noch das andere konzipiert war. Im in der Tat hart umkämpften Markt – eine Tatsache, die übrigens dank der durch die Corona-Pandemie forcierten technischen Entwicklung hin zu Online-Treffen noch forciert wird – zählen am Ende alle Faktoren, von der Anfahrt über das Catering bis zu den Übernachtungsplätzen in unmittelbarer Nähe. Nur der schönen Lage wegen sucht kein Veranstalter den Ort aus.
Auf der anderen Seite hatte die Stadt in der Vergangenheit mehrere gute Möglichkeiten, ein Kultur- und Kongresszentrum zu errichten, das beiden Bedarfen gerecht werden bzw. auch dauerhaft gut funktionieren kann. Keine der Möglichkeiten wurde genutzt.