Fehlen nur noch Minibar und Whirlpool
Achtung: Das ist keine Werbung und nicht mal eine Annonce. Das ist eine im Internet frei zugängliche Information für Konstanzer StudentInnen auf Wohnungssuche. Und das ist ein Skandal angesichts der Wohnungsnot nicht nur für Studenten, sondern auch für junge Familien mit schmalem Geldbeutel und für Flüchtlinge ohnehin. Der Student, der uns auf den Fall aufmerksam machte, glossiert das so:
„1200 € für 58m². Tolle Wohnung für eine studentische Wohngemeinschaft. Ich muss sogar nur 45 € Aufpreis zahlen, um meine Limousine dort zu parken. Leider fehlt mir die eingebaute Minibar und der Whirlpool. Aber gut, man muss auch an die sozial Schwachen denken. Toll, dass in Konstanz so viel für Studierende mit kleinem Geldbeutel gemacht wird.“
Altersstammsitz für Pensionäre?
Das ist übrigens das Gebäude in der Chérisy Straße 2, das schon mehrfach in der Kritik stand: Zunächst gab es Proteste der Anrainer, die eine ungehörige Verdichtung ihres Areals vorhersagten – was jetzt auch eingetreten ist. Und die überdies davor warnten, dass hier Appartements nur für betuchte Studenten entstehen würden – was jetzt ja auch eingetreten ist. Die vor allem aber befürchten, dass nach Ablauf einer Schamfrist die Wohnungen als Altersstammsitz für Pensionäre verscherbelt werden sollen – was noch abzuwarten ist.
Schuften für Hungerlöhne?
Und das ist das Gebäude, auf dem zumeist ausländische Bauarbeiter für Elendslöhne schufteten, die ihnen kriminelle Unternehmer dann oft wochenlang nicht auszahlten. Vor dem Arbeitsgericht in Radolfzell sind dazu noch zwei Verfahren anhängig – der nächste Verhandlungstermin ist am 7. Oktober um 14 Uhr. Dieser Skandal hatte übrigens auch zur Folge, dass das Richtfest von zahlreichen Honoratioren boykottiert wurde – der Uni-Rektor und Vertreter des Studentenwerks seezeit allerdings machten folgsam ihre Diener.
Verantwortung – Fehlanzeige
Dass sowohl die Stadt als auch die Universität und das Studentenwerk keine Konsequenzen aus diesen Umtrieben ziehen wollen, die bei der Vergabe eigentlich öffentlicher Aufgaben an Private gang und gäbe sind, ist ein zusätzlicher Skandal. In einer der letzten Sitzungen des Gemeinderates von Stadträten der Linken Liste Konstanz darauf angesprochen, wies die Verwaltung jede Verantwortung zumindest für die Kontrolle solch miserabler Arbeitsbedingungen weit von sich.
MR/hpk
Wucherpreise in der Chérisy, wie vom gleichnamigen Bürgerprojekt vorhergesagt. Immer, wenn man denkt, dreister, gieriger und schamloser geht’s nicht mehr, wird man eines Besseren belehrt. Ich erinnere mich noch gut, wie Roland Jerusalem, ehemaliger Leiter des Konstanzer Amts für Stadtplanung und Umwelt, anno 2011 im Kula-Saal das Projekt anpries und alle Einwände (zu massiv, zu teuer, Verlust der Grünflächen, Verkehrsprobleme, später Seniorenresidenz für Gutbetuchte?) wortreich vom Tisch wischte. Die Linke Liste hat das umstrittene Projekt von Anfang an kritisch begleitet und bei der entscheidenden Abstimmung dagegen gestimmt.
Auf der diesjährigen Mai-Gemeinderatssitzung wurden meine Fragen: „Was will die Stadtverwaltung unternehmen, um die Lohnbetrug-Vorwürfe aufzuklären? Welche Konsequenzen zieht die Stadtverwaltung aus den skandalösen Vorgängen für die Zukunft? Können ähnliche Zustände für die städtischen (Groß-)Baustellen, zum Beispiel am Klinikum, sicher ausgeschlossen werden?“ nur schmallippig beantwortet. Das beträfe die Stadtverwaltung nicht, das sei allein Sache des Zolls. Und: auf den städtischen Baustellen ginge alles mit „rechten Dingen“ zu, Mindestlohn inclusive, hieß es.
Die Botschaft hör’ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube …