Felchenfarm soll im Gemeinderat diskutiert werden
Pläne, vor Wallhausen zwölf Fischzuchtgehege anzulegen, werden konkret. Unklar sind dagegen die Umweltauswirkungen dieser sogenannten Aquakultur. Die SPD-Fraktion im Konstanzer Gemeinderat hat deshalb eine Beratung des Themas beantragt: Sie fordert konkrete Informationen über den Stand der Planungen der Felchenfarm vor dem Teufelstisch und will über die Umweltauswirkungen informiert werden.
Die SPD-Fraktion im Gemeinderat stellt den Antrag, das Thema „Aquakulturen im Überlinger See“ im Gemeinderat zu behandeln. Denn die Ankündigung der Vorsitzenden des Berufsfischerverbands, Elke Dilger, beim Teufelstisch in der Nähe von Wallhausen und vor Dingelsdorf werde eine groß angelegte Aquakultur geplant, sorgte für Aufsehen.
Schon seit einiger Zeit wird die Möglichkeit von Aquakulturen für die Felchen-Zucht diskutiert. Überraschend war dagegen die Information, dass – offensichtlich mit Billigung des Ministeriums für den Ländlichen Raum – seit Mai 2017 zwei Standorte auf der Konstanzer Seite des Überlinger Sees konkret für die Aquakultur vorgesehen seien. Erstaunlich, denn das Ministerium ließ in einer zeitgleich veröffentlichten Antwort auf einen Antrag des SPD-Landtagsabgeordneten Reinhold Gall nichts von konkreten Anträgen wissen. Jetzt aber sollen unweit des Konstanzer Seeufers zwischen Wallhausen und der Insel Mainau zwei große Anlagen mit insgesamt 12 Gehegen geplant sein
Ob Aquakulturen mit der Funktion des Bodensees als Trinkwasserspeicher vereinbar sind, ist umstritten. Die Internationale Bodensee Gewässerschutz Kommission betonte noch im Mai letzten Jahres ihre kritisch-ablehnende Haltung gegenüber einem solchen Vorhaben und verwies auf erheblichen Klärungsbedarf bei Fragen der Seeökologie und des Trinkwasserschutzes.
Das Ökosystem Bodensee ist hoch sensibel, nicht nur, was seine Funktion als Trinkwasserspeicher betrifft. Daher ist die Stadt Konstanz unmittelbar von solchen Projekten betroffen, die Auswirkungen auf die Wasserqualität des Sees haben könnten. Eine frühzeitige Information des Gemeinderats und der Bürger über Pläne und aktuelle Verfahrensstände scheint daher dringend erforderlich.
Zur Vorbereitung der Beratung bittet die SPD-Fraktion um folgende Informationen:
1. Über welche Informationen verfügt die Stadt Konstanz zum geplanten Projekt von Aquakulturen vor dem Konstanzer Seeufer und den dabei anvisierten Standorten?
2. Welche Auswirkungen könnte ein solches Projekt auf die Trinkwassergewinnung der Stadtwerke Konstanz haben?
3. Nach welchen rechtlichen Grundlagen ist über eine Aquakultur im Bereich des Konstanzer Seeufers zu entscheiden?
4. Welche Mitwirkungsmöglichkeiten hat die Stadt Konstanz in diesem Verfahren und wie hat sie bislang davon Gebrauch gemacht?
MM/hpk
Es scheint die Politiker glauben tatsächlich, was ihnen phantasielose Tourismuswerber und Wirtschaftsunternehmen auftischen. Danach wären Bodenseefelchen, der einzige Fisch den man natürlich „fangfrisch“ rund um den See bis ins tiefe Hinterland genießen könnte. Ein Volksfisch für alle und sprudelnde Einnahmen für die Landes- und Gemeindekassen? Der Seeblick ist heute schon ein mit allem technischen Können konstruiertes Puzzle aus Bildausschnitten, die in zahllosen Gastgeberbroschüren und Internetseiten eine Welt zeigt, die es schlicht nicht mehr gibt, lässt man die Bergsicht außen vor. Man kann sich die Idylle mit einem Glas Wein schön trinken. Sonne, Wasser, Kultur, Natur und vieles mehr werden versprochen, auch wenn Natur heute auf der Mainau, für einen Eintrittspreis von 42 Euro gekauft werden muss. Da wollen nun einige unter falschem Etikett segeln und Zuchtfisch unter das Volk bringen, der heute schon in einer Menge von 600 Tonnen importiert wird. Fischzucht wäre auch an Land möglich, im Andelshofer Weiher oder anderen Gewässern im Hinterland. Die ehrlichen Fischer könnten den echten, natürlichen Fisch auf den Tisch bringen. Zu einem gerechten Preis, der durch den Mehraufwand gerechtfertigt ist. Ich meine Fischzucht in Netzgehegen führt bei den Touristen automatisch zu dem Gedanken, Industriegewässer Bodensee und erinnert an Haltungsbedingungen die wir aus der Massentierzucht kennen. Mit viel Qual für die Fische, Antibiotikagaben und Impfstoff. Wenn dann ausländische Hedgefonds neue Anlagemöglichkeiten entdecken – man könnte Felchen auch als regionale Spezialität in größtem Umfang exportieren, oder über die am Ufer aus dem Boden schießenden Kioske vertreiben. Dann beginnt eine Realität, die sich niemand wünschen kann. Mit dem Felchen to go für den Massentourismus, geht eine Epoche zuende und es ist vorbei mit den wenigen tatsächlich noch vorkommenden idyllischen Restplätzen am See, die dann eingezäunt als Industrieanlage den freien Zugang zum See verhindern.
Bereits im März 2017 hat sich auf Initiative des BUND, des Landesfischereiverbands sowie der Berufsfischerverbände ein breites, internationales Bündnis rund um den See aus 32 Fischerei- und Umweltverbänden, aber auch Segler- und Taucherverbänden gegen die Felchenmast in Netzgehegen ausgesprochen. Den offenen Brief an Landwirtschaftsminister Hauck finden Sie hier: http://www.bund-konstanz.de/fileadmin/rv_konstanz/inhalte/Downloads_pdf/End_Offener_Brief_Aquakultur_an_Minister_Hauk.pdf
Trotz der internationalen Ablehnung sowie auch der offiziellen Ablehnung durch die IBK, die Bodenseetrinkwasserversorgung, und andere Wasserversorger, durch die Kreistage im Kreis Konstanz sowie im Bodenseekreis und verschiedener Bodenseegemeinden wird das Projekt von der Genossenschaft „RegioBodenseefisch“ weiter voran getrieben. Auch das Landwirtschaftsministerium (MLR) zeigte sich gänzlich unbeeindruckt und finanzierte weitere Forschungen und Bildungsreisen zu dem Thema Felchenmast in Netzkäfigen, mit dem Hinweis auf eine Vereinbarung im Koalitionsvertrag. Dort steht jedoch nicht Aquakultur im Bodensee, sondern am Bodensee. Die Landtagsfraktion der Grünen hat daher in ihrem Positionspapier eine Aquakultur in Netzgehegen ausgeschlossen. Auch Politiker anderer Parteien (CDU, FDP, SPD und Linke) unterstützen ein Verbot von Netzkäfigen. Der Vorstoß der SPD im Konstanzer Gemeinderat ist absolut begrüßenswert, denn schließlich sind die Standorte direkt vor Wallhausen und Dingelsdorf geplant.
Trotzdem wird nicht alles so heiß gegessen wie es gekocht wird. Tatsächlich schließt die momentane Rechtslage durch die Bodenseerichtlinie Netzgehege aus. Deshalb muss alles dafür getan werden, dass diese nicht geändert wird. Bestrebungen dazu gibt es jedoch auch aus anderen Bodenseeanrainerstaaten. Würde die Bodenseerichtlinie erst einmal geändert, könnten Norwegische Industriezuchtbetriebe überall Anträge einreichen. Darum wehret den Anfängen.
Außerdem muss eine dauerhafte, wirtschaftliche Grundlage für die traditionelle Berufsfischerei sichergestellt werden, z.B. durch Aufpreisvermarktung, Eintragen des Blaufelchens als Regionales Produkt, Marketing, Tourismus und direkte Unterstützung der Fischereibetriebe. Auch eine Aquakultur an Land ist denk- und machbar.
Es wäre gut für alle Beteiligten, wenn die Genossenschaft „RegioBodenseefisch“ sich auf eine mögliche Produktion in Rundstrombecken an Land konzentrieren würde. Nur so könnten Beeinträchtigungen der Wasserqualität ausgeschlossen werden. Tatsächlich machen andere Investoren es Ihnen vor (https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.forschungsprojekt-bodenseefelchen-aus-dem-schwarzwald.b0e5536a-d36a-4121-aac0-44235933f217.html). Selbst die vom MLR in Auftrag gegebene Studie der Fischereiforschungsstelle hat ergeben, dass eine Felchenzucht an Land nur unwesentlich teurer wäre (10-20%). So viel Wert sollte uns ein biologisch erzeugtes Lebensmittel ohne Umweltbeeinträchtigungen sein. Schließlich ist der Bodensee Trinkwasserspeicher für über 5 Mio Menschen. Dies sollte absoluten Vorrang haben vor den Partikularinteressen von 15 Genossenschaftlern.